Mythen über Intergeschlechtliche Menschen gibt es in der Menschheitsgeschichte immer wieder und überall auf dem Globus, genauso wie Götterfiguren, die ein Geschlecht haben, dass weder weiblich noch männlich ist. Wirft man einen kurzen Blick in die Ethnologie, so fallen zum Beispiel die Navajo auf. Intersex Menschen sind Bestandteil dieser Kultur. Sie gelten als die Erfinder von Löffel, Eimer, Mahlsteinen und der Haarbürste. Doch entwickelten sie sich später zu den verbündeten des Todes. Das klingt jetzt sehr negativ und das Problem ist an der Stelle, dass die Kultur dieser Native American Gruppierung von westlichen Missionaren beeinflusst wurde und dieser negative klang möglicherweise erst dadurch entstanden ist. Tatsächlich scheint es innerhalb der Wahrnehmung der Menschen, die ein drittes Geschlecht leben, bei den
Navajo sehr viel Anerkennung zu geben. Dabei ist nicht ganz fest definiert, ob dieses Dritte Geschlecht zwangsläufig immer durch Intersexualität gekennzeichnet wurde, möglich ist auch, dass es sich um Menschen mit einer Transidentität handelt. Bei den Navajo erlernen Inter- und Transmenschen die Handwerkstechniken beider Rollenbilder, die Bewunderung, die sie aufgrund dieser Qualifikation bekommen ist eindeutig. Hinzu kommt: In dem Ursprünglichen glauben der Navajo war der erste Mensch, den es gab Intergeschlechtlich. Der Erfinder der Töpferei war wiederum ein Mann mit einer Transidentität. So eine Religion ist eine gute Basis für eine positive Wahrnehmung von Menschen zwischen den Geschlechtergrenzen. Aber: In der Archäologie sind die Lebensweisen von intergeschlechtlichen Menschen schwerer zu betrachten, als bei einer Kultur, die es bis heute noch gibt. Dennoch kann man sich zum Beispiel einmal den Gott Hermaphrodit näher ansehen:
Die frühesten Aufzeichnungen über Hermaphrodit stammt aus der Zeit um 385 v. Chr. Doch sie basieren auf älteren Geschichten. Es handelt sich um den Sohn von Hermes und Aphrodite, von daher ist Hermaphrodit selber ein Gott. Und dieser war eine schillernde Erscheinung, welche auch immer wieder sehr erotisch dargestellt wurde. Die Hauptphase der Verehrung erfuhr Hermaphrodit in der Zeit zwischen dem 4. und dem 2. Jahrhundert v. Chr. Er ist dabei nicht dargestellt wie eine skurrile Jahrmarkt-Attraktion, vielmehr sind die Darstellungen vergleichbar mit beispielsweise denen von Dionysios. Bei der Bildsprache der orientierten sich die Künstler der Antike an Aphrodite- und an Jünglings- Darstellungen. Der Gott geriet nach der Antike in Vergessenheit und in der Renaissance wurde diese Figur dann wieder entdeckt. So wurde Hermaphrodit Vorbild für zahlreiche Geschichten, die sich wiederum ein Vorbild an der Antike nahmen, aber aus der Neuzeit stammen. Die Sichtweise auf diese Figur mit einem dritten Geschlecht ändert sich allerdings im 19. Jahrhundert nochmals. Das Verständnis schwand für Menschen, die nicht den beiden klassischen Geschlechtern zugeordnet werden können. In diesem Zeitraum wurden auch Skulpturen des Gottes Hermaphrodit vielfach beschädigt. Häufig wurden die männlichen Genitalien abgeschlagen, und die Skulpturen zu Nymphen umgedeutet.
Das ist ein Hinweis darauf, dass die Wahrnehmung von Hermaphrodit, immer wieder an die Wahrnehmung von intergeschlechtlichen Menschen generell gekoppelt war. In antiken Texten, wie zum Beispiel bei Plinius steht geschrieben, dass diese Wahrnehmung nicht die eines dritten, sondern die eines doppelten Geschlechts war. Intersexuelle Menschen wurden also nicht als eine weitere Kategorie der Geschlechter gesehen, sondern als Überschneidung von beiden. Plinius schreibt weiter, dass das Wort androgyn ein altes Wort für Intersexualität sei und das man damals davon ausging, intersexuelle Menschen seien Wunder. In seiner Zeit aber, würden Intersexuelle als Hermaphroditen bezeichnet werden und sie währen Objekte des Vergnügens (Und da genau diese Objektmachung, in dem Wort Hermaphrodit steckt, spricht man heute lieber von intergeschlechtlichen oder intersexuellen Menschen, die Bezeichnung “sex” kommt dabei von dem englischen Wort für das biologische Geschlecht). Die Entwicklung der juristischen Einordnung intergeschlechtlicher Menschen in der Antike ist wechselhaft. So gab es eine Zeit in der sie in unterschiedliche Unterstufen von Männlichkeit eingestuft wurden, im Rom des 1. Jahrhundert gab es wiederum eine Zeit in der intersexuelle Babys direkt nach der Geburt ertränkt wurden. Und das, obwohl Darstellungen des Gottes Hermaphrodit auch bei den Römern als besonders ästhetisch galten. Auffällig bei dieser Einordnung ist, dass der Gott Hermaphrodit immer wieder mit einem erigierten Glied gezeigt wird. Das war in der römischen Gesellschaft ein Symbol der Dominanz, welche in diesem Sinne auch direkt an die Geschlechterrolle gebunden war. Diese definierte Männlichkeit darüber, wer beim Geschlechtsverkehr den aktiven Part einnahm und das galt für Paare sämtlicher biologischer Geschlechterkombinationen.
Hermaphrodit war dabei nicht der einzige griechische Gott, der jenseits der Geschlechtergrenzen lebte. Beispielsweise wurde auf Zypern eine Aphrodite verehrt, welche einen Bart trug. Bei solchen Figuren, wie auch bei Hermaphrodit selbst handelt es sich allerdings um Idealbilder der Zwischengeschlechtlichkeit. Das heißt, Menschen die Intersexuell sind können eine ganz andere Art der Ausprägung von Geschlechtsmerkmalen haben. Aber sie werden so geboren, die Geschichte des Gottes ist ein ganz andere:
Im Alter von 15 Jahren wurde Hermaphrodit mit der Nymphe Salmacis verschmolzen. Gegen seinen Willen. Die Nymphe war zuvor aufdringlich in ihn verliebt und er fühlte sich davon belästigt. So ließ sie einen Zauber machen, der sie ewig an ihn bindet und die Körper der Beiden wurden verschmolzen. Er verlor dabei sein Geschlecht und sie ihre gesamte Identität. Durch das Verbinden des weiblichen und männlichen Geschlechts wurde ein Wesen erzeugt, dass als ein Symbol für real existierende Intergeschlechtliche Menschen galt. Aber diese Figur hatte noch mehr Bedeutungen. Beispielsweise die Gleichstellung von Sexualitäten, oder auch ein Symbol der Liebe selbst, die sich durch die Vereinigung zwei Wesen zeigt. Bei diesen Interpretationen darf man allerdings nicht vergessen, dass das römische Verständnis von Sexualität und liebe ein ganz anderes war, als wir es kennen. Eine Vorstellung, welche beispielsweise die Ehe mit Romantik verknüpft, gab es so nicht. Platon erhob Hermaphrodit zudem zu etwas Machtvollem. Durch die Anwesenheit beider Geschlechter in einem Körper entstand nach seiner Wahrnehmung ein sehr mächtiges Wesen, dass sowohl die Fähigkeiten einer Frau, als auch die eines Mannes aufwies.
Literatur:
Stefanie Oehmke: Das Weib im Manne Hermaphroditos in der griechisch-römischen Antike. In: Winckelmann-Institut der Humboldt-Universität zu Berlin 4, 2004.
Gladys A. Reichard: Navaho Religion – A study of symbolism. In: Bollington Series XVIII, 1974.
http://www.am-toerichten-bach.de/blog/files/f3c50a80b9a42826de958be544d635c4-1.html
Der Gott Hermaphroditos – schriftliche und bildliche Quellen