Ein Ort quer durch die Zeiten, eine Welt, bunt, mit Aussteigern, und Vielfalt, mit Funden aus der Steinzeit. Mit Römern. Ein Ort mit einem Strand, und klettern kann man da auch – das alles am Mittelmeer. Wow! Das klang für mich zu verlockend:
Der Ort Matala auf Kreta!
Und: Es gibt hier einen wunderschönen Strand, einer der saubersten Meeresabschnitte auf der gesamten Insel. Und an diesem malerischen Strand gibt es ein Steinmassiv, in das in der Steinzeit Höhlen zum Wohnen gegraben wurden. Das Ganze in einen weichen Sandstein, der gut zu bearbeiten ist. Und man kann hier einfach hochklettern, und ist dort oben in relativer Sicherheit. Der Anblick dieser ehemaligen Wohnhöhlen, ist vom Strand aus gesehen einfach nur malerisch, und andersherum ist es eine ebenso schöne Augenweide.

Ein Blick auf die Höhlen am Strand von Matala (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Diese Höhlen haben sich später die Römer genommen, zu Grabstätten umgebaut. Kollektivgrüfte für ganze Gruppen von Menschen wurden nun aus diesem malerischen Ort. Und in den 60er Jahren, ist dieser Fundplatz dann, zum dritten Mal zu einem Fundplatz geworden, dieses Mal neu genutzt und gestaltet von einer ganz anderen Kultur: Es kamen Hippys, die aus der Nekropole eine Kommune machten. Janis Joplin und Bob Dylan sollen hier übernachtet haben, um nur einige Namen zu nennen.
Wie kommt man nach Matala?
Am besten mit dem Auto. Es gibt hier Hotels, einen Campingplatz und echt viele Touristenstrände. Matala hat sein Image als Hippyort ausgebaut. Hier sind Blumen hingemalt, da steht ein bunter Baum und dort gibt es einen Stand mit bunten Tüchern. Und mitten zwischen der ganzen aufgesetzten Hippyfolklore habe ich auch tatsächlich zwei echte Hippys gesehen.

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Sie hielten sich bedeckt, versteckt. Vielleicht waren sie genauso Touristen wie ich, die sich hier auf den Spuren alter Protestkultur bewegten und das Herz des Kommerzes entdeckten. Vielleicht wahren es auch die letzten beiden Angehörigen einer vergangenen Zeit, welche durch schlechtes touristisches Reenactment auf seltsam poppige Art am Leben gehalten wird. Das von Joni Mitchell besungene Marmaid Café ist jedenfalls heute kein Ort der Hippys mehr, sondern ein Ort für Nostalgietouristen. Und wenn an genau hinsieht – Ort für Männer, die weiße Socken in Sandalen tragen.
Was gibt es in Matala zu entdecken?
Strand. Vor allem der Stand ist mir in Erinnerung geblieben. Er ist nicht nur wunderschön als Fotokulisse, man kann hier auch toll schwimmen gehen. Und man sieht im Hintergrund immer das Steinmassiv mit den Höhlen. Und natürlich sind die, die größte Sehenswürdigkeit der Stadt. Sie sind nicht nur unübersehbar – sie sind wirklich wunderschön.

So sehen die Höhleneingänge von nahen aus (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Von weitem zu sehen ist dieser Fundort. Das Areal ist heute eingezäunt, und das Betreten kostet 3 Euro. Und das ist auch gut so. Es handelt sich um eine Nekropole, also um Grabstätten – auch wenn die Knochen lang verschwunden sind. Spätestens die Hippys mussten sie beiseite räumen, um in den Gräbern zu schlafen. Es ist immer noch ein archäologischer Fundplatz, und seine gesamte Geschichte muss geschützt und gepflegt werden.
Ein einfacher Aufstieg
Tatsächlich sind die 3 € auch wirklich ein Schnäppchen, denn man kann dafür einen wirklich abenteuerlichen Fundplatz erkunden. Ich empfehle dennoch auf Flipflops o.ä. zu verzichten, denn es ist teilweise schon etwas gefährlicher sich in den Höhlen zu bewegen. Man kann weithin in die alten Grabkammern hineingehen.

Ein Blick in eine Bestattungshöhle (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Es handelt sich um Grüfte, die in die Wände geschlagen wurden, es ist noch zu erkennen, wo die Toten platziert wurden und wo dann später die Hippys ihre Betten draus gemacht haben. Immer wieder sind römische Spuren verschwunden, anstelle dessen die Spuren der Hippie-Zeit.

Überall sind Graffitis, bis hin zu besseren Malereien. Hier hat sich irgendwer Buddhas dazu gemalt (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Und ich kann es ja verstehen, man hat es sich eingerichtet, schön gemacht. Ich selbst würde gerne so leben. Aber in Gräbern anderer Leute? Das ist pietätlos und hat wiederum nichts mit meinen Vorstellungen zu tun. Man zerstört so einen archäologischen Fundplatz. Und deswegen ist dieser heute auch Gott sei Dank eingezäunt.
Was hat denn Miss Jones auf einmal gegen Hippys?
Garnichts. Einige meiner besten Freunde sind welche. Und als ich in einer der oberen Höhlen war, habe ich selbst meinen MP3-Player herausgeholt und etwas der Musik, die hier entstanden ist, gehört.
Ich habe das richtig genossen – denn manchmal versteht man Musik besser, wenn man an dem dazugehörigen Ort war. Und als ich Joni Mitchell gehört habe, war genau das meine Aussicht:

Es ist schon ein eindrucksvoller Ort zum drin herumklettern (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Ich habe mir in dieser Situation vorgestellt, wie hier eine riesige Horde Aussteiger lebte und ich wäre ehrlich gerne dabei gewesen. Wer meine Texte länger liest, weiß, dass ich mich unter Freaks und Originalen am wohlsten fühle. Aber ich würde keinen Fundplatz zerstören wollen, nur für mein eigenes Glück. Das ist egoistisch und hat für mich nichts mit dem zu tun, was ich mit dieser Lebensart verbinde. Und wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich das auch gesagt – und ich bin sicher, wir hätten eine andere Lösung gefunden.

Das Wort Freedom steht noch über dem Grab (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Klar, es gab durch diese Geschichte eine Nachnutzung eines Fundplatzes der 60er, die mittlerweile selbst schon archäologisch beobachtet werden kann und auch das ist spannend. Und gerade wenn man Archäologie der Moderne, oder archäologische Gegenwartsforschung macht – so wie ich – müsste das eigentlich der Ort sein. Aber ich glaube, ich war ab einem gewissen Punkt generell von Matala frustriert:
Dieser verdamme Nepp
Weder eine Steinzeitsiedlung, noch eine römische Grabanlage, noch eine Hippiekommune, noch einen schönen Badestrand habe ich hier in der Hauptsache in Erinnerung, sondern Kommerz.

Auf der anderen Seite der Bucht ist der Ort mit seinem Hippienepp (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
An jeder Ecke Flower-Power in jeder Form, überall Touristen, die sich mit „Hippiekultur“ schmücken, ohne sich damit zu beschäftigen. Ohne zu wissen, was es bedeutet. Warum Leute Aussteiger waren und versucht haben, in alternativer Art und Weise zu leben. Also anders gesagt: warum Leute eben genau außerhalb von Kommerzkultur leben wollten und auch wollen. Was ist denn der Gedanke hinter dieser Protestkultur gewesen – das krasse Gegenteil von dem, was man heute dort findet. Denn genau das Hippyimage hat Matala zur Kommerzkultur gemacht, und zwar überall.

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Der Ort hat sich durch den Tourismus in einen teuren Erinnerungspark an die Hippie-Zeit entwickelt, wo man auch schwimmen gehen kann. Matala ist so eine schlechte Kopie von seinem eigenen Image geworden. Es ist nicht mehr authentisch, es ist einfach nur schade.
Hier kannst du Miss Jones ein kleines Trinkgeld zukommen lassen
Und weil es mir dieses Mal leichter fällt zu zeigen, was ich meine, habe ich hier eine Bildergalerie mit meinen ambivalenten Eindrücken von Matala: