Guldgubber – Die goldenen Götter Skandinaviens

Sie tanzen und trinken. Sie tragen rituelle Zepter oder Lanzen. Sie machen die Welt der nordischen Götter lebendig. Die Guldgubber aus der Zeit zwischen 500 und 700 n. Chr. Kleine papierdünne Bilder aus Gold zeigen die Vorstellung der Götterwelt auf Bornholm, Helgö, Öland oder Jütland. Die Guldgubber sind heute fast vergessene Zeugen der wahren Vorstellungen über die nordischen Götter.

Was sind Guldgubber?

Es sind seltsame Funde. Kleine Blättchen aus Gold, teils Rechtecke oder Quadrate – meist zwischen 0,7 und 2 cm lang und 0,3 bis 1,0 cm breit. In seltenen Fällen sind sie auch mal bis zu 4 cm lang. Sie bestehen aus papierdünnem Goldblech, das in Form gedrückt wurde, sodass sich Abbildungen auf den Goldfetzen finden. Bei einer

verschiedene Goldblechfiguren im Vergleich

Goldgubber einige Beispiele (Bild: Martin Stoltze [CC BY-SA 3.0]).

Ausgrabung kam sogar eine Patrize zutage, mit denen die Goldbleche, die manchmal auch einen Kupferanteil haben, in Form gedrückt wurden. Quasi wie ein Stempel. Das heißt: Die Musterungen gibt es mehrfach, denn man kann eine solche Patrize ja immer wieder verwenden. Und doch sind die Figuren individuell, unterschiedlich auf diesen Götterbildern. Teilweise haben sie unterschiedlichste Details durch die Nachbearbeitung bekommen, so kann man manchmal den Schmuck, den die gezeigten Götter tragen erkennen. Teils war die Prägequalität verschieden – und in manchen Fällen sind die Gubber auch etwas dicker, das trifft aber auf weniger als 5 % der Funde zu. In noch selteneren Fällen gibt es die kleinen Götter auch aus Silber. Man hält sie für Götterdarstellungen. Der Name Guldgubbar (oder auch Goldgubber bzw. Guldgubber) heißt so viel wie Goldmännchen. N.H. Sjyborg hat diesen Namen gefunden, nachdem er 1791 der erste war, der diese seltsamen Goldblechwesen im Kirchspiel Ravlunda gefunden hat.

Aus welcher Zeit stammen die Guldgubber?

Diese Funde wurden zumeist über den Fundkontext datiert. Das heißt, man schaut sich an, mit welchen anderen Gegenständen sie vergesellschaftet waren – also gemeinsam gefunden wurden, die man einfacher Datieren kann als ein Goldblech. Die allermeisten dieser beiliegenden Funde stammen aus der Zeit zwischen 500 und 700 n. Chr. Das ist auf den skandinavischen Inseln die Zeit der Vendelkultur – also die Kultur, die in der Zeit direkt vor den Wikingern hier lebte – Das ist gleichzeitig zu der Zeit der Merowinger in Mitteleuropa. Man findet die Gubber nicht nur gemeinsam mit zu dieser Zeit

Ein weiteres Beispiel für einen Gubber. Gut zu sehen ist, wie dünn das Goldblech ist ([CC BY-SA]).

typischen Objekten. Die kleinen Wesen auf den Abbildungen halten auch typische Objekte dieser Zeit, wie z.B. Sturzbecher, in der Hand. Das unterstreicht diese Datierung. Natürlich ist es wie immer und überall: Ausnahmen bestätigen die Regel. In Ludeborg z. B. kann man sehen, dass es die Gubber schon gegen 300 n. Chr. gibt und dass sie erst 800 n. Chr. verschwinden – das ist auffällig, weil die Gubber überall sonst mit dem Beginn der Wikingerzeit verschwinden – selbst wenn die Orte, wo sie vorher genutzt wurden weiter bestehen.

Aber was genau ist eigentlich auf den Guldgubbern abgebildet

Die Goldmännchen sind nicht zwangsläufig „Männchen“. Es gibt hier auch Tierdarstellungen, wenngleich selten. Die meisten Gubber zeigen aber menschliche Figuren. Es gibt dabei einige typische Motive, die immer wieder vorkommen. Am häufigsten: Der Mann mit dem Langzepter. Es gibt aber auch häufig: Stehende Männer mit Trinkbechern und Schwertern, die Frau mit der Haarschleife, die Frau mit dem Pelzmantel (oder Vogelfederkleid – das ist unklar) und selten auch mit Trinkbecher, tanzende Personen, Personen, die eine Handgeste machen, die vielleicht eine Bedeutung hatte, das tanzende Paar oder sich umarmende Paar, Menschen, die auf Zehenspitzen stehen. Fast alle Figuren haben einen Rand, der um sie herum gelegt ist

Kleiner als 1 cm, die Gubber aus Lundeborg (Bild: Larsen CC BY-SA 2.5).

– und sie unterscheiden sich optisch so sehr voneinander, dass sie vmtl. von verschiedenen Personen angefertigt wurden. Besonders sympathisch macht sie, dass nordische Götter in unserer Popkultur oft sehr heroisch dargestellt werden. Doch diese Gubber, sie sind irgendwie lebensnah und haben etwas Knuffiges. Deswegen ist es ein spannender Blick auf die Vorstellungswelt dieser Zeit.

Und was bedeuten diese Abbildungen?

Das kann man natürlich nur interpretieren. Aber es wird immer wieder davon ausgegangen, dass es sich um Götterbilder handelt. Der Mann mit dem Langzepter gilt dabei z.B. immer wieder als Odin. Denn es scheint sich hier eine Vorstellung von Odin, mit der Vorstellung von Jupiter vermischt zu haben. Adam von Bremen berichtet davon, dass in Uppsala Odin, Thor und Freya verehrt wurden. Deswegen werden die anderen Götterbilder aus Gold auch in diese Richtung interpretiert. Das Paar, das man immer

Ein Beispiel für das tanzende Paar. Gefunden in Aska/Hagebyhöga in Schweden. 700 n. Chr. (Bild: Falkevik/ Public Domain).

wieder findet, kann man als Liebespaar sehen. Es gibt aber auch die Idee, es sei das Göttergeschwisterpaar Freyr und Freyja. Damit wäre das tanzende Paar ein Fruchtbarkeitssymbol. Auf Helgö war dieses Symbol sehr beliebt, hier zeigen alle gefundenen Guldgubber das Liebespaar. Interessant ist, dass die Figuren meist mit Geschlechtsattributen gezeigt werden. Man also klar erkennen kann, welches Geschlecht die gezeigte Person hat – aber genauere Untersuchungen dazu zeigen, dass diese Kategorisierung nur funktioniert, wenn man von der Existenz von 4 Geschlechtern ausgeht. Denn es gibt z.B. auch Guldgubber, die eine Personen mit Vollbart in Frauenkleidung zeigen.

In welchem Zusammenhang sind Guldgubber bekannt?

Nicht bei allen Fundplätzen kann man die Zusammenhänge genau aufzeigen. Beim größten Fundplatz, Sorte Muld z.B., wurden 2.300 Gubber auf einem Acker gefunden. Und dieser Acker war so stark durchpflügt, dass die Zusammenhänge auseinandergerissen waren. Aber weil man hier auch Waffen gefunden hat, geht man von einem wichtigen Ort – vielleicht einem Kultplatz bei der in der Umgebung gefunden Siedlung – aus. An anderen Orten kann man zeigen: Die goldenen Götter wurden in der

Guldgubber aus Bornholm. Hier ist die Haarschleife besonders gut zu erkennen (Bild: Larsen CC BY-SA 2.5).

Ortsmitte gefunden oder auch im größten Haus des Ortes. Also da, wo vmtl. das kulturelle Zentrum war. Dann gibt es besondere Funde von Guldgubbern in Brunnen, Gräbern, im Pfostenloch eines Hauses, oder deponiert im Moor. Die geprägten Goldfetzen wurden also gezielt niedergelegt. Dafür wurden sie auch manchmal sorgfältig gefaltet. Deswegen sind die goldenen Götter heute zumeist verknittert. Klar ist also: Sie hatten eine besondere Bedeutung.

Welche Funktion hatten Guldgubber?

Dass man diese Goldblättchen auf die Kleidung aufgenäht hat, ist eher unwahrscheinlich, weil so dünnes Gold schnell beschädigt wird. Aber es gibt zwei Gubber, bei denen sich Einstiche von Nadeln finden, die dennoch darauf hinweisen. Auch als Kettenanhänger sind diese Figuren untauglich, aber es gibt wiederum zwei Funde, die eine verstärkte Rückenplatte haben und vmtl. doch als Kettenanhänger dienten. Es gab also auch Personen, die diese geprägten Goldfolien nicht einfach nur geopfert haben – tatsächlich deuten Abnutzungsspuren darauf hin, dass man die Gubber auch getragen hat. Aber man kann davon ausgehen, dass es tatsächlich Götterdarstellungen sind. Vielleicht eine Art göttliche Währung, denn manchmal sind die Gubber mit Zahlungsgold vergesellschaftet. Vielleicht steht aber auch die Aussage der dargestellten Götter im Vordergrund. Möglich ist, dass diese Technik durch einen

Guldgubber aus Sorte Muld. Man sieht wie ähnlich und doch verschieden sie sind (Bild: Larsen CC BY-SA 2.5).

überregionalen Kontakt mit den bereits christianisierten Süden entstanden ist. Denn hier gibt es Goldbrakteaten. Das sind Goldkreuze, die ganz ähnlich hergestellt wurden. Dass es weite, überregionalen Kontakte gab, ist lange belegt. Ob sich die Menschen der Vendelkultur eine religiöse Praxis angeeignet haben, um sie in ihrer eigenen Religion zu verwenden, ist dennoch Interpretation. Aber, die Interpretation des Götterpaares als Fruchtbarkeitsymbol scheint zumindest einen Sinn zu ergeben. Auch die Objekte, wie die Trinkhornartigen Becher, die oft als Symbol für Freyrs Hochzeit gedeutet werden, passen dazu. Aber es ist wie so oft in der Archäologie: Wir können es nicht beweisen. Und so waren die kleinen Figuren vielleicht auch etwas ganz anderes. Was glaubst du? Lass doch unten gerne einen Kommentar dazu hier.

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Literatur:

  1. Hauck: RGA Stichwort Goldblechfiguren, Berlin 1998.

Michael Müller-Wille: Opferkulte der Germanen und Slawen. In: AiD Sonderheft 1999.

Sharon Ratke: Guldbubber – Einblicke in die Völkerwanderungszeit, Bonn 2009.

Marten Stenberger: Nordische Vorzeit. In: Vorgeschichte Schwedens, Band 4. Neumünster 1977.

  1. Watt: RGA Stichwort Gubber, Berlin 1999.

Margarethe Watt: Die Goldblechfiguren („guldgubber“) aus Sorte Muld, Bornholm. In: Der historische Horizont der Götterbild-Amulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter – Bericht über das Colloquium vom 28.11.-1.12.1988 in der Werner-Riemers-Stiftung, Bad Homburg, Göttingen 1992.