Ja, das war eine Leserfrage, aber keine nett gemeinte. Sie kam als Kritik in mein Mailfach, während der Genderwochen. Nach dem Motto, wo kämen wir denn hin, wenn man Fragen stellt, die mit Gender zu tun haben. “Da kann man ja gleich über Damenbinden schreiben”. Ich dachte – Interessant, dass es immer noch ein Tabu zu sein scheint, über ganz natürliche Körperfunktionen und die dazugehörigen kulturellen Umstände zu reden. Also danke für das Gemecker, hier extra für dich, dein Wunschartikel über Damenbinden und Tampons. Denn tatsächlich ist es eine gute Frage, was menstruierende Frauen in der Vergangenheit für ihre Hygiene so getan haben.
Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Der Grund: Hygieneartikel sind meistens aus Textilien oder anderen organischen Materialien und die erhalten sich Archäologisch eher selten. Und dennoch kann man zumindest ein bisschen über einzelne Schlaglichter aus der Geschichte der Damenhygieneartikel erzählen. Die älteste Damenbinde, die ich für euch gefunden habe, stammt vom Ende der Jungsteinzeit oder dem Anfang der Bronzezeit. Die guten Konservierungsbedingungen im Feuchten Seeboden haben es ermöglicht, dass sich bei der Pfahlbausiedlung Seekirch-Achwiese, ein Vulvaförmiges Textil, 8 cm lang, 3 cm breit, aus Lindenbast erhalten hat. Dieses wird das als Damenbinde interpretiert.
Einen wirklichen Beleg für einen Damenhygieneartikel, der auch als solcher abgesprochen wird, findet sich dann aber erst bei den Ägyptern. Papyrustampons werden auf dem Papyrus Ebers erwähnt. Auch Hippokrates berichtet im 5. Jahrhundert v. Chr. von Tampons. Es handelt sich um mit Stoff umwickelte Holzstückchen.
Ohne Moos nix los
Im Mittelalter werden auch möglicherweise Moose genutzt, um das Regelblut in einer Art Schwamm aufzufangen. Dabei handelt es sich allerdings um eine reine Vermutung. Gestützt wird diese darauf, dass aus Latrinen Reste von Moosen bekannt sind, welche als Hygieneschwamm verwendet wurden. Eine Funktion als Binde ist also möglich. Medizinisch wurden Moose zur Stillung von Blutungen verwendet.
Ihnen wurde dabei eine besondere Wirkung nachgesagt, auch das passt zu dieser Vermutung. Da Moose Flüssigkeit absorbieren, dienten sie Teils auch als Windeln. Aber das Problem bleibt: Archäolog*innen finden immer wieder Moosreste oder gar ganze Moosflechten oder Zöpfe in Latrinen, ohne sie abschließend deuten zu können.
Alte Lappen und Fetzen
Im 17. Jahrhundert werden dann oftmals alte Lappen und Stoffreste oder auch Schwämme benutzt. Enganliegende Binden waren in dieser Zeit aber nur in Theaterkreisen in Gebrauch. Es gab Unterkleider, welche nicht eng anlagen und nicht häufig gewaschen wurden. Durch das Waschen befürchteten die Frauen eine Stockung oder Verstärkung der Regelblutung. Das roch selbstverständlich nicht gut und deswegen etablieren sich starke Parfüms, die dies übertönen sollten. Erst mit dem Beginn des vorletzten Jahrhunderts kommt dann die Idee einer eng tragbaren Binde für alle auf. Diese sind zunächst auswaschbar und bestehen aus Flaumin- und Frottierstoff.
1926 kam dann die Camelia Binde auf den Markt. Das Neue an Camelia war, es war ein Hygieneprodukt zum Wegwerfen. Das bedeutet mehr Hygiene und Diskretion, kein Geruch, keine Blutflecken. Die Idee kam aus der jüdischen Firma der Familie Rosenfelder, die bislang Papier hergestellt hatte. Im Dritten Reich muss die Familie fliehen, die Firma wird einem Deutschen Fabrikanten übereignet. Dann werden die ursprünglich jüdischen Binden im nationalen Deutschland kriegswichtig. Die Werbung spielt mit der möglichen Aktivität, bei gleichzeitiger Diskretion. Umstände, die Frauen auch während der Periode einsatzfähig machen, ganz, ohne dass sie Blutflecken hinterlassen oder stinken.
Menstruation und Scham
In der gleichen Zeit wird in den USA der Tampon, in der heute bekannten Form, von der Firma Tampax erfunden. Binden und Tampons sind Produkte, welche vor allem auch innerhalb einer gesellschaftlichen Scham zu verstehen sind. Die Menstruation scheint etwas zu sein, was man verstecken muss. In den 50er Jahren wird dann erst wissenschaftlich widerlegt, dass Frauen bei der Menstruation ein Gift ausscheiden, durch das Blumen welken oder Hefekuchen vergehen. Aber bis heute gibt es Leute, die bei dem Thema Menstruation beschämte rote Köpfe bekommen. Und das Obwohl es eine einfache Körperfunktion ist, die im Grunde auch für z.B. die Gesundheit der menstruierenden Frau stehen könnte.
Literatur:
Jan-Peter Frahm und Julian Wiethold: Die Moosflora des Mittelalters und der Frühen Neuzeit nach archäologischen Funden zusammengestellt. In: Herzogia 17, 2004.
Ingrid Stelzner, Saskia Betz und Kati Bott: Von der Entdeckung in die Ausstellung, Nassfundkonservierung für die große Landesausstellung „Pfahlbauten”. In:
https://www.smaggle.com/history-of-feminine-hygiene-products/
http://www.mum.org/waspdger.htm
http://www.mum.org/whatwore.htm
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/artikel/koerperpflege-schoenheit/tampons-giftig-ia
https://www.univie.ac.at/fernetzt/camelia/