Manchmal ist es wie verhext. Seit zwei Tagen suchte ich Literatur zu diesem Befund und was ich fand, war mehr als dürftig. Doch eine fleißige Leserin half mir und nun kann ich euch nun doch etwas zu diesem Opferplatz erzählen: Es geht um Hunneberget. Ein besonderer Fundplatz. Denn solche Befunde sind selten:
Ein Opferplatz der Steinzeit im Norden Europas
Im Steinzeitpark Dithmarschen in Albersdorf, ist dieser Opferplatz deswegen nachgebaut. Eine wunderschöne Rekonstruktion, die einen Eindruck davon gibt, wie eine solche Ringanlage einmal ausgesehen haben könnte. Besonders hat mich gefreut, dass auf dem Erklärungsschild in dem Steinzeitmuseum sogar die Literatur angegeben ist, worauf sich diejenigen, die diesen archäologischen Befund interpretiert haben, beziehen. Sonst ist es ja oft so, dass man etwas vorgesetzt bekommt, und man hat keine Möglichkeit das zu prüfen. Das Problem ist nur: Diese Literatur ist nicht zugänglich. Deswegen muss ich auf die Literatur zurückgreifen, die übrigbleibt, oder anders gesagt, die Literatur, auf die ich Zugriff habe.

Der Nachbau der Opferstätte im Steinzeitpark Dithmarschen (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Publikation, über die Ausgrabung bei einem Autobahnbau in Schweden, die gleich mehrere Zeiten streift und deswegen keinen allzu intensiven Schwerpunkt auf den Fund dieses Heiligtums hat. Dafür macht sie aber klar:
Der Fundplatz Hunneberget ist alles andere als eindeutig.
Und das ist schade, denn Opferplatzanlagen sind faszinierende Befunde, bei denen man sich immer fragt, welche Träume, Wünsche und Vorstellungen die Steinzeitmenschen wohl hatten, die diese Orte gebaut haben und an ihnen huldigten. Die Anlage stammt aus der Zeit um 3.200 v. Chr., liegt also ganz am Ende der Mittelsteinzeit (Mesolithikum). Der Fundplatz ist also fast schon jungsteinzeitlich (Neolithikum). Ringanlagen verschiedener Art und Weise sind im Neolithikum weit in Europa verbreitet, deswegen kann man bei den Funden von Hunneberget vielleicht eine Ringanlage interpretieren.

Der Eingang des Erdwerkes, auch im Steinzeitpark nachgebaut – diese Kultstätte ist allerdings eine, die aus der Jungsteinzeit kommt, also sehr viel jünger ist als der Fundplatz Hunneberget (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Hunneberget wäre damit eine Kultanlage aus der Zeit, in der die Idee entstand, runde Architekturen zu errichten, um dort religiöse Zeremonien durchzuführen. Aber die Funde in Hunneberget waren gestört. Ein gestörter Fund ist ein Ausdruck, den man in der Archäologie benutzt, wenn die Funde aus irgendeinem Grund aus dem Zusammenhang gerissen wurden – sei es durch Grabräuber, oder wie in diesem Falle, weil der Fundplatz auf einem Acker lag und alles mehrfach durch gepflügt wurde. Die Lagebeziehungen der Gegenstände im Boden und viele weitere Informationen gehen dabei verloren. Und viele Funde gehen oft auch kaputt.
Es ist also noch nicht einmal sicher, ob es sich um eine kreisrunde Anlage gehandelt hat.
Außerdem basiert die Interpretation, dass hier ein Opferplatz lag, rein auf der Tatsache, dass die diesbezüglich gefundenen Tierknochen keine Brandspuren haben. Eine Belegbasis, die ein bisschen dünn wirkt. Die schwedischen Forscher*innen gehen aber dennoch davon aus, dass es hier im Neolithikum einen größeren Platz gegeben hat. Doch die Schwierigkeiten, dies zu belegen, führen sie in ihrer Publikation selber an. Das ist schade, wäre es doch interessant sich damit zu beschäftigen, wie sich im Übergang zwischen Meso- und Neolithikum die kulturellen Vorstellungen verändert haben. Denn es ist ein kultureller Umbruch, bei dem Menschen beginnen, vermehrt sesshaft zu leben. Gleichzeitig lebten daneben aber immer noch nomadische Gruppen weiter – wie die Funde aus der Blätterhöhle zeigen. Doch es lässt sich nicht ändern, dass sich das hier nur schwer untersuchen lässt. Denn die unverbrannten Tierknochen, die hier entdeckt wurden, fanden sich in einer hohen Anzahl im Pflughorizont.

Ein Bohlenweg führt im Kreis auf der Innenseite an der Palisade entlang (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Das heißt, dass beim Bestellen des Ackers der Pflug über diesen Fundplatz hinweggefegt ist und dabei das, was im Erdboden lag, durcheinander gewirbelt hat. Und das heißt natürlich auch, dass Sachen aus verschiedenen Zeiten durcheinander gerührt werden. Im Falle Hunneberget bedeutet das, dass man im Befund keinerlei Beleg hat, dass hier mal eine Anlage war, die rund war. Denn ein runder Grundriss, der sich dabei im Boden abzeichnen würde, wurde vom Pflug gänzlich weg gehobelt. Das heißt: Alles, was man hier gefunden hat, waren durcheinandergewirbelte Tierknochen und Keramikreste.
Bei einem so seltenen Fundplatz ist das natürlich sehr schade.
Eine so starke Interpretation, wie sie im Steinzeitdorf in Albersdorf steht, ist also sehr mutig. Aber weil solche Befunde aus dem Mesolithikum so selten sind, ist er natürlich trotz dieser Situation sehr wichtig. Der Blick auf den gestörten Befund zeigt: Neben diesen Knochen und der Keramik wurden hier noch Steinwerkzeuge gefunden. Das Heiligtum stand bei einem heute ausgetrockneten Feuchtgebiet, das vielleicht an diesem Opferplatz verehrt wurde. Auch von den dänischen Inseln sind ähnliche Plätze bekannt.

Ein Blick in das Mesolithische Dorf des Steinzeitparks Dithmarschen – Das Mesolithikum ist ein spannendes Feld, wo noch viele Fragen völlig ungeklärt sind – wenn du archäologisch wirklich was entdecken willst, ist es vielleicht genau deine Zeit (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Dort stellt sich aber ein vergleichbares Problem ein: Zu sagen, inwieweit man die skandinavischen Fundplätze mit den übrigen Erdwerken der Jungsteinzeit, oder den englischen Woodhenges vergleichen kann, ist mir also aufgrund der Literaturlage nicht möglich und in Bezug auf Hunneberget funktioniert das noch weniger. Und selbst wenn mir die mir bekannte Literatur zugänglich wäre, dann wäre das noch immer viel zu wenig, denn es braucht viele Vergleiche und vor allem bessere Befunde, um zu diesem Thema aussagekräftige Informationen zur Verfügung zu haben.
Wir haben hier also eine Forschungslücke
Das liegt nicht nur daran, dass es zu wenig Forschung gibt, sondern auch daran, dass tatsächlich zu wenige Fundplätze dieser Art bekannt sind, und jeder Fund der in Zukunft gemacht wird, diese Ideen noch korrigieren kann. Aber es liegt auch daran, dass viele Publikationen nur in kleinen Rahmen, in Ortsarchiven liegen und man sie nicht einfach so entleihen kann. Aber vielleicht forscht ja jemand von euch zu dem Thema Nordeuropas Opferplätze des Mesolithikums in Bezug zu der Entwicklung der Erdwerke und Woodhenges.

Und wer weiß, vielleicht findest du ja einen Beleg dafür, dass Kultplätze genau so ausgesehen haben (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Möglicherweise kennst du ja weitere gute Literatur zu Hunneberget. Vielleicht denkst du aber auch – Hey, das wäre ein spannendes Thema für meine Abschlussarbeit. Oder, dass du in Zukunft dazu forschen möchtest, um diese Lücke im Wissen über die Menschheitsgeschichte zu schließen. Wenn ja, dann lasst mir doch einen Kommentar da, ich würde mich darüber sehr freuen. Ich finde diese Zeit nämlich sehr spannend, und würde dann gerne über deine Forschung berichten. Aber abschließend muss ich sagen:
Aufgrund der mir zur Verfügung stehenden Belegbasis bezweifle ich, dass es sich bei Hunneberget wirklich um einen Opferplatz gehandelt hat.
Tatsächlich denke ich, es könnte auch etwas ganz anders hinter einer Knochenanhäufung stecken. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die die Knochen einzeln naturwissenschaftlich datiert haben. Wenn nicht, könnte es irgendwie durch Hausabfälle und Düngung der letzten 2000 Jahre dahin geraten sein. Wenn doch, gibt es tausend Gründe, warum Tierkadaver dort platziert wurden. Meines Erachtens ist dieser Funplatz leider so stark durchpflügt, dass wir das leider nie erfahren werden.

Die Rekonstruktion des Zentrums dieser Anlage. Die Katzenfigur in der Mitte ist mit Sicherheit nur eine Interpretation (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Vor allem aber finde ich es seltsam, dass auf einer so kleinen Belegbasis ein so detaillierter Opferplatz in einem Museum gebaut wurde. Und doch muss ich sagen, ich mag diese Anlage. Sie ist fantasievoll und sympathisch. Und dass sich die Erbauer selbst dabei nicht so ganz ernst genommen haben, zeigt sich auch bei der Totemfigur: Eine Katze! Ich hatte sogar die Möglichkeit, kurz mit den Erbauern zu reden. Die haben sich die Katze einfach ausgedacht, weil sie die Idee niedlich fanden. Und so putzig ich das finde, und so spannend der Befund ist: Ich hätte das so nicht gebaut – und wenn dann mit dem Vermerk, dass es zu 90% ein Fantasiegebäude ist.
Literatur:
http://samla.raa.se/xmlui/handle/raa/3865
… wenn du welche kennst, bitte melde dich!
Pingback: Der Steinzeitpark Dithmarschen | Miss Jones
Schau das mal an, Thema Himmelsbestattungen:
Lenz, D., 2016, Götterboten – Zur Rolle der Vögel in der Kommunikation zwischen Gottheit
und Mensch von der Vorgeschichte bis zum frühen Christentum, Hamburg.
Damit hab ich mich in meinem folgenden Text beschäftigt:
Corinna Leschber (2017): Altčech. koba, altslav. kobь und die Divination aus dem Vogelflug. In: Etymological Research into Czech. Studia Etymologica Brunensia 22, (Hg.) Ilona Janyšková, Helena Karlíková & Vít Boček, Praha, 283-297.
Danke für den Hinweis. Ich hab es auf meine Bücher-Ausleihliste gesetzt. Auch wenn ich nicht damit rechne, dass ich durch Sprachforschung in Tschechien erfahre, wie die Bauweise eines schwedischen Fundplatzes vor 5000 Jahren gestaltet hat.
Wir sprechen hier über Zeiten, in denen es überhaupt kein „Schweden“ und auch sonst keine Einzelnationen, sondern eher übergreifende Kulturräume, gab, also sollte über die Benennung schwedischer Fundplatz mal nachgedacht werden: ein prähistorischer Fundplatz, der im heutigen Schweden liegt. Klärt sich alles auf bei der Lektüre der angegeben Quellen….
Gott sei Dank bist du nicht patzig – und es hat auch niemand gemerkt, dass du hier einfach gerade auf dummdreist Werbung für deine Arbeit machst, die mit Architektur einfach mal nichts zu tun hat.
Ein gutes Beispiel für internationales Zusammenwirken.
Findest du?
Finde ich gar nicht mal so. Klar der Fundplatz ist in Schweden, vergleiche in Dänemark. Aber nach der Literaturlage scheint es mir, als ob weder die deutschen ein Wort mit den dänischen Forschern gewechselt haben, noch die dänischen mit den schwedischen, noch die schwedischen mit den deutschen. Die haben einfach nur beieinander Abgeschrieben.
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