Fünf Tipps für eine Karriere in der Wissenschaft

Gastartikel von Prof. Dr. Daniela Hofmann: Ich wollte schon ab dem zarten Alter von 7 Jahren Archäologin werden, hatte damals aber glücklicherweise keine Ahnung, wie lang die Reise dauern würde. Sie hat mich zumindest an viele schöne Orte geführt, zuerst zum Studium nach Cardiff und dann an verschiedene andere Grabungsfirmen und Universitäten in Großbritannien und Deutschland, unter anderem die Universität Hamburg. Momentan arbeite ich in Bergen, Norwegen, als Professorin für Steinzeitarchäologie.

 

Was braucht es, um in der Wissenschaft Karriere zu machen? Eine schwierige Frage, die mir hier gestellt wurde, sicher mit ebenso vielen Antworten, wie es Wissenschaftler gibt. Hier folgt ein rein persönlicher Eindruck von dem, was mir am meisten geholfen hat, nach vielen Wirrungen und kurz vor meinem selbst gesetzten Ultimatum des Ausstiegs, doch noch in der Wissenschaft Fuß zu fassen.

1. Freude am Forschen, und gute Abschlüsse

Um es gleich aus dem Weg zu räumen, es hilft, wenn man gute Abschlüsse mitbringt. Eine gute Note im Bachelor erleichtert Aufnahme in ein Masterprogramm, und eine gute Abschlussnote da macht es einfacher, ein Promotionsstipendium zu bekommen. Eine hohe Bewertung für die Dissertation führt in den ersten Post-Doc, und so weiter. Dieser Effekt wird stärker, je höher die entsprechende Qualifikation ist – eine durchschnittliche Bachelornote lässt sich gegensteuern, bei einer mau bewerteten Dissertation sieht die Sache anders aus.

Ein aufgeklappter Laptop, dr Ausgeschaltt auf einem Tisch liegt.

Also anders gesagt – Arbeiten und sich Mühe geben ist Teil des ganzen.

Natürlich sollen die guten Noten eigentlich bestimmte persönliche Qualitäten spiegeln, etwa die Neigung, sich in eine Sache gründlich vertiefen zu wollen, offen und neugierig ranzugehen, und auch Wege zu verfolgen, die quer zum Mainstream liegen. Ob sich Neugierde und Kreativität allerdings immer in der Note ausdrücken, ist schwieriger zu beantworten. Manche haben die nötigen Fähigkeiten, allerdings so viele andere Verpflichtungen – Familie, Arbeit – dass schlicht die Zeit fehlt, sich wirklich aufs Schreiben zu konzentrieren. Andere geraten mit einer unkonventionellen Meinung an allzu engstirnige Prüfer. Diese Faktoren sind nicht, oder nur mäßig kontrollierbar. Trotz allem gilt, ohne Spaß an Forschen und an der Vermittlung von Ergebnissen geht es nicht.

2. Planung

Aber inwieweit man den weiteren Karriereverlauf planen? In dieser Hinsicht war ich immer unglaublich schlecht. Ich hatte die naive Ansicht, dass wenn man gut genug ist (siehe Punkt 1), dann wird sich der Rest von selbst ergeben. Dem ist nicht so, denn zu viele kreative Köpfe konkurrieren um die wenigen Stellen. Manche meiner MitstreiterInnen haben sich deshalb früh entschieden, Themen zu bearbeiten, zu denen in vorhersehbarer Zeit Stellen frei werden könnten, oder die als besonders attraktiv für Geldgeber gelten.

Finde deine Strategie

Das funktioniert natürlich nicht immer und in Anbetracht der vielen Zeit und Mühe, die generell in Forschung investiert werden müssen, ist es vor allem wichtig, dass man ein Thema auch wirklich spannend findet. Sonst, denke ich, ist man verloren. Man kann allerdings strategisch darüber nachdenken, in welcher Publikation man welche seiner Ideen am besten unterbringt – wen erreicht man (in welcher Sprache), ist Open Access möglich, welche Verbreitung hat die Zeitschrift, und so weiter. Und natürlich hilft es, wenn man mobil ist – nicht nur, weil internationale Erfahrung wichtige neue Impulse bringt, sondern auch, weil man sich dann auf viel mehr Stellen überhaupt erst bewerben kann. Auch das ist ganz klar eine Barriere für viele.

3. Standhaftigkeit und Kollegialität

Auch wenn man die Möglichkeit mitbringt, sich ganz auf die eigene Karriere fokussieren zu können, wird es immer Rückschläge geben. Allzu oft ackert man sich wochenlang an einem Antragstext oder Artikel ab, ohne die Überstunden zu zählen, nur um dann abgewiesen zu werden, teilweise mit destruktiven und wenig hilfreichen Kommentaren. Devoney Looser fasst die Situation zusammen – man muss diese Misserfolge irgendwie wegstecken können, auch wenn sie einem nahe gehen und man oft den – offenbar nicht unbegründeten – Eindruck bekommt, das System sei ohnehin darauf ausgerichtet, Menschen mit einem bestimmten gesellschaftlichen Hintergrund zu fördern. Was mir immer unglaublich geholfen hat, ist ein breites Netzwerk.

Archäologie ist Teamarbeit. Wie hier beim Röntgen in Oldenburg.

Zum einen Menschen, die einen einfach trösten können – und wenn es nur die Bereitschaft ist, sich eine halbe Stunde lang anzuhören, warum die Welt mal wieder völlig daneben ist. Zum anderen hilfsbereite Kollegen (oft sind das ja die gleichen Leute), die Lebensläufe, Erstfassungen und Antragsentwürfe kritisch gegenlesen und verbessern helfen. Diese Art von Feedback ist unbezahlbar – und beruht ganz klar auf Gegenseitigkeit. Man muss auch für andere da sein, und niemand braucht rücksichtslose Einzelkämpfer, die sich bei jedem Handgriff fragen, ob er ihnen unmittelbar persönlich nützt.

4. Resilienz und ein Plan B

Trotz aller Bemühungen wird es in den meisten akademischen Lebensläufen irgendwann Lücken geben. Manchmal sind es nur ein paar Wochen zwischen einem Vertrag und dem nächsten, manchmal ist es ein Jahr oder mehr. Oft soll/will man trotzdem unfertige Publikationen oder Neufassungen von erstmal nicht bewilligten Anträgen weiter bearbeiten. Zusätzlich herrscht im akademischen Sektor eine Kultur, die auf der kostenfreien Bereitstellung von Arbeitskraft basiert – um seine Karriere zu fördern, soll man doch bitte ein Volontariat vorweisen können, oder bei der Organisation von Konferenzen, in der Lehre oder Ähnliches (oft unbezahlte) Erfahrungen gesammelt haben – eine Denkweise, die mittlerweile als Prekariat und akademische Ausbeutung umschrieben wird.

Einen Plan B zu haben ist nie falsch – Harriet Ann Boyd Hawes z.B. war nicht nur eine der coolsten Archäologinnen der Forschungsgeschichte – sie war auch Krankenschwester.

Denn Miete, Nebenkosten und vielleicht gar Lebensmittel wollen ja auch irgendwie bezahlt sein. All dies gibt einen klaren Vorteil für Menschen, die es geschafft haben, sich ein Polster anzusparen – sprich solche ohne große finanzielle Verpflichtungen für andere – oder die von sich aus über Vermögen verfügen. In meinem Fall konnte ich Engpässe durch die Arbeit als unabhängige Übersetzerin kompensieren, die es zumindest erlaubte, nebenher weiter an der akademischen Karriere zu arbeiten. Aber einfach waren solche Situationen nie. Deswegen sollte man sich auch einen Plan B überlegen: ein Datum bestimmen, nach dem man definitiv aus dem Rennen um die wenigen wissenschaftlichen Stellen aussteigen will, und eine klare Idee, was einem danach eine alternative, ebenso erstrebenswerte berufliche Perspektive geben könnte.

5. Glück!

Zu guter Letzt braucht man eine gehörige Portion Glück. Besonders deutlich wird das, wenn man in einer Auswahlkommission Stapel von CVs (Lebensläufen) vor sich auf dem Tisch hat. Wer am Ende die Stelle bekommt, hängt von unzähligen unvorhersehbaren Faktoren ab – wie schnell wurden eingereichte Publikationen auch veröffentlicht, wie setzt sich die Kommission zusammen, was findet wer gerade spannend, welche Zusatzqualifikationen bringt man mit, die genau dieses Institut zufällig genau jetzt braucht. Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, ohne Zeit und Ort vorher zu kennen. So einfach (und damit auch so schwierig) ist es.

Ein Kleefeld

Akademiker werden gerne als Einzelkämpfer wahrgenommen, die sich durch unermüdlichen Einsatz an die Spitze gebracht haben. Sicher sehen manche sich auch gerne selbst so. Aber wenn ich auf meinen Weg zurückblicke, dann war der Einsatz viel verzweigter und verteilter, als es dieses Bild wiedergibt. Ja, ich habe hart gearbeitet. Aber ohne die Unterstützung unzähliger Menschen hätte es nie geklappt. Hätte ich Verpflichtungen gehabt, die etwa Mobilität erschweren, hätte ich mich radikal umorientieren müssen. Noch dazu hatte ich einfach nur Massel. Wer also am Ende den akademischen Karriereweg abbricht, tut es oft sicher nicht aus mangelndem Talent.

7 Gedanken zu „Fünf Tipps für eine Karriere in der Wissenschaft

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