Wie dokumentiere ich eigentlich Faszination?

Es ist lange her, aber mein Besuch im Museo Civico Archäologico in Verucchio hat mich nachhaltig begeistert. Und seit dem frage ich mich: Wie dokumentiere ich eigentlich Faszination? Denn das Museum hatte mich besonders intensiv fasziniert und ich wollte für euch mehr machen, als nur einen plumpen Bericht zu verfassen. Mein Gedanke dazu war, dass dies dem Museum, und den unglaublich tollen Funden nicht gerecht werden würde. Fotos fangen die Schönheit der Funde ein, aber wie konserviere ich die Faszination, die ich empfunden habe, als ich dieses Museum entdeckt habe?

Funde von einem ganz besonderen Fundplatz

Tatsächlich war es auch dieses Museum, dass mich dazu inspiriert hat, diesen Blog überhaupt ins Leben zu rufen. Ich wollte die Begeisterung, die ich empfunden hatte, mit euch teilen. Von daher schob ich den Artikel immer weiter auf, weil ich mehr machen wollte, als nur einen Text schreiben. Denn das Erlebnis in diesem Museum zu sein war

Der Eingang des Museums. Es hat einen in Trockenmauerwerk gebauten Glockenturm.

Das Museum liegt auf dem Bergrücken, auf dem die Menschen vermutlich schon seit der Eisenzeit gelebt haben. Es ist zauberhaft schön.

unglaublich schön gewesen. Eben einfach die Art von Erlebnissen, die ich am liebsten habe. Ein idyllisches Kleinod, mitten in einem kleinen, relativ unbekannten Ort, irgendwo da, wo selten ein Tourist vorbeikommt. Ein lohnender Blick auf die Schönheit der Archäologie. Aber wie sollte ich das Konservieren und es für euch Festhalten?

Was macht die Faszination in diesem Falle aus?

Irgendwann stelle ich mir die Frage, was ich denn an diesem Fundplatz eigentlich so unendlich faszinierend fand. Und die Antwort war: die Absurdität. Die Absurdität der Formen, die ich hier zu Gesicht bekommen hatte. Aber wie könnte ich diese Absurdität darstellen? Ich entschied mich dazu, Bilder davon zu malen. Doch meine ersten

Zwei Sangiusugafibeln mit Bernsteinbesatz aus Verucchio. Die Fibeln sind so groß wie Fäuste.

Diese Sangiusugafibeln zum Beispiel haben eine sehr außergewöhnliche Form.

Versuche endeten in nicht wirklich ansehnlichen archäologischen Skizzen. Skizzen, die weniger dokumentierten, was ich empfand, als mehr das was ich sah. Also entschied ich mich die Funde nicht zu zeichnen, sondern, sie zu malen, ohne auf eine punktuelle Korrektheit zu achten, sondern viel mehr die Absurdität der Form in den Vordergrund zu stellen, und sie dabei schon fast zu karikieren.

Warum ist Faszination wichtig?

Dieser Blog hat weniger den Anspruch Wissenschaft zu erstellen, als viel mehr Laien für Archäologie zu begeistern. Ich hoffe, ihr könnt euch für meine Darstellungen begeistern. Tatsächlich ist es ja Faszination, die die meisten Archäolog*innen antreibt, trotz teils schlechtester Arbeitsbedingungen ihren Beruf auszuüben. Manchmal fällt es einfach schwer anderen zu erklären, warum man tut, was man tut. Faszination ist dabei schon seit Anbeginn der Forschungsgeschichte immer wieder der Auslöser gewesen, warum Menschen sich mit Archäologie beschäftigen. Geschichten, wie die von Heinrich Schliemann, haben ganze Forschergenerationen geprägt. Aber nicht aufgrund herausragender Wissenschaft, sondern aufgrund der Faszination, die diese Geschichten ausgelöst haben. Deswegen bin ich der Auffassung, dass Faszination ein Grundpfeiler der Archäologie ist und auch oftmals Grundpfeiler, der die Finanzierung archäologischer Forschung ermöglicht. Darum habe ich begonnen, diesen Blog zu schreiben, um diese Faszination zu dokumentieren.

Eine kleine Premiere:

Für mich sind diese Bilder nicht nur aufgrund dessen etwas Besonderes, dass sie diesen für mich einzigartigen Fundplatz zeigen, sondern auch, weil es das erste Mal ist, seit dem Kunstunterricht in der Schule, dass ich etwas gemalt habe. Ich gehe also nicht davon aus, dass meine Erstlingswerke perfekt sind. Vielmehr hoffe ich, euch in den Bann der Formen zu ziehen. In diesem Sinne habe ich euch eine kleine Bildergalerie erstellt, mit Bildern, auf denen ich die Funde so übersteigert gemalt habe, wie sie mich Fasziniert haben, in der Hoffnung euch damit Faszinieren zu können:

Eine Urne aus der Villa Nova Kultur, Sie ähnelt eine Hallstatturne, ist aber ohne Bemalung. Ein längliches Gefäß mit einem abgesetzten Bauch und einem Deckel.

Zugegeben, eine unspektakuläre Form. Aber die Menschen wurden in Urnen mit dieser Form beigesetzt, sodass ich diese Form als elementar wichtig erachte, da sie sich in jedem Grab befunden hat.

Eine Ösenschale aus der Villa Nova Kultur. Ein unbemaltes flaches Gefäß aus Keramik mit einem kleinen Bauch und großen Henkeln.

In den Gräbern sind ganze Bankette angerichtet gewesen. Besonders interessant fand ich hier, dass selbst die Form des Geschirres. Das kann man zwar archäologisch gut einordnen. Aber diese großen Henkel sehen irgendwie aus wie zu groß geratene Ohren.

Eine stark geschwungene schlichte aber sehr elegante Fibel aus Gold.

Diese Fibelart wird als Drachenfibel bezeichnet. Sie besteht aus Gold und wird männlichen Bestattungen zugesprochen. Die Kunstfertigkeit und die geschwungene Form erinnert nicht nur an einen chinesischen Drachen, sondern ist auch von einer einzigartigen Schönheit geprägt.

Ein Helm aus Metall, der wie eine Kappe den Kopf umgibt. Der Helm hat einen über den Kopf von Ohr zu Ohr verlaufenen Kamm. Auf dem Kamm ist in der Mitte ein Dorn ausgearbeitet, der fast einen halben Meter Höhe umfasst.

Das Grab, aus dem dieser Helm stammt, ist sehr reichhaltig mit Beigaben bestückt gewesen. Besonders beeindruckt hat mich dabei die absurde Form des Helmes, welche ich hier stark überzogen dargestellt habe.

Ein Bronzemesser mit einem Griff, welcher einen Rund ausgeformtes Ende hat. Und eine Klinge, die so stark geschwungen ist, dass man meint, es sei der Fuß eine Ballerina.

Die Form des Messers hat mich besonders beeindruckt. Die geschwungene Klinge ist dabei extrem auffällig. Allerdings habe ich bei der Darstellung etwas mehr interpretiert, als bei den anderen Objekten, da dieses Objekt immer nur mit Klingen-scheide dargestellt wird, und ich das Aussehen der Klinge selbst nur erahnen konnte.

Eine Bronzefibel mit abgebrochener Nadel. Der Fibelbügel ist sehr bauchig und ausladend, dabei ist er mit einer sehr feinen Gravur geziert.

Die bauchige Form dieser Bronzefibel hat mich besonders überrascht. In diese Fibel war ein feines Muster graviert, welches ich versucht habe, so kleinteilig wie Möglich nachzuvollziehen. Das ist ein Kontrast zur ausladenden Form dieser Gewandnadel.

Eine Bernsteinfibel von Oben. Ein breiter Fibelbügel mit rechteckigen und rhombenförmigen Bernsteinornamenten in Elfenbein gesetzt.

Diese Bild zeigt eine Sanguisugafibel, auch Blutegelfibel genannt, von oben. Diese Objekte habe ich aufgrund ihrer Form und ihrer Klobingkeit besonders interessant gefunden. Die Form der Fibeln wirkt sehr absurd, und mein Vater taufte sie liebevoll auf den Namen Alieneier.

Bernsteinornamet. Feine Schnitzung vor allem X und + Muster wechseln sich auf der etwa 10 x 5 cm großen Bernsteinplatte ab. Sie ist sehr dünn geschliffen, sodann die Sonne durchscheinen kann.

Diese Beinsteinschnitzerei ist sehr filigran. Ich habe sie stark vergrößert gemalt und bin dennoch an den Kleinstteilen gescheitert. Das originale Objekt hat eine Breite von gerade einmal 5 cm. Die Kunstfertigkeit der Menschen in Verucchio wird an diesem Stück besonders deutlich, aber auch das Phänomen, dass Nordseebernstein in Italien so sehr bekannt war, dass es erfahrene Handwerksmeister auf dem Gebiet der Beinsteinbearbeitung gegeben hat.

Eine Spindel aus Bernstein. Sie wirkt fast wie ein Zepter.

Dieser Fund hat mich besonders begeistert. Anscheinend war Verucchio eine Hochburg der Textilproduktion. Dass dies zusätzlich dadurch betont wurde, dass für die Bestattungen, das Arbeitswerkzeug der Menschen in Bernstein nachgebildet wurde, zeigt die Wichtigkeit dieses Handwerkes an. Die Spindel ist dabei so Filigran gefertigt, dass man fast meinen könnte, es handle sich um ein Zepter.

Ein Fächer aus Holz. Der Fächer ist 15 cm hoch und nur wenige mm dünn. Er weist viele feine Schnitzereien auf.

Besonders begeistert war ich von den erhaltenen Holzgegenständen auf dem Fundplatz Verucchio. Es ist nicht nur spektakulär, wenn die Erhaltungsbedingungen es zulassen, dass es Holzerhaltung gibt. In diesem Fall ist die hohe Handwerkskunst, besonders erwähnenswert. Der Fächer hat ein filigran geschnitztes Muster.

Mich würde jetzt interessieren, ob meine Faszination bei euch angekommen ist, und wie ihr meine Erstlings-Werke findet. Ist es möglich, auf diese Art Faszination zu konservieren? Wie würdet ihr Begeisterung Dokumentieren? Und habe ich euch ein bisschen mit meiner Begeisterung angesteckt? Schreibt mir doch eure Meinung dazu unter den Artikel!

Dieser Blog lebt übrigens davon, dass ab und zu jemand von euch ein kleines Trinkgeld gibt. Das könnt ihr mit diesem Link hier machen.

6 Gedanken zu „Wie dokumentiere ich eigentlich Faszination?

  1. Pingback: Das schönste Museum, dass ich je gesehen habe | Miss Jones

  2. Pingback: Sharing Heritage - die DGUF Jahrestagung 2018 | Miss Jones

  3. Vielen Dank für die interessanten Gedankengänge. Ich habe mir erlaubt, den Beitrag auf meiner FB-Seite zu zitieren (Diolkos). Ob allerdings Faszination die Antriebsfeder ist, um Laien für die Altertumsforschung zu begeistern, wage ich zu bezweifeln. Es ist gerade die (sicherlich auch bei Profis) vorhandene Faszination, die leider auch unwissenschaftliche, z.T. sogar gefährliche Thesen entstehen lässt. Ich finde die wissenschaftliche Realität bietet genug Dinge, die die Öffentlichkeit fesseln können, man muss sie “nur” entsprechend publizieren.

  4. Die Faszination für die Stücke ist angekommen! Bei mir weniger durch den interessanten Text sondern vielmehr über die faszinierenden Bilder, dabei besonders durch die verwendeten Farben. Hab jetzt Laune bekommen das Museum selbst mal zu besuchen.
    Superschön. 🙂 Mehr davon!
    Danke

  5. Dein Blog transportiert deine Begeisterung. Immer, wenn ich darin lese, bedauere ich zwar ein bisschen, meine Faszination für alles Alte bei der Studienwahl zugunsten einer “vernünftigen Entscheidung” zurückgestellt zu haben. Auf der anderen Seite gibst du mir die Möglichkeit, ein bisschen teilzuhaben. Das ist schön. Danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert