Junger Kollege bei Ausgrabung gestorben

Leimen im Rhein-Necker-Kreis. 27. November 2023 gegen 15:30. Das Wetter ist nass und grau. Und trotzdem arbeiten auf der Ausgrabung in der Stadt ein paar Hartgesottene. Denn klar: das Wetter ist nicht angenehm, aber die Kulturgeschichte geht vor. Dann kommt es zu einer Rutschung. Da wo gerade noch ein Loch war, in dem geforscht wurde, ist jetzt ein Haufen Erde und Steine. Ein 21-jähriger Kollege ist verschüttet. Das Team versucht verzweifelt, ihn auszugraben. Er wird mit einem Bagger geborgen. Später stirbt er im Krankenhaus.

Wie konnte das passieren?

Es ist eine traurige Geschichte, die wütend macht. Ein junger Mitarbeiter einer Grabungsfirma, Student im 3ten Semester, ist von uns gegangen. Das macht mich unglaublich traurig – er hatte die spannendste Zeit seines Archäologenlebens doch eigentlich noch vor sich. Die offene Frage ist: warum. Die zuständige Kriminalpolizei hat auf meine Presseanfrage geantwortet, dass sie zu laufenden Ermittlungen keine Auskunft geben. Das heißt: Es wird ermittelt. Dem Spiegel ist zu entnehmen, dass bei diesen Ermittlungen Sicherheitsmängel im Fokus stehen.

Aber das Erste, was auffällt ist: Es war nass an diesem Tag und nasse Erde kann rutschen. Bei einem solchen Wetter kann es zu Fehleinschätzungen kommen, oder auch leichter zu Unfällen. Ich möchte niemanden etwas unterstellen. Und nachdem ich mich umgehört habe, weiß ich, welche Grabungsfirma hier tätig war. Es war ausgerechnet eine, die besonders viel Wert auf Arbeitssicherheit legt. Und das sollte uns allen klarmachen: Archäologie ist eben immer auch gefährlich. Bitte seid vorsichtig! Auch wenn es noch so spannend ist: Gesundheit geht vor.

Was wurde in Leimen überhaupt untersucht?

Es handelt sich um einen Gewölbekeller aus dem Mittelalter, in dem sich eine Grabstätte befand. Dieser liegt direkt bei dem Rathaus der Stadt. Hier soll eine Tiefgarage gebaut werden, deswegen wurden hier archäologische Grabungen notwendig, um vor dem Bau der Garage das Kulturerbe aus dem Boden in Sicherheit zu bringen. Die Rutschung ereignete sich also unmittelbar in der Stadt. Stadt- archäologische Forschung ist meistens etwas komplexer, weil drumherum Häuser stehen. Die Flächen sind also sehr eng, und das macht Ausgrabungen in der Stadt auch etwas gefährlicher als auf dem freien Feld.

Die Einsatzkräfte stehen neben der Grube. Die Grube ist gigantisch im Vergleich zu den Männern.

Die Grube ist gigantisch, wenn ihr euch zum Vergleich die Feuerwehrleute auf dem Bild anseht (Bild: Rene Priebe).

Denn man kann hier schwieriger in Stufen unter die Erde gehen, dafür braucht man in Länge und Breite nämlich mehr Platz. Wie genau das in Leimen umgesetzt wurde, ist mir nicht klar. Auf Fotos ist aber zu erkennen, dass hier in einem unterirdischen Gewölbe gegraben wurde, die Originalmauern, sind teils zu erkennen. In diesem Gewölbe wurden auch frühmittelalterliche Bestattungen freigelegt und genau dabei wurde der junge Kollege verschüttet.

Ich bin sprachlos

Seit Wochen weiß ich nicht, wie ich angemessen auf diesen Fall reagieren soll. Ich bin wütend, dass sowas überhaupt passiert ist, bin wütend, dass ich oft ausgelacht wurde, wenn ich gebeten habe mehr über Arbeitssicherheit zu reden. Gleichzeitig ist es eine Horrorvorstellung. Bei einer Ausgrabung verschüttet ist dabei eine schlimme Perspektive – aber Angehöriger zu sein und um mit dieser Geschichte leben zu müssen ist auch eine Perspektive, bei der ich gar nicht sagen kann, wie leid mir das für die Betroffenen tut.

Grabkerzen am Bauzaun

Die Trauer war groß, auch im Rathaus wurde dem Kollegen gedacht. Es ist einfach nur traurig. (Bild: Stadtverwaltung Leimen).

Noch schlimmer finde ich aber eine andere Perspektive: Ein Kollege, der alles mit angesehen hat, und verzweifelt versucht hat, diesen jungen Menschen zu bergen. Ich hoffe, alle haben eine gute psychologische Unterstützung. Denn so ein Erlebnis ist unfassbar schlimm. Und ich kann nur anbieten, dass sich Betroffene auch per Mail bei mir melden können und auch gerne meine Plattform für eine Botschaft nutzen dürfen. Ich bin selbst sehr traurig und ich hoffe, dass sich ein so schlimmer Unfall nie wiederholt. Auch wenn wir uns klar darüber ein müssen: Unser Beruf ist super gefährlich!

Literatur:

https://www.morgenpost.de/vermischtes/article240701440/21-Jaehriger-stirbt-bei-archaeologischer-Ausgrabung-in-Leimen.html

https://www.spiegel.de/panorama/leimen-mann-stirbt-bei-archaeologischen-ausgrabungen-a-a2416cd9-8830-4497-86d9-ada6ae7ed4ee

https://www.leimen.de/de/rathaus-service/verwaltung/aktuelles-aus-dem-rathaus/2660/toedlicher-unfall-auf-rathausplatz-baustelle

https://www.wnoz.de/nachrichten/metropolregion/mann-stirbt-bei-archaeologischen-grabungen-in-leimen-300588.html

https://www.sueddeutsche.de/panorama/unfaelle-leimen-ermittlungen-zu-tod-von-21-jaehrigem-dauern-an-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-231130-99-132579

https://www.rheinpfalz.de/lokal/pfalz-ticker_artikel,-mitarbeiter-von-landauer-firma-bei-ausgrabungen-versch%C3%BCttet-und-verstorben-_arid,5583042.html

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/mann-nach-unfall-in-baugrube-in-leimen-gestorben-102.html

https://www.zak.de/Nachrichten/21-Jaehriger-aus-Bitz-bei-archaeologischen-Grabungen-in-Leimen-toedlich-verunglueckt-159252.html

https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.tragisches-unglueck-in-leimen-21-jaehriger-aus-bitz-stirbt-bei-grabungen.030ac0a4-d97e-4fad-a713-b0c9fde65c1e.html

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