In der Nähe von Innsbruck, auf einer Anhöhe, die man auf einer kleinen Wanderung leicht erreicht, liegt Schloss Mentlberg. Dieses Ausflugsziel hätte ich sicherlich selbst niemals entdeckt, aber eine Innsbrucker Freundin hat mich auf einem langen Spaziergang hergeführt. Es ist einer der Orte, die leicht zu erreichen sind, und bei denen man trotzdem eine gute Aussicht hat. Das gesamte Tal lässt sich überblicken. Die Altstadt von Innsbruck ist zwar nur am Horizont zu sehen, aber das Alpenpanorama, dass man von hier aus beobachten kann, sucht seinesgleichen.
Man kann hier ewig stehen und in die Ferne sehen, ohne das Schloss auch nur eines Blickes zu würdigen, und trotzdem immer neues entdecken. Das grüne Inntal und dahinter erstreckt sich eine unendlich hohe Wand aus Bergen. Die Alpen sind hier auch im Sommer manchmal mit Schnee bedeckt. Der Blick in die Berge ist verbunden mit dem Blick auf Flugzeuge. Von Schloss Mentlberg aus ist der Flughafen gut zu beobachten. Es ist abenteuerlich, die Flugzeuge zu betrachten, die auf dem Innsbrucker Flughafen starten und landen. Und es wirkt wie ein Wunder, dass keines davon gegen einen der Berge knallt.
Doch wenn man fertig ist mit staunen, sollte man sich umdrehen, und auch über den Ort staunen, an dem man steht. Das Gelände, das Schloss Mentlberg umgibt, ist historisch interessant. Im 14ten Jahrhundert ist hier der erste Hof belegt, welcher später immer weiter umgebaut wurde und verschiedenen Zwecken diente, bis schließlich das Schloss errichtet wurde.
Das Mentlberger Schloss
Die Familie Mentlberger gehörte zwischen dem 15ten und 16ten Jahrhundert zu den Familien, die in den Adelsstand erhoben wurden. Heinrich III Mentlberger war Bürgermeister und Stadtrichter in Innsbruck – Also eine wichtige Person. Das Privileg in den Adelsstand erhoben zu werden, erhielten zu dieser Zeit eine ganze Reihe bürgerlicher Familien, welche es zu großem Wohlstand gebracht hatten. Eine Vielzahl dieser neu-geadelten Familien erstrebten damals den Besitz eigener Burg- und Schlossanlagen. Dies sollte ihren hohen Stand unterstreichen. Edelsitze in ländlichen Regionen waren sehr beliebt, um die eigene Stellung zu unterstreichen. Die Statusimmobilien treten häufig auf, vor allem da, wo die Kosten für Grundstück und Bau des Prestigebesitzes geringer waren. Also z.B. auf dem Land.
Das Schloss Mentlberg liegt ebenfalls außerhalb von Innsbruck, allerdings noch in Sichtweite der Stadt, was für einen größeren Wohlstand der Familie Mentlberger spricht. Der Erwerb eines Schlosses oder einer Burg waren dabei auch oftmals von der Lage abhängig. Es ging dabei nicht nur darum, den eigenen Status zur Schau zu stellen, sondern sich auch einen gehobenen Platz zuzusichern. So wurden Orte wie das Plateau, auf dem Schloss Mentlberg steht, bevorzugt von diesen Familien ausgewählt, da es sich um einen Ort mit einer besonders schönen Aussicht handelte. Neben dieser
Tatsache legten die Familien des Neuadels großen Wert darauf, eine möglichst hohe Anzahl möglichst alter Burgen in ihren Besitz zu bringen. Dies kann im Sinne des Erstellens einer Scheinkontinuität verstanden werden. 1485 erwarb Heinrich III Mentlberger das Areal, und erhielt 1493 die Erlaubnis hier einen Sitz zu erreichten. Daraufhin wird das Schloss Mentlberg erstmals errichtet. 4 Jahre später wurde die Familie in den Adelsstand erhoben.
Bauliche Geschichte von Schloss und Kapelle
Bei dem bereits im 14ten Jahrhundert erwähnten Hof, stand ein Turm, welcher zum Abbrennen von Kreidefeuern diente. Dieser Turm wurde in laufe der Zeit immer mehr erweitert und 1622 abgerissen. An seiner Stelle wurde eine Kapelle errichtet. 1629 hat man dann das Schloss ausgebaut, nachdem es in den Besitz von Ferdinand von Khuenpach gelungen war. Burgen und Schlösser hatten in dieser Zeit die Rolle als Wehrplätze gänzlich verloren und wurden zu reinen Repräsentationsobjekten umfunktioniert. In diesem Sinne hat man viele Burgen und Schlösser umgestaltet und den neuen Lebens und Nutzungsbedingungen der Renaissance angepasst. Bei diesen Umgestaltungen ging es darum, die Gebäude behaglicher und Wohnlicher zu gestalten. So wurden aus alten Wehranlagen oftmals kleine Schlösser.
Die Geschichte einer Wallfahrtskapelle
Christian, der Sohn von Khuenpachs fand im Dreißig jährigen Krieg eine Pieta in den Überresten der zerstörten Waldkirche nahe Ulm, welche in die Kapelle geschafft wurde. Sie zeigt die beiden Heiligen Barbara und Katharina. Die Kapelle Maria auf der Gallwies entwickelte sich von da an zu einer Wallfahrtsstätte, welche über 15.000 Besuchern im Jahr anzog. Die Kuhenpachs erwarben daraufhin zunächst das Anrecht an die Pilger Wein auszuschenken zu dürfen und entwickelten daraus im Laufe der Zeit eine ertragreiche Gaststätte. Da der Sakralbau in Hinblick auf den massiven Andrang schnell zu klein wurde, wurde die Kapelle 1770 im Rokokostil neu errichtet. Dieser Bau stammt von Konstantin John von Walther zu Pfeilsberg, welcher auch für den Umbau der Innsbrucker Hofburg bekannt war. Im Zuge dieses Umbaus wurden dem Anschein nach auch die Heiligenfiguren ersetzt.
Im 18. Jahrhundert verschwindet das Phänomen des Prestigesitzes langsam. Faktoren dafür waren einerseits die militärische und politische Bedeutungslosigkeit, welche die Anwesen mittlerweile hatten. Aber andererseits auch die Tatsache, dass ein Burgherr oft mehrere Burgen oder Schlösser besaß, aber letztendlich nur auf einem Anwesen lebte und somit die anderen oftmals dem Verfall überlassen wurden. Das Schloss Mentlberg wurde allerdings nicht dem Verfall preisgegeben, da es durch die kleine Wallfahrtsstätte noch eine weitere Bedeutung hatte. Dennoch stand das Schloss in dieser Phase zwischenzeitlich 20 Jahre lang leer.
Im 19ten Jahrhundert wurden Ruinen vielfach veräußert, oftmals an wohlhabende Bauernfamilien aus der Umgebung. Ende des 19ten Jahrhunderts, begann dann die Welle der Romantisierung alter Adelssitze. So war das Erwerben einer Ruine wieder an eine Form des Prestiges gebunden. Das Traf auch auf Schloss Mentlberg zu. 1884 wurde das Schloss in ein Wellnesshotel umgebaut und 1890 im Stile der französischen Renaissance umgebaut. Seit dem gleicht es optisch einem Loire-Schloss – zuvor war die Fassade im gotischen Stil gehalten. In der Zeit der Weltkriege gelangte das Schloss in staatlichen Besitz und wird sei dem für verschiedenste Zwecke genutzt.
Das Schloss heute
Das Schloss besteht aus einem viergeschossigen rechteckigen Wohntrakt, der rückseitig mit zwei und vorderseitig mit einem Turm geziert ist. Der vordere Turm hat ein hohes pyramidenförmiges Dach, welches von vier kleinen Türmen gesäumt ist. Diese Optik stammt aus dem letzten Schlossumbau im Jahre 1905. Dass es sich um eine rein kosmetische Bauveränderung handelte, erkennt man zum einen an dem pompösen Dach, dass dem Turm auf der Vorderseite aufgesetzt wurde. Dieses Pyramidenförmige Dach soll in seiner äußeren Form an ein Zelt erinnern und dient alleine dem Gebäudeschmuck. Auf der Rückseite des Schlosses befinden sich im Grunde genommen keine Zierelemente, da diese Seite von weither nicht zu sehen war. Die Architektur des letzten Umbaus zielte also rein auf einen äußeren Eindruck hin.
Leider kann man die Räume nicht besichtigen. Es ist eine Unterkunft für Menschen, die auf eine Antwort auf ihren Asylantrag warten. Bei unserem Besuch haben wir und ein wenig mit den Menschen, die dort leben, unterhalten. Es sind sehr freundliche Menschen, ich denke kurz darüber nach, zu Fragen, ob ich evtl. einmal in das Schloss dürfte. Aber ich möchte ihre Privatsphäre nicht für einen Blogartikel stören.
Und ich denke: Es ist eine interessante Idee, Flüchtlinge zunächst in so einem alten Schloss unterzubringen. Den einerseits ist es etwas Besonderes, wenn man an so einem historischen Ort leben darf und ein Ansporn sich in dem neuen Leben in der fremden Kultur zurechtzufinden. Es ist eine nette Art Menschen willkommen zu heißen, zumal das Gebäude auch zeitweise ein Luxushotel gewesen ist. Zum anderen bietet ein Kulturdenkmal einen doppelten Schutzraum. Den ewig-gestrige Pyromanen und andere rechte Spinner, von denen es in den letzten Jahren viel zu viele gibt, müssten ein Denkmal der hochgelobten europäischen Kultur beschädigen, sollten sie versuchen, die Flüchtlinge zu attackieren. Damit würden sie sich in jeder Hinsicht nur selber Schaden. Außerdem zerfallen ungenutzte Gebäude schneller und so helfen die Flüchtlinge aktiv beim Denkmalschutz.
Die Kapelle neben dem Schloss, welche lange Zeit eine Wallfahrtsstätte gewesen ist, ist geschlossen. Schade. Offiziell hat die Kapelle immer offen und es ist möglich sich die Kunstfertigkeit und das Rokoko Gebäude anzusehen – aber die Tür ist einfach verammelt gewesen als wir da waren. Auch wenn ich mir weder das Schloss noch die Kapelle ansehen konnte, hat sich dieser Ausflug gelohnt. Ich hatte nicht nur einen schönen Ausflug mit Freunden und nette Menschen kennengelernt, sondern vorallem hatten wir diesen einzigartigen Ausblick auf Innsbruck.
Literatur:
Felmayer, Die profanen Kunstdenkmäler der Stadt Innsbruck außerhalb der Altstadt. Österreichische Kunsttopografie Band XLV, Wien 1981.
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=726
https://www.pfarre-mariaamgestade-ibk.at/home/geschichte-der-kapelle-maria-auf-der-gallwies/
Ich kannte das Schloss bisher gar nicht, schade! Denn es sieht wirklich toll aus und auch der Ausblick ist total schön 🙂
Liebe Grüße
Carry
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Wissen Sie auch, dass die jüngste Schwester von Kaiserin Sisi, die Herzogin Sophie von Alencon hier auch noch gewohnt hat in den 80-ger Jahren des 19. Jahrhunderts?
Nein, dass wusste ich nicht!? Wo kann ich das nachlesen?
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