Manchmal ist es wie verhext. Ich finde einen tollen Ort für euch. Aber, wenn ich nachher zu Hause sitze, kommt bei der Recherche einfach nichts rum. So ist es bei einer verdammt großen Kirche in Neapoli auf Kreta. Tatsächlich gibt es Erwähnungen in Reiseführern. Denn dieser eindrucksvolle Bau ist durchaus sehenswert. Aber mal wurde er laut Literatur im 19. Jahrhundert errichtet, dann im 20., die Reiseführer widersprechen sich. Und wie Reiseführer so sind, wirklich tief ins Detail der Geschichte gehen sie nicht. Und andere Literatur = Fehlanzeige. Für mich heißt das: bevor ich euch irgend einen Quatsch erzähle, bleibe ich lieber bei dem, was ich wirklich erzählen kann.
Dabei hat alles so gut begonnen. Ich wurde selten so herzlich in einer Kirche empfangen wie in der Megali Panagia in Neapoli. Und deswegen möchte ich euch, wenn auch mit wenigen Informationen davon erzählen. Ich war kaum durch die Tür gekommen, und begann mich ein wenig umzusehen, da wurde ich auch schon entdeckt. Ein sehr junger Mann, vermutlich gerade einmal 15 Jahre alt, kam direkt auf mich zu. Er gab mir die Hand und freute sich total, dass er eine Besucherin empfangen durfte. Dieser Junge war einfach restlos begeistert – vor allem von seiner Kirche. Mit leuchtenden Augen führte er mich herum.
Das Problem war, er konnte fast kein Englisch und ich kein Griechisch. Es ging so mit Händen und Füßen. Ich erzählte ihm, dass ich einen Blog über Geschichte schreibe. Nach etwas Mühe hatte er es dann verstanden und wollte, dass ich jeden Winkel von seiner tollen Kirche fotografiere. Er erklärte mir dabei wirklich alles, beantwortete alle Fragen und ich verstand im Grunde fast nichts. Aber dieser Junge war einfach unfassbar nett. Leider sind fast alle Fotos verwackelt, sodass ich euch nur einige zeigen kann. Zu der Dunkelheit der Kirche kam in diesem Falle ein weiterer Faktor: Ein 15-jähriger Junge, der an meinem Arm zog, nur um mir die nächste tolle Ecke von seinem Lieblingsort zu zeigen.
Am wichtigsten war ihm, dass ich die Reliquien fotografiere. Etwas worauf diese Gemeinde sehr stolz ist. Er schien fast ein bisschen mitleidig mit mir zu sein, dass ich ja aus einer anderen Ecke der Welt stamme und ich diese tollen Reliquien nicht täglich sehen dürfe. Da ich selber nie religiös gelebt habe, weiß ich nicht wie sich das für jemanden anfühlt eine Religion zu leben. Aber für diesen 15-jährigen Jungen waren diese Reliquien etwas ganz besonderes. Etwas was in seinem Herzen einen wichtigen Platz hat. Einen Platz den er mit sehr viel Liebe füllt. Das konnte ich in seinen Augen sehen. Und ich finde, auch wenn ich das nicht nachvollziehen kann, dass sollte man respektieren. Und ganz ehrlich, ich finde es auch schön, dass er das mit mir geteilt hat.
Und auch, wenn wir beide ganz verschiedene Menschen aus ganz verschiedenen Welten sind. Das war ein wunderschöner Moment, in dem wir uns gegenseitig mit sehr viel Freude und Begeisterung bereichern konnten. Und das in unserer Verschiedenheit. Einer der Momente auf meinen Reisen, die ich niemals missen möchte. Ganz klar: wenn man sich mit Freude im Herzen begegnet, dann wird die Welt dadurch ein schönerer Ort. Und wer einmal in Neapoli auf Kreta ist, besucht ruhig diese riesige Kirche. Ihr seid herzlich willkommen!
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