Im östlichen Süden Afrikas auf einem Plateau in 1.140 m Höhe steht Simbabwe (übersetzt: Häuser aus Stein). Ein Fundplatz der Kultur der Shona, aus der späten afrikanischen Eisenzeit. Schon vor Simbabwe gibt es Siedlungen der Shona. Bereits aus der Zeit zwischen 200 und 1.000 n. Chr. zeigen Ausgrabungen Orte, welche in der architektonischen Entwicklung aufeinander aufbauen. Ab 700 n. Chr. gibt es die ersten Spuren von einem afrikanischen Überseehandel über den Indischen Ozean und ab 1.000 gibt es dann Händlersiedlungen. Vermutlich wird Handel mit Gold und Elfenbein getrieben.
Dann werden diese frühen Hauptorte nach Simbabwe verlegt. Anscheinend, weil der neue Ort, mit einer Anbindung an einen Fluss, praktischer war.
Die Entstehung von Groß Simbabwe
Simbabwe entsteht im 11. Jahrhundert. 14-C Analysen vom Bauholz der Stadtruine können dies belegen. Die Erbauer versuchen die bisherige Bauweise aus Holz und Lehm in Stein nachzuahmen. Dadurch entsteht eine signifikante Architektur. Dabei hat die Stadt keinen zentralen Bauplan. Zu jeder Zeit, in der Simbabwe bewohnt ist, bauen die Leute hier an und um. Es entsteht ein historisches Durch- und Nebeneinander, wie wir es auch in jeder europäischen Stadt kennen.
Im 12. Jahrhundert beginnt der Handel dann so richtig zu florieren. Ausgrabungen zeigen ein weitreichendes Fundspektrum, welches viele Kontakte belegt. Von Glasperlen bis zu chinesischem Porzellan oder persischen Schüsseln – Simbabwe ist Mittelpunkt des Handelsnetzes der Shona-Kultur. Es gibt zwar eine ganze Reihe solcher Städte in Südostafrika, aber Simbabwe ist von den bekannten Orten mit Abstand der Größte. Das liegt vermutlich daran, dass hier mit Gold gehandelt wird. In der direkten Umgebung lässt sich Gold aus Flusswasser waschen und damit handeln. Dabei verfügt Groß Simbabwe durch den Fluss Mutirikwi gleichzeitig über die schnellste Verbindung zwischen dem afrikanischen Inland und dem Indischen Ozean. Möglicherweise haben die Herrscher*innen Groß Simbabwes also den mittelalterlichen Goldhandel kontrolliert.Groß Simbabwe, die Hauptstadt des Munhumutapa-Reiches
Es entsteht eine Blütezeit mit bis zu 17.000 Einwohner*innen. Simbabwe ist damit auf Augenhöhe mit dem mittelalterlichen London. Auch die Architektur des Orts erinnert teils an europäische Orte. So ist die Stadt wie eine Akropolis angelegt. Die Hauptstadt des Munhumutapa-Reiches verfügt über weite Baustrukturen, die aus Granitquadern bestehen, welche ohne Mörtel aufeinander gesetzt sind. Befestigungsanlagen, auf einer 80 Meter hohen Erhöhung, machen dabei die umliegende Region einsehbar und damit auch sicher. Zudem bietet eine fast 11 m hohe Außenmauer Schutz. In der Umfriedung stehen Daga-Häuser. Eine afrikanische Bauweise – runde Hüten aus Holz und Lehm.
Architektonisch sind 3 Bauphasen zu erkennen. Der Beginn der Besiedlung, dann eine technische Weiterentwicklung. Die letzte Phase wirkt, als hätte man immer wieder versucht, die alten Baustrukturen neu zusammen zu Flicken. Besonders ist eine Struktur; sie heißt “The great Enclousure”. Eine elliptische Mauereinfassung mit 250 m Länge, 10 m Höhe und einem großen Turm. Die Mauer verläuft teils doppelt, sodass ein enger, 55 m langer Gang entsteht. Einheimische nennen diesen Bau Imbahuru, das heißt übersetzt: Haus der großen Frau. Die Bedeutung dieses Bauwerks ist unklar. Einige Annahmen sagen, dies sei ein Palast, Andere verweisen auf Ritzungen, die Geschlechtsteile symbolisieren sollen und nehmen an, es sei ein Ritualplatz.Simbabwe wird zum archäologischen Fundplatz
Bis zum 15. Jahrhundert ist Simbabwe bewohnt. Dann verliert sich die wirtschaftliche Bedeutung. Das Gold im Fluss verschwindet nach und nach und Umweltanalysen sprechen für eine Dürreperiode – mögliche Ursache dafür: Landübernutzung. Dennoch sind die Gründe des Niedergangs Simbabwes unklar. Aber es ist zu beobachten, im 17. Jahrhundert lebt niemand mehr in der ehemaligen Stadt. Das größte Problem bei der Erforschung ist jedoch – In der Forschungsgeschichte haben Archäologen und Kolonisten die Geschichte des Ortes politisch motiviert verzerrt: Zunächst vermuteten die Europäer im 19. Jahrhundert hier die salomonischen Goldminen. Dabei zerstörten sie Teile der Denkmalstruktur.
1871 Betrachtet der Forschungsreisende Karl Gottlieb Mauch die Ruinenstadt. Sein Urteil steht schnell fest. Das Mauerwerk wäre sehr kunstfertig, deswegen konnte es kein Werk der Afrikaner sein. Er nahm eine Holzprobe und beschloss am Geruch, es sei Zedernholz aus dem Libanon. Von daher war es eine Siedlung von phönizischen Siedlern und nicht von Schwarzen. In der Folge wurden weitgehende Befugnisse von den englischen Kolonialherren vergeben, die afrikanischen Denkmäler zu plündern, die ja ohnehin eine angeblich weiße Geschichte hätten. Wertvolle archäologische Spuren wurden so zerstört.
Groß Simbabwe und eine indoktrinierte Forschungsgeschichte
Die ersten archäologischen Untersuchungen werden von James Theodore Bent durchgeführt. Dieser dokumentiert die Stratigrafien nicht, was eine absolute Katastrophe für die Betrachtung von Kontexten und Datierungen ist. Zudem wirft er Handelsgüter aus dem arabischen Raum, die hier gefunden wurden, weg, weil er sie für unwichtig hält. Am Ende hat seine Ausgrabung nur die Funktion, die bisherige Annahme, dass Schwarze Menschen dies nicht gebaut haben können, zu bestätigen. Der Kontinent gilt als geschichtslos und primitiv. Das soll so bestätigt werden. Anders gesagt: Solche Bauten dürfen in einer kolonialen Vorstellung gar nicht sein. 1929 Untersucht dann Getrude Caton-Thomsen die Ruinen von Groß Simbabwe. Sie und ihre Exkursion kommen dabei eindeutig zu dem Ergebnis, dass der Ort von einheimischen Afrikanern errichtet wurde.
Doch es gibt gleich zwei ideologische Gründe, warum diese wissenschaftlich korrekte Arbeit nicht anerkannt wird. 1. Die Ausgrabung ist die erste archäologische Untersuchung der Forschungsgeschichte, welche ausschließlich von Frauen durchgeführt wird. Und 2. widersprach das Ergebnis dem Bild, dass die Kolonialherren gerne gehabt hätten. Bis 1980, also bis zur Unabhängigkeit Simbabwes, werden alle Informationen unter Verschluss gehalten, welche belegen, dass Groß Simbabwe von einer eigenständigen afrikanischen Kultur errichtet und bewohnt wurde. Dabei ist dies Entwicklungsgeschichtlich anhand der Architektur, im Verglich mit den Vorgängersiedlungen und den Nachfolgesiedlungen ein sehr offensichtlicher Fakt. Doch die Idee, schon immer hätten weiße den Schwarzen gezeigt, wie man zu leben hat, ist weiter Legitimation für die Apartheid. Deswegen werden Forschungsarbeiten, die etwas anders behaupten zensiert und standhafte Archäolog*innen aus dem Land Rhodesien ausgewiesen.Die Freiheitskämpfer*innen, welche die Kolonialherren in Rhodesien bekämpfen, halten ihre Treffen in den Ruinen Simbabwes ab. Ihr Symbol dafür, dass es sehr wohl eine eigene schwarzafrikanische Geschichte gibt. Etwas, was Schwarzen Menschen abgesprochen wird. Als das Land dann tatsächlich die Unabhängigkeit erlangt, wird es nach diesem Fundplatz, also dem Unumstößlichen Beweis, dass Schwarze Menschen großes leisten können und nicht primitiv sind, benannt. Simbabwe ist deswegen heute das weltweit einzige Land, das den Namen einer archäologischen Fundstätte trägt. Seit 1986 ist diese Fundstätte UNESCO-Weltkulturerbe. Es wird seit dem daran gearbeitet, das Kulturerbe in die afrikanische Gesellschaft zurück zu hohlen – die gemachten Fehler richtigzustellen.
Anmerkung:
Dieser Beitrag entstand für den Miss Jones Adventskalender 2020. Aufgrund der Corona-Einschränkungen ein Adventskalender, der zum Träumen an Fremde Orte anregen soll. Eine Vorfreude auf die Zeit nach der Pandemie. Ich stelle hier ausschließlich Orte vor, an denen ich selber noch nicht war, wo ich aber selber gerne einmal hin möchte.
Literatur:
John Iliffe: Geschichte Afrikas, München 1997. (Nur in Auszügen vorliegend)
https://www.swr.de/schaetze-der-welt/geheimnis-der-ruinenstadt-von-simbabwe/-/id=5355190/did=5978470/nid=5355190/336edf/index.html
https://www.spektrum.de/magazin/gross-simbabwe/824859
https://www.arte.tv/de/videos/088510-000-A/gross-simbabwe-die-zensierte-ruinenstadt/
https://whc.unesco.org/en/list/364/