Es Juckt! Es ist kaum auszuhalten. Seit Tagen kratzt sich der alte Mann in Tell Lachisch. Er hat Läuse! Und er wird fast verrückt ob dieser lästigen Tiere. Schließlich hilft ihm seine bereits erwachsene Tochter und schenkt ihm einen Läusekamm aus Elefantenelfenbein – vor 3.700 Jahren eines der wenigen Mittel, das wirklich gegen
die Plagegeister hilft. Sie hat extra noch den Satz: “Möge dieser Stoßzahn die Haar- und Bartläuse ausrotten.” in den Kamm geritzt. Und der alte Mann nutzt dieses Geschenk. Er verschafft sich Erleichterung. Er kämmt sich die Läuse heraus, bis der Kamm keine Zinken mehr hat. Eine wohltuende Erleichterung – aber woher wissen wir das eigentlich?
Ein 3.700 Jahre alter Läusekamm
Tatsächlich wissen wir nicht, ob dieser Kamm jemals ein Geschenk war und ob es ein alter Mann war, der sich damit kämmte, diesen Teil der Geschichte habe ich mir ausgedacht. Aber den Kamm mit der Beschriftung, den hat man wirklich in Tell Lachisch gefunden. Man kann deutlich sehen, dass er so sehr benutzt wurde, dass all seine Zinken dadurch abgebrochen sind – und nicht nur die Inschrift deutet darauf hin, dass hier jemand ein Läuseproblem hatte. Man hat sogar noch Reste einer toten Laus gefunden, die an dem Kamm klebten – und mit deren DNA man sicher feststellen
konnte, dass es sich wirklich um eine Laus handelte. Der Befund ist also eindeutig. Der Kamm selbst ist 3,5 cm lang und 2,5 cm breit. Auf der einen Seite hatte der Kamm 6 auf der andern 14 Zinken. Er hatte also eine grobe und eine feine Seite und funktioniert damit so wie Läusekämme auch heute noch genutzt werden. Dieser Kamm besteht aus Elefantenstoßzahn. Das ist in der Region etwas besonders, denn Elefanten gab es hier, im heutigen Israel, natürlich nicht. Aber es gab sie vor 3.700 Jahren in Ägypten. Deswegen könnte es sich um ein Importgut handeln. Aber: Die Datierung ist nicht ganz gesichert.
Woher weiß man, wie alt der Läusekamm aus Lachisch ist?
Der Kamm wurde in einem Zusammenhang entdeckt, den man als Abfallgrube interpretiert. Die Keramikscherben, welche man in dieser Abfallgrube entdeckte, sind aber nur 2.600 – 2.700 Jahre alt. Man hat den Kamm aber 1.000 Jahre älter eingeschätzt, da die Stilistik der Schriftzeichen, die in den Kamm geritzt sind, auf dieses Alter geschätzt wird. Die Vermutung ist, dass man vor ca. 2.500 Jahren, nach einem
Angriff durch die Babylonier aufgeräumt hat. Bei diesen Aufräumarbeiten hat man eine Müllgrube gegraben, um alles Kaputte zu entsorgen und hat dafür aus Versehen an einer Stelle ein Loch gegraben, wo schon 1.000 Jahre zuvor einmal ein Loch für die Müllentsorgung gemacht wurde, das lange vergessen war. Als man nun den neuen Müll vergraben hat, ist er dabei mit dem 1.000 Jahre älteren Müll vermischt worden.
Die Schriftzeichen der Kanaaniter und ihr Fluch gegen Läuse
Den Satz “Möge dieser Stoßzahn die Haar- und Bartläuse ausrotten.” Den kann man als Wunsch verstehen, aber z.B. auch als eine Art Zauberspruch, eine magische Wahrnehmung. Als letzteres wurde der Satz in den Medien in den letzten Wochen einige Male vorgestellt. Tatsächlich kann dies aber auch eine Widmung sein. Doch es ist verdammt eindeutig, was der Zweck des Läusekamms ist. Die Schriftzeichen an sich sind der Kultur der Kanaaniter zuzuordnen. Es handelt sich auf diesem Kamm um 17 Schriftzeichen – Piktogramme, welche in ihrer Funktion vmtl. von den ägyptischen Hieroglyphen inspiriert wurden. Das Besondere ist: Bislang kannte man von diesen
frühen Schriftzeichen nur einzelne Worte oder Zeichen und keine ganzen Sätze. Deswegen hat es auch gedauert diese Schriftzeichen zu übersetzen und einzuordnen – der Fund stammt nämlich bereits aus dem Jahre 2016, die Übersetzung wurde erst kürzlich veröffentlicht. Der Fund ist also im Grunde nicht nur deswegen interessant, dass wir uns auch heute noch vorstellen können, wie nervtötend Läuse sind – sondern aufgrund des Einblickes in die Entwicklungsgeschichte der Schrift der Kanaaniter.
Literatur:
Link zum Paper im Jerusalem Journal of Archeology