Der Schrein von Gournia

Es ist 3.342 Jahre vor heute. Die Bronzezeit. Eine ganze Familie ist am höchsten Punkt des Orts versammelt. Sie bringen Opfergaben dar, an einem Schrein in der Hoffnung, dass ihre Bitten auf guten Fang beim Fischen und auf eine gute Ernte erhört werden. Eine Tante ist altersschwach, sie sitzt auf einer Bank, während ihre Nichten und Neffen die Zeremonie durchführen. Die Familie lebt in einem Ort, den wir heute Gournia

Aufnahme von der Spitze eines Hügels nach unten Dicht an liegt stehen hier die Ruinen des Bronzezeitlichen Gournia

Heute hat man Vom Schrei von Gournia aus eine wunderbare Übersicht über die gesamte ihm zu Füssen liegende Siedlung

nennen. Ihre Kultur wird heute als Minoer bezeichnet. Sie ahnen nicht, dass eines Tages ein Tsunami kommen wird, der ihren gesamten Ort hinwegfegen wird. Doch mehr als 3.000 Jahre später wird die Archäologin Harriet Boyd ihren Heimatort wieder entdecken. Und damit auch den Schrein, an dem sich eine solche Szene möglicherweise abgespielt hat. Heute geht es also um:

Den Schein von Gournia

In der Minoischen Siedlung Gournia im Osten von Kreta offenbart sich das alltägliche Leben der Minoer. Der Fundplatz zeigt das durchschnittliche Leben der Menschen in der ägäischen Bronzezeit. Dazu gehört auch, dass es ein religiöses Zentrum in dem kleinen Ort an der Mittelmeerküste gibt. Ein Schrein. Er wurde an der höchsten Stelle des Hafenstädtchens errichtet, das sich um einen kleinen Hügel kuschelt. Das religiöse

Eine gepflasterter Fusweg fürht durch die Ruienen von Gournia. Links der Strasse befindet sich im Hintergunnd eine Offenbar aufgeschüttete mit Mauern gestütze Terrasse.

Terrassierung für den Schrein von Gournia von weitem

Gebäude ist dabei deutlich an der Bauweise zu erkennen, er sticht aus der Architektur des Ortes hervor. Und das nicht nur, weil es am höchsten Platz des Ortes steht. Wenn man von unten, also vom Mittelmeer kommend, auf diese Stelle zuläuft, fällt auf, dass der Standort architektonisch künstlich erhöht wurde. Eine Terrasse wurde dafür aufgeschüttet und mit Steinen abgestützt. Dass es so eine Baustruktur gibt, ist in dieser Siedlung ungewöhnlich. Es führt dazu, dass der Schrein in einer Art Miniaturformat einer Akropolis, über dem Ort steht.

Wie sah es aus als der Heilige Ort genutzt wurde?

Zu dem religiösen Bau gelangte man, über eine Treppe, die östlich an der Terrassierung, entlang führt. Es hat sich in dem Schrein bis heute eine Bank erhalten, die auf das 14. Jahrhundert v. Chr. datiert werden konnte. Die Bank ist an das Straßennetz angebunden, das wiederum sehr viel älteren Datums ist. Denn das Straßennetz selbst stammt bereits aus dem 17. Jahrhundert v. Chr. Der Ort wurde, wie

Ein Foto in einer Ruinenstadt aufgenommen. Der Blick folgt eine, Fusweg der in eine steinernde Treppe mündet. Rechts von der Treppe fällt das Gelände un die Ruinen nach unten ab, links ist eine hohe Mauer aus steinen zu sehen.

Die Treppe zum Schrein führt direkt an der Terrasse endlang.

wir es heute auch machen, immer wieder renoviert, neu- und umgebaut und dabei werden bereits vorhandene Bereiche, wie z.B. Straßen lange beibehalten. In diesem Falle bekam das religiöse Zentrum Gournias eine Sitzbank. Sie stammt aus der letzten Periode, bevor der Ort zerstört wurde. Es ist ein typischer Kultort dieser Zeit – ein frei stehendes Heiligtum, an einer zentralen Position des Ortes. Und das in Verbindung mit einer Bank, also der Möglichkeit der Angehörigen der Umgebung am religiösen Unternehmen Teil zuhaben. Und auch wenn ich mir die Familie mit der altersschwachen Tante ausgedacht habe – es wäre möglich gewesen.

Welche Spuren von religiösen Ritualen hat man hier gefunden?

Zu den Funden aus diesem Heiligtum gehören religiöse, kleinfigürliche Darstellungen, die in der Hauptsache aus dieser letzten Phase des Ortes stammen. Figuren in Form von Vögeln, Doppeläxten, Schlangen, Muscheln und weitere Symbole wurden hier geopfert. Zu der minoischen Kultur gehören, ganz typisch, auch Frauenfiguren. Natürlich wurden diese Figuren auch am Schrein von Gournia gefunden. Diese Frauendarstellungen werden auch oft als Göttinnen angesprochen. Bekannt sind sie vor allem von Fundplätzen wie dem Palast von Knossos, aber auch weit außerhalb gab

5 Figuren aus Ton. Es handelt sich um Darstellungen von Menschen die klobige Röcke Tragen. Sie alle halten die Arme gebeut nach Vorne ausgestreckt. Die Gesichter der Figuren sind nicht zu erkennen.

Frauenfiguren aus der Gleichen Zeit vom Fundplatz Hagia Triada. Am Schrein in Gournia wurden Figuren gefunden, die sehr ähnlich sind. Diese Figuren sind ausgestellt im Nationalmuseum in Iraklion.

es sie. Setzt man dies in Bezug damit, dass sich in Griechenland 700 Jahre nach dem Verschwinden der Minoer die uns bekannte griechische Mythologie herausgebildet hat, kann man hier vielleicht eine frühe, lang vergessene, Vorgängerform dieser Religion sehen. Die geopferten Symbole, Schlangen, Muscheln und Doppeläxte sind in der späteren griechischen Geschichte am ehesten mit Athene und die Tierdarstellungen mit Artemis zu verbinden. Muscheln stehen in Zusammenhang mit Aphrodite. Vielleicht sehen wir also in so einem Schrein eine Ursprungsversion von einer oder mehrerer Göttinnen, aus denen sich dann die uns bekannten Göttinnen heraus gebildet haben.

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Literatur:

Mike Prent, Creatan Sancuaries and Cults – Contiuity and Change from late Minaon IIIC to the Archic Period. In: Religions in the Graeco-Roman World 154, Boston 2005.