Der Sound der Kelten

Musikliebhaber*innen haben es schwer mit der Archäologie: Klänge und Geräusche vergangener Tage sind oft für immer verloren. Und doch gibt es Spuren davon, wie die Vergangenheit sich angehört hat. Wie die Songs vergangener Welten geklungen haben – das können wir nicht ausgraben. Aber über die Kelten z.B. lässt sich sagen, dass Musik in ihre Lebenswelt gehörte. Es gibt Funde, bei denen man den Sound vergangener Tage zwar nicht mehr hört, aber ihn immerhin spürt:

Eine vasenartige Graue Keramik mit ingeritzten verzierungen. es ist ein Strichmännchen zu erkennen, das eine Harfe spielt.

Diese Keramik stammt aus dem österreichischen Reichertsdorf (Ausgestellt im Museum in Mauerbach).

In der frühen Eisenzeit gibt es Überlieferungen der besonderen Art. Ritzungen in Keramik zeigen Szenen, auf denen kleine strichmännchenartige Figuren eine Leier spielen. Besonders bekannt sind die Darstellungen auf Keramik, die im ungarischen Sopron gefunden wurden, aber auch dieses Gefäß aus dem niederösterreichischen Reichersdorf ist aussagekräftig. Solche Darstellungen von Musik sind in der Eisenzeit oft genug vertreten, dass man zwei Arten von Saiteninstrumenten unterscheiden kann. Eines der Instrumente ist rechteckig, das ist die sog. Hallstattleier, dass andere hat geschwungene Arme und meist 3 oder 5 Saiten, dieses Instrument wird auch Hallstattphorminx genannt.

Eine Kaligraphie auf einem pergament, sie zeit ein Strichmänchen mit halbrunden Körper. Die hänade halten ein Rechteckieges gebilde in den händen

Digitale Kalligrafieumzeichnung einer Darstellung eines Menschen mit einer rechteckigen Hallstattleier. Die Ritzung wurde in Sopron (Ungarn) auf einer Keramik entdeckt.

Diese Zeichnungen von Menschen die Musik genießen und mutmaßlich teilweise tanzen, stammen aus der Zeit zwischen dem 7. und dem 6. Jahrhundert vor Christus. In dieser Zeit gab es im Alpenraum die Hallstattkultur. Das sind umgangssprachlich die Kelten – wenn man etwas genauer hinsieht, sind es in diesem Falle die frühen östlichen Kelten, von denen wir diese Bilder, die sie beim Musizieren zeigen, gefunden haben. Ihre südlichen Nachbarn im heutigen Italien gehören zur Villanovakultur – das ist wahrscheinlich die Vorgängerkultur der Etrusker. Und sowohl in der großen und diversen Hallstattkultur, als auch in der Villanovakultur gibt es vergleichbare – sehr ähnliche Instrumente. Möglicherweise klang die Musik dieser Instrumente auch ähnlich. Es kann sein das sie sich gegenseitig beeinflusst haben. Denn beide Kulturen sind nicht nur Nachbarn, sie haben ähnlich Wurzeln, und auch andere Objekte des Alltagslebens ähneln sich.

Eine Person sitzt mit einer Lyra auf dem schoß und einem Helm auf einem Stuhl. Digitale Kalligraphie auf Pergament.

Digitale Kalligrafie einer Darstellung von einer Situala aus der benachbarten Villanovkultur. Gefunden in Bolonga

Die gebogene Hallstattphorminx – oder ähnliche Instrumente – kommt in dem gesamten angesprochenen Kulturraum vor. Aber es gibt vmtl. Unterscheide in der Spielart. Die Lyra mit geschwungenen Armen wird in der nördlichen Hallstattregion oft mit einem Menschen gezeigt, der das Instrument im Stehen spielt, und die Saiten dabei zeigen nach oben, wie bei einer Harfe. Aus Bolonga ist im Vergleich z.B. eine villanovakulturzeitliche Darstellung bekannt, in der ein ähnliches Instrument im Sitzen gespielt wird. Außerdem werden die Saiten seitwärts gehalten, also eher wie bei einer Gitarre. Vielleicht handelt es sich um unterschiedliche Instrumente oder unterschiedliche Spielarten, genau erforschen kann man das leider nicht.

Zeochnung der Ritzungen von Reichertddorf auf Pergament

Tanzen die hier dargestellten Menschen zu Musik? Gute Frage! Gezeigt wird hier eine Umzeichung der Ritzungen auf der in Reichertsdorf gefundenen Urne.

Interessant sind diese Szenen aber auch, weil sie uns darüber nachdenken lassen, zu welchem Anlass Musik gemacht wurde. Möglicherweise hat man bei Partys musiziert und getanzt. In einigen Fällen könnte man interpretieren, dass tanzende Menschen gezeigt werden. Und Analysen von Getränkeresten aus Keramiken der Hallstattkultur zeigen: Feiern konnten die Kelten. Auch die Frauenbestattung von Vix mit einem riesigen Krater (eine Art frühzeitliche Bowleschale) spricht dafür. Interessant ist aber auch zu sehen, dass z.B. in Sopron ein Mensch bei der Arbeit gezeigt wird, wahrscheinlich jemand an einem Webstuhl und daneben sitzt jemand mit einer Leier. Vielleicht haben die Kelten also auch Musik bei der Arbeit gehört. Und bei der Ritzverzierung auf der als Urne verwendeten Keramik aus Reichertsdorf fällt auf – Neben der Musik werden tanzende Leute gezeigt, aber auch Jagdszenen und auch der Zusammenhang zwischen Jagt und Musik lässt sich immer wieder beobachten.

Eie umzeichnung auf Papyrus die Drei Personen zeit. Eine person Spinnt eine Oerson ebt, und eine Person spielt auf einer Lyra. Die Figuren sind mit vielen kleinen Kreisen die große dreiecke bilden Dargestllt, es handelt sich um eine Interpretation eienr Keramikkust aus Sopron in Ungarn.

Skizze einer Darstellung, die auf einer Keramik aus dem ungarischen Sopron zu sehen ist. Es wird vermutet, dass sie zwei Personen bei der Arbeit zeigt und eine beim Musizieren.

Wie jetzt Weben, Jagen, Tanzen und Musizieren genau zusammenpassen ist unklar. In meinem Kopf taucht das Bild von einer fetten Party nach getaner Arbeit auf – doch das muss nicht stimmen. Vielleicht war Musik auch etwas Beliebtes oder allgegenwärtiges – das sich aber auch regional ein bisschen voneinander unterschieden hat. Oder aber es gab hier und da immer mal wieder jemanden der anderen eine Freude gemacht hat mit ein bisschen Musik – und kulturell gibt es keine Regelhaftigkeit. Vielleicht hat man das dann dargestellt, weil es schön war. Besonders schade ist aber natürlich, dass die Lieder, die Melodien, der Sound dieser Lebenswelt nicht erhalten ist. Selbst wenn wir die Instrumente nachbauen, können wir uns nie sicher sein, ob wir die richtige Größe oder den richtigen Klag nachgebaut haben. Aber eines zeigen uns diese Bilder: Wenn wir uns die Lebenswelt der Kelten vorstellen, dann gehören die Klänge der Lyren dazu.

Eine Szene der Bronzesitula Bolonga Certosa. Das Relief zeit zwei Männer die sich auf einer Bank eggenüber sitzen, der Mann zur rechten spiel Panflöte, der zur linken spielt eine Leier. Beide Männert tragen riesiege Sonnenhüte.

Und zum Abschluss zwei Personen, die einfach zusammen chillen und Musik machen, abgebildet auf einer Bronzesitula (6. Jahrhundert v. Chr) aus Bolonga (Foto: Timedriver).

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Literatur:

Lochner, Michaela: SITULARIA – Klänge aus der Hallstattzeit, 2011.

Rebay-Sailsbury, Kathrina: Menschenbilder und Identitäten in der frühen Eisenzeit Mitteleuropas: die Bedeutung von Material und Technologie bei der Weitergabe von Wissensinhalten. In: Technologieentwicklung und transfer in der Hallstatt- und Latènezeit. Sonderdruck aus: Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 65

Trebsche, Peter: Die hallstattzeitlichen Jagddarstellungen der Kalenderberggruppe – zu einem Altfund von  Rauheneck bei Baden (Niederösterreich), Ann. Naturhist. Mus. Wien, Serie A 120, 2017.