Ein Steampunk Ausflug

Im vergangenen Sommer war ich für eigene Zeit in Hagen in Westfalen. Unter anderem um dort die Blätterhöhle für einen Podcast zu besuchen. Oder auch das Archäologische Museum. Tatsächlich hat es mir in Hagen relativ gut gefallen, allerdings habe ich dort auch in kürzester Zeit die Perlen der Kulturgeschichte inhalieren dürfen was das ganze natürlich zu einer besonders schönen Zeit machte. Der Geschichtsverein der Stadt hat mir dafür die Auslagen erstattet. Alles in allem ein Toller weg, wie ich für euch berichten kann. Und in diesem Sinne, habe ich mich dann auch noch dazu entschlossen mir das Freilichtmuseum in Hagen anzusehen, was ich ursprünglich gar nicht geplant hatte. “Wenn ich schon mal da bin, dann nehme ich das doch gleich mal mit”, war mein Gedanke. Auf meinem Weg in das Museum wurde mir schnell klar. Irgendwas passiert hier. Denn die Öffis waren vollgestopft mit Leuten in wirklich tollen Kostümen.

Der Blick auf das Museumspublikum Verrät: Irgendwas ist anders!

Der Blick auf das Museumspublikum verrät: Irgendwas ist anders!

Angekommen in dem Freilichtmuseum musste ich feststellen, ein Streampunkfest wurde zufälligerweise an diesem Tag in dem Museum veranstaltet. Und ich kann eines sagen: Es war wirklich wunderschön. Aber was ist Steampunk eigentlich? Kurz erklärt, mit Musik hat es nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um Menschen die Inspiriert von Romanen, wie beispielsweise von Jules Verne “20.000 Meilen unter dem Meer” Objekte und auch Kleidung gestalten. Es geht also um Science-Fiktion- Vorstellungen aus der Zeit der Industrialisierung. Auf so einem Festival zeigen Stampunkfreunde sich also in phantasievollen Kostümen, die oft inspiriert sind vom viktorianischen Zeitalter, die aber mit zusätzlichen Elementen verziert sind. Zum Beispiel Zahnräder, antiquierte Fliegerbrillen, Uhrwerke, Ziffernblätter usw. Alles in allem, extrem kreative Menschen, die ihre Phantasie nutzen, um Gegenstände zu gestalten, die einem gewissen Stil entsprechen, der sich in einem gewissen Sinne an die Geschichte anlehnt. Eine Subkultur bestehend aus Menschen, die diesen Stil einfach mögen.

Eine Frau vor einem Hintergrund mit einem Ziffernblatt neben einem Heisluftballon, die Frau trägt einen Hut und eine Fliegerbrille, um den Hals hat sie eine Kette mit einer Glühbirne. Mit roten Handschuhen hält sie einen Kasten aus Holz, an dem eine Lampe leuchtet. Sie hat blondes Haar und trägt eine braune Ledercorsage und einen roten Seidenrock.

Ein Beispiel für Steampunk (Bild: Enrique Meseguer)

Eine wunderbare Idee ein Steampunkfest in einem Freilichtmuseum für Technik und Handwerksgeschichte der letzten 200 Jahre zu veranstalten. Einen besseren Ort für so ein Treffen kann es kaum geben. Ich habe es sehr genossen mir all die kreativen Ideen anzusehen und mich an zahlreichen Ständen auch selber mit einigen sehr hübschen Objekten der Kategorie Modeschmuck eingedeckt. Die Menschen waren sehr freundlich und genossen es ein Platz zu haben, um sich ausdrücken zu können. Und ich denke, dass das wichtig ist, das verschiedenste kreative Gruppen einen Platz haben. Doch dann, passierte etwas, dass Zweifel in mir weckte. Denn nicht nur Menschen in Kostümen waren vor Ort, sondern auch Besucher, die sich das Festival einfach ansehen wollten. Es kam mir zeitweilig vor, als ob die kreativen dadurch zu Zootieren wurden. Zufälligerweise stand ich in der Nähe von einer Gruppe Omas, die erstaunt blickten. Ein Mädchen im Sailormoonkostüm hüpfte gerade an uns vorbei und eine der Oma sagte:

Pergament mit einem Kompass und einer Weltkarte im Hintergrund. Es ist Beschriftet mit dem Satz; "Hach, ist das alles Schön! Die haben sich alle so eine Mühe gegeben mit ihren Kostümen, und stellt euch mal vor, früher haben alle Menschen so ausgesehen, es gab mal eine Zeit in der das alles wirklich so war!"

Kaum hatte die gute Dame den Satz beendet, brauste eine bis zum Haaransatz tätowierte Frau mit Zylinder und Fliegerbrille auf dem Kopf, in einem Minirock und wehendem Samtspitzenmantel auf einem Segway an uns vorbei. Die fahrende Sackkarre, war über und über mit Zahnrädern und anderem dekoriert und technisch so umgebaut, dass je schneller das Ding fuhr, umso lauter spielte es gleichzeitig Rammstein ab. Ich konnte dementsprechend nicht mehr hören was die Omas sagten. In der geräuschvollen Unterbrechung konnte ich auch meinen kleinen Lachanfall gut verbergen. Denn nein, es gab keine Vergangenheit, in der die Menschen jeden Tag so aussahen. Aber: So toll so ein Steampunkfest ist, wenn Menschen danach wirklich Denken, dass es vor 100 oder 200 Jahren wirklich so aussah, dann ist das für mich als Kulturhistorikerin ein tatsächliches Problem. Klar, ich selber Gestalte meine eigene Homepage in einem pseudo-historisierenden Stil. Seit dem überlege ich aber, ob das überhaupt richtig ist. Und ob Museen wirklich so ein toller Ort für solche Feste sind? Mich interessiert, wie ihr darüber denkt? Lasst mir doch einen Kommentar da, ich würde mich freuen.