Es ist mehr als 2500 Jahre her, als in Norditalien die Webstühle klapperten, und die Frauen das Einkommen der Familie aufbesserten. Sie erzeugten einige der schönsten und besten Textilien, die die Archäologie heute aus der Eisenzeit kennt. Edle, kostbare Stoffe, für deren Herstellung es viel Übung und Geschick braucht. Doch woher weiß man das?
Auf einem Brandgräberfeld in Italien, in dem die Knochen insoweit verbrannt waren, das die Geschlechter meist nicht mehr feststellbar gewesen sind, wurden in einer ganzen Menge Gräber Objekte zur Herstellung von Textilien gefunden. Aufgrund der Beigaben wurden den Gräbern dann die Geschlechter zugeordnet – eine höchst unsichere Methode, aber in diesem Falle die einzige, die übrig blieb. Teilweise handelte es sich nicht einfach um Werkzeug, das den als Frauengräbern definierten Bestattungen beigelegt wurde, sondern um unbenutzbare Werkzeuge, aus Bernstein oder anderen Luxusmaterialien. Auch einige kostbare, mit Bernstein besetzte Sanguisugafibeln wurden in besonders reich ausgestatteten Gräbern dieser Frauen gefunden. Eine Art Statussymbol dieser Siedlung der eisenzeitlichen Villa Nova Kultur, für die Textilien vmtl. der Hauptwirtschaftszweig gewesen sind.

Das Textilhandwerk war in Verucchio von besonderer Bedeutung. Deswegen finden sich haufenweise Garnrollen in den Gräbern (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Dabei handelt es sich um eine Entwicklung aus dem 7. Jahrhundert v. Chr. Zuvor wurden Textilien in Heimproduktion erstellt, doch dann begannen die Weberinnen von Verucchio damit Luxustextilien zu produzieren. Erzeugnisse dieser eisenzeitlichen Webkunst wurden in den örtlichen Gräbern ebenfalls gefunden. Es handelt sich um Beispiele der spektakulärsten Webkünste dieser Zeit in ganz Europa. Besonders bemerkenswert, die begabten Handwerkerinnen an den Webstühlen haben etwas Neues entwickelt: Es gab hier eine Vorform der Toga, die Tebena, oder anders gesagt, die älteste Toga der Welt wurde ebenfalls an diesem Fundplatz entdeckt. Und diese Toga hatte eine Brettchenwebkante, die ein filigranes Muster zeigte. Diese Kante war mit den gleichen Kettfäden wie der Togastoff selbst gewebt. Das ist unglaublich aufwändig in der Herstellung und erfordert viel Geschick. Diese Textilien waren also Produkte wirklich talentierter Handwerkerinnen.

Garnrollen aus einem der Gräber. 10 % der Frauengräber in Veruccio waren mit solchen Garnrollen ausgestattet (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Aber woran zeigt sich nun, dass es Frauen gewesen sind, die hier webten? In einem sehr reichen Grab ist ein Thron erhalten, mit eingeschnitzten Bildern. Er zeigt Frauen, die Weben – und zwar an Großen spezialisierten Webstühlen – und deshalb werden die vielen Gräber, die auf dieses Handwerk hindeuteten als Weiblich gelesen. Auffällig viele Garnrollen wurden diesen Gräbern beigegeben, die man eben deshalb als Frauengräber einschätzt. Diese Garnrollen werden dementsprechend auch als Anzeiger einer Identität gedeutet, die innerhalb dieser Kultur von Prestige war. Es war das Werkzeug einer bestatteten Frau, die anscheinend eine geschickte Handwerkerin gewesen ist. Möglich, dass die Garnrollen dadurch auch symbolisch für den Reichtum der Frau stehen, oder auch für das Auskommen, welches sie durch ihr Webtalent gefunden haben. Diese Garnrollen sind sehr schwer, bis zu 50g. Sie bestehen aus Keramik und das hatte auch einen Sinn. Die schweren Garnrollen dienten beim Weben auch als Gewicht. Dieses Gewicht ist sehr hilfreich beim Weben der bereits erwähnten Brettchenwebkante. Es sind also spezialisierte Werkzeuge für die Durchführung einer ganz bestimmten Webtechnik, die aus zwei Webtechniken kombiniert wurde.

Garnrollen aus weiteren Gräbern und ein paar Spinnwirtel aus kostbaren Materialien wie z.B. Bernstein aus dem gleichen Fundkontext (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Frauen, die mit diesen Garnrollen bestattet wurden, waren also Expertinnen. Handwerkerinnen, die nach einer komplexen Methode die ersten Togen angefertigt haben, die es überhaupt gab. Und da ist es auch kein Wunder, dass sie ihre Werkzeuge auf ihren Weg nach dem Tod mitgegeben bekommen haben, oder eben schmuckvolle Nachahmungen aus kostbaren Material. Diese Frauen sorgten in der Eisenzeit für den Reichtum und den Wohlstand des gesamten Ortes, der heute Verucchio heißt. Sie wahren also angesehene Personen.
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Literatur:
Patricia von Eles, Museo Civico Archeologico: Verucchio. Guida alla visita. Collana Guide Mus. Prov. Rimini 7. Verucchio: Museo Civico Archeologico, 1995.
Margarita Gelba: Textile Tools and specaisation in Early Iron Age Female Burials. In: Gender Identities in Italy in the First Millennium BC, 2009.
Die Macht der Toga – Dress Code im Römischen Weltreich, 2013.