In Bamberg am Grünen Markt liegt, ganz zentral im Gewusel der Stadt, eine Kirche, die man heute auf den ersten Blick fast übersieht. Auf den zweiten lohnt sich aber ein Besuch, und das nicht nur, um das Gewusel kurz hinter sich zu lassen. Denn diese Kirche ist durchaus bemerkenswert und hat ihre ganz eigene Geschichte. Ich habe dort leider erlebt, wie Touristen unangenehm aufgefallen sind. Deswegen möchte ich euch bitten – wenn ihr die Kirche besucht und es findet gerade ein Gottesdienst Stadt, nehmt Rücksicht. Ich selbst bin auch keine religiöse Person, aber während des Gottesdienstes nach vorne zu laufen und Leuten ins Gesicht zu fotografieren, das gehört sich nicht. Ihr seid da Gäste. Nun aber zu der Geschichte dieses Gebäudes:
Alles begann mit einem Kloster
Schon im 13. Jahrhundert ist hier ein Karmeliterkloster belegt. Doch unter Fürstbischof von Aschhausen werden 1613 die Jesuiten nach Bamberg berufen und ihnen wird dieses Gelände anvertraut. Diese planen ab 1621 einen Neubau an dieser Stelle, und so muss das alte Kloster weichen für den Bau der Universitätskirche. Vermutlich wäre eine Ausgrabung an dieser Stelle spannend, denn: Der Chor der heutigen Kirche soll an genau der gleichen Stelle stehen, wie der Chor der einstigen Karmeliterkirche. Und solche historischen Hintergründe lassen sich durch Ausgrabungen oft besser verstehen.

So sieht die Kirche heute von innen aus (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Idee eine Universitätskirche steht ganz im Sinne der Bildung, so soll hier nun auch ein Naturkundemuseum geplant werden. 1693 wird es dann ernst und die Neubaupläne werden konkret – nach fast 100 Jahren Diskussion fängt man endlich an zu bauen. Es entsteht eine Kirche aus Sandstein mit 70 Metern Länge und dem höchsten Dach aller Kirchen der Stadt – Das Dach ist 55 m hoch. Die Kirche bekommt den Namen „Zum heiligsten Namen Jesu“. Sie wurde von Georg Dientzenhofer geplant, der aber vier Jahre bevor die Kirche eröffnet werden kann, verstirbt.

Der 55 m hohe Turm der Sandsteinkirche (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Sein Bruder Johann Leonhard baute die Kirche danach weiter und setzt die Idee mit der Sandsteinfassade bis zum Ende um. Erst 1696, weitere drei Jahre später, ist dann der hohe Turm fertiggestellt. Die Fassade ist in Anlehnung an andere barocke Kirchen zweigeschossig gestaltet. Die Kirche ist die einzige vollständige Barockkirche der Stadt. Sie hat nun ihre markante Sandsteinfassade und ist im Inneren in Anlehnung an Andrea Pozzo gestaltet, zu dem ihr auch bald etwas lesen werdet. In diesem Zusammenhang wird in der Kirche eine Scheinkuppel an die Decke gemalt. Das ist eine Malerei, die eine Kuppel durch eine optische Täuschung simuliert.

Die Scheinkuppel sieht aus dieser Perspektive aus, als wäre dort wirklich eine Kuppel (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Bewegt man sich unter der Malerei, merkt man irgendwann, dass diese Kuppel nicht echt ist. Schaut man aber nur unaufmerksam hin, dann wirkt es wirklich, als sei dort eine Kuppel. Und auch wenn man sich die Details der Malerei anschaut, ist es sehr spannend diese Malerei zu beobachten. Denn es ist eine verdammt hohe Kunst der Malerei und bringt einen ernsthaft zum Staunen. Dieses Kuppelfresko wurde 1716 von Giovanni Franceso Marchini angefertigt. Ab 1803 gehört die Kirche dann im Zuge der Säkularisierung plötzlich dem Fürstentum Bayern. Und das entscheidet dann, dass die Universität diese Kirche wiederum aufgeben muss und die Pfarrei St. Martin bekommt hier ihren Sitz – der Grund: Es gibt in Bamberg zu viele Kirchen.

In diesem Blickwinkel seht ihr, dass die Kuppel nicht echt ist (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Deswegen wird die alte Martinskirche aufgegeben. Seit dem wird die Universitätskirche auch Martinskirche genannt. 1981 und in den 2010ern wird die Kirche dann renoviert – kurzzeitig war sie deshalb auch geschlossen, es hatten sich bedenkliche Risse am Deckengewölbe aufgetan. Mittlerweile ist aber alles wieder repariert und heute hat die Gemeinde gut 6.000 Mitglieder. Ihr könnte einfach hineingehen und euch ansehen, was hier steht. Einige der Kunstwerke sollen aus der alten Martinskirche in die Neue gebracht worden sein. Wenn ihr also da seit – viel Spaß beim Rätseln darüber, welche Kunst wohl woher kommt. Vor allem aber: Viel Spaß mit der Scheinkuppel, die wirklich eine gelungene optische Täuschung macht.

Wenn ich mal die Kamera von der Nase genommen hätte, hätte ich bessere Bilder gemacht, in Wien – hier gibt es nämlich die St. Peter Kirche, in der ich erst die vielen interessanten Details bemerkt habe, als ich meine Fotos angesehen habe – wie dieses vermeintliche Ilumnati Zeichen hier (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Abschließend kann ich noch sagen: Dass die Touristen, die sich in der Kirche aufgehalten haben, und diese penetranten Fotos während des Gottesdienstes gemacht haben, überhaupt nicht bemerkt haben, welchen kunsthistorische Schatz über ihren Köpfen schwebt. Deshalb ist mein Tipp generell bei Reisen, die Kamera ab und zu mal weg u packen und den Blick in alle Richtungen zu bewegen, und einfach zu genießen. Damit stört man niemanden, und man findet mehr zum Staunen. Dadurch hat man mehr vom Entdecken, und das Leben bringt noch mehr Spaß.
Literatur:
https://kirche-stmartin-bamberg.de/
https://fv-stmartin-bamberg.kirche-bamberg.de/zur-kirche/geschichtliches
https://www.denkmalschutz.de/denkmal/kath-pfarrkirche-st-martin-bamberg.html
https://www.bayern-lese.de/sehenswuerdigkeiten/kirchen/kirche-st-martin-bamberg/
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