Die Plaza de España – Ex-Kolonialpomp als Touristenmagnet

Auf vielen „must See before you die“ Listen steht sie –  die Plaza de España in Sevilla. Ein Bau im vollen Kolonialpomp. Gelockt von schönen Instabildern wollte ich mir das

natürlich einmal ansehen, als ich in Sevilla war und hier bekommt ihr jetzt meine ehrliche Meinung zu dieser heißgeliebten Instagram Kulisse und eine Einschätzung, ob man das nun wirklich gesehen haben muss, bevor man stirbt. Aber erstmal zu der Frage:

Was ist die Plaza de España überhaupt?

Die Plaza wurde als Veranstaltungsort für die Iberoamerikanische Ausstellung am Parque Maria Luisa gebaut. Zwischen 1924 und 1928 errichtet, sollen auf der Plaza de España die Kolonien Spaniens umarmt werden. Deswegen handelt es sich bei der Plaza um einen halbkreisförmigen Bau, der einen Platz rahmt. Der Halbkreis hat einen

Kachelfläche mit spanischem Wappen bemalt. Drumherum ist ein Goldrand und die blaue Aufschrift "Exposition Ibero Americana"

Natürlich ist auch der Anlass zum Bau der Plaza in Kacheln verewigt.

Durchmesser von 200 m. Dieser Durchmesser ist gefüllt mit einem malerisch angelegten Platz mit einem Wasserlauf. Der 515 m lange Kanal wird mit 4 Brücken in Szene gesetzt. Die riesigen Wasserspiele stehen symbolisch für den langen Weg nach Amerika. Die Architektur ist also ein poetischer Gedanke, der den Kolonialismus pompös verklärt. Überall finden sich Fayencen – oder anders gesagt Kacheln und Elemente aus glasierter Keramik. Diese gehörten in der Bauzeit schon lange zur

Eine Berücke mi Weißblauen Keramikgeländer über dem Kanal

Kunstvoll in Szene Gesetz eine Brücke, mit Fayencen verziert.

spanischen Kultur und damit zu einer Architektur, die den spanischen Nationalstolz zeigen soll. Ich persönlich finde die Geschichte der spanischen, bzw. auch die der portugiesischen Kacheln immer etwas lustig. Deswegen ein kurzer Exkurs, zu einer Geschichte, die ich mal in der Uni gelernt habe:

Kulturelle Aneignung mal ganz kurios: Chinesisch-Europäische Kunst

Fayencen waren zunächst ein Imitat chinesischen Porzellans. Das war extrem teuer und wurde in Europa deswegen nachgemacht, ohne dass man das Rezept für Porzellan kannte. Und auch, ohne dass man wusste, wie es in China wohl aussieht. Es war aber modern, dieses ferne China. Deswegen machte man Kunst, die so aussah, wie man sich chinesische Kunst vorstellte. Die einzige chinesische Kunst, die man kannte, waren aber echte Porzellangegenstände. Die wurden nach Europa

Ein ca 50 cm Hohes Keramikgebilde. Es ist weiß mit blauer Bemalung. Diese Fayence sieht also wirklich wie chinesisches Porzellan aus. Es ist lang und hoch und ist in 6 Teile gegliedert, die alle verschieden geformt ist. Darunter ist ein Sockel und oben ein Knopf am dicksten ist die Mitte.

Auch diese Dekorative Brückenzier ist eine Fayance

gehandelt, denn Europa zeige sich als großer Absatzmarkt für Porzellan. Aber: Weil man in China dachte, man könnte mehr Einkünfte erzielen, wenn das Porzellan dem europäischen Geschmack entspricht, dachte man sich neue Formen aus, die man für europäisch hielt. Die Menschen aus den Porzellanwerkstätten hatten aber noch nie Europäer gesehen und machten deswegen Porzellan, das so aussah, wie sie sich Europa vorstellten. Und dieses Porzellan hielten die Europäer nun also für Asiatisch.

Zwei Blaue Kacheln Auf die eine Fledermaus gemalt ist

Teils kann man auf den Kacheln niedliche Details, wie diese Fledermaus, entdecken.

Auf diese Weise Endstand ein völlig neuer Stil, der weder mit dem Einen, noch mit dem Anderen wirklich etwas zu tun hat. Am Ende dieser Entwicklung gab es u.a. in Andalusien eine Kachelkultur vom bemerkenswerter Kunstfertigkeit. Schaut man den Plaza de España, so findet man diese eindrucksvolle Keramikkunst in Formvollendung. Aber: Hier werden mit Kacheln auch die Kolonien abgebildet, interessanterweise wieder von Künstler*innen gezeichnet, die nie dort waren und sich diese wiederum nur vorstellten, wie es dort ist.

Hinweise für deinen eigenen Plaza de España Ausflug

Wenn du die Instagram Kulisse entdecken willst, dann nehme etwas Zeit mit, falls du noch den umliegenden Park ansehen willst. Je nachdem, ob du viele Selfies und Fotos machen willst, brauchst du hier eine oder mehrere Stunden Zeit, auch weil Leute, die ebenso Selfies machen, dir sicher ins Bild latschen werden. Ich empfehle vor allem die goldene Stunde zum Fotografieren einzuplanen, weil das Gebäude in diesem Licht

Die Plaza Espanga sich vom Balkon auf den Platz. Im Hintergrund fließt der Kanal friedlich durch die Brücken.

Sieht Idyllisch aus, aber achte mal darauf, wie viele Paddelboote gerade gleichzeitig unter der Brücke durch wollen 😉

besonders leuchtet. Wer will, kann sich ein Padddelboot mieten und ein bisschen auf dem Kanal herum schippern und auch davon oder dabei Fotos machen – Der Bootsverleih schließt aber am Abend. Und: ich empfehle feste Schuhe und Packe dein Portemonnaie gut weg, denn ich habe etwas besonders Freches direkt in der Umgebung der Plaza de España erlebt:

Vorsicht Taschendiebe!

Ich habe ja schon einmal berichtet, dass ich in Sevilla so viele blöde Momente erlebt habe, wie bei kaum einer anderen Reise. In diesem Falle hatte ich sogar Glück im Unglück. Ich dachte erst ich wäre einfach nur angepöbelt worden, aber dann ist mir aufgefallen, ich habe aus Versehen Taschendieben das Geschäft verhagelt. Kurz vor der Plaza de España auf dem Weg dahin, war eine Pfütze. Der war Boden nass und

Eine Weiß Blau Gelbe riesige wie ein Pokalgeformte Fayance im Vordergrund, und der Backsteinbau der Plaza Espanga im Hintergrund.

dadurch rutschig. Ich sah in gut 20 m Entfernung, dass eine Frau, sie hatte nur Flipflops an, ausrutschte. Sie fiel hin, ich ging zu ihr und gab ihr die Hand, um ihr hoch zu helfen. Doch sie blieb liegen und brüllte mich an. Schnell war auch ein Mann da, der mich anbrüllte. Und ich ging schließlich, weil ich keinen Bock hatte, angepöbelt zu werden. Später ist mir aufgefallen – im knallheißen Sevilla Wetter machte es überhaupt keinen

Ein Weis-blaues Bueckengeländer im Vordergrund dahinter der Kanal vor dem Halbrunden Backstein Gebäude

Sinn, dass da eine Pfütze war, die Frau war überraschend geübt im Hinfallen. Und der Mann, der plötzlich hinter mir stand, der kam irgendwie aus dem Nichts. Ich vermute, das war ein Taschendiebstahltrick. Aber es hatte sich keiner der offensichtlich solventen anderen Gäste zum Helfen bemüht, sondern nur ich.

Nimm deinen Fotoapparat mit

Neben diesen Widrigkeiten, kann ich nur sagen, ein Ausflug zur Plaza de España lohnt sich eigentlich nur, wenn man einen Fotoapparat mitnimmt. Ansonsten ärgert man sich. Das Gebäude wurde ja als Kulisse für eine Ausstellung gebaut und ist bis heute nur

Ein braun gekacheltes Treppenhaus.

Durch solche Treppenhäuser kann man in das Gebäude gehen. Von oben hat man teils eine schöne Aussicht, Aber innen wird es nicht spannender als der hier gezeigte Anblick.

eine Kulisse. Zwar sind Teile eines Militärmuseums in der Plaza de España untergebracht, überwiegend ist der Halbkreisbau, der die Plaza umgibt, aber ziemlich leer. Man kann hereingehen und steht dann in leeren hohen Räumen, die von innen ohne wirkliche Funktion sind – Außer sie werden bei einer Ausstellung genutzt. Sie haben die Funktion, dass der Bau aussieht wie ein echtes Gebäude. Und das

Blick von Oben in das Treppenhaus. Es hat Hohe Säulen und besteht aus Backstein.

Ein zweiter Blick in ein solches Treppenhaus

funktioniert! Für viele bekannte Filme wurden hier Szenen gedreht. Lawrence von Arabien, oder Star Wars´ Angriff der Klonkrieger. Noch häufiger ist die Plaza de España aber Kulisse für Urlaubs- oder Instafotos. Und genau dazu kann man diesen Ort benutzen.

Mit Kultur ist es hier nicht weither

Der Kolonialpompbau hat nur die Geschichte, eine Kulisse zu sein. Man kann hier, wenn man will, auf vielen Kacheln die einzelnen Kolonien entdecken, aber eine wirklich interessante Geschichte zur Kulturgeschichte findet sich hier nicht. Vielmehr ist das

Der Kanal ist im Fokus. Er hat grünes Wasser. Dahinter erstreckt sich das Rote Backsteingebäude, eine Brücke mit farbenfroher Keramik führt über das Wasser zum Backsteinbau der Plaza Espanga.

Als Filmkulisse ist der Platz durchaus geeignet.

Gebäude so hohl, wie eine Werbung für Kolonialismus nur sein kann. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Bedeutung findet nicht statt. Eigentlich findet gar keine Auseinandersetzung mit irgendetwas statt. Der Ort existiert nur, um die Atmosphäre zu versprühen, die sie versprüht. Die ist zugegeben einzigartig. Überall sind Touristen. Es gibt hier und da Straßenkünstler, Flamenco wird getanzt und gespielt. Eher

Eine Flamencotänzerin, sie Tanzt, hat beide Arme nach Vorne Ausgestreckt dabei. Im Hintergrund klatscht ein Mann, ein zweier Spielt dazu sitzend Gitarre.

Wenn man hier ist, ist man also ganz klar Tourist.

Touristenfolklore als echte Kultur oder Kulturgeschichte. Ich würde diesen Ort dennoch nicht als Nepp bezeichnen, denn der Eintritt ist frei. Und der Ort gibt auch nicht vor etwas anderes zu sein Außer hübsch. Und da stelle ich mir die Frage:

Muss man das wirklich sehen, bevor man stirbt???

Nein! Es gibt andere hübsche Orte, wo man auch tolle Fotos machen kann, die aber nicht gebaut wurden, um den Kolonialismus zu verherrlichen. Für mich war dieser Ausflug wichtig, weil ich natürlich auch in Zukunft mit Kolonialismus auseinandersetzen werde und ich dann z.B. bestimmte Detailfotos im Sinne der Aufklärung verwenden

Haupthaus des Halbkreises tn der Mitte. Ein Backsteinbau zu dem man über zwei symmetrisch angeordnete Brücken gelangen kann.

kann. Aber wirklich relevant ist dieser Platz, glaube ich, nur für Fans ganz bestimmter Filmszenen. Ich würde also nicht empfehlen extra nach Sevilla zu reisen, nur um die Plaza de España zu sehen, es sei denn man ist ein richtig großer Star Wars Fan und will unbedingt mal alle Drehorte gesehen haben oder so.

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2 Gedanken zu „Die Plaza de España – Ex-Kolonialpomp als Touristenmagnet

  1. Es tut mir sehr Leid, dass Du so schlechte Erfahrungen machen musstest, und das auch noch in einer Stadt, die ich sehr mag. Tatsächlich gibt es in Sevilla schönere Orte als die Plaza de España, aber davon magst Du wahrscheinlich jetzt nichts mehr wissen. Sevilla, wo ich oft war, ist zu mir immer sehr gut gewesen. Allerdings habe ich den Vorteil, dass ich nahezu fließend spanisch spreche, im Notfall sogar einen andalusischen Akzent vortäuschen kann und dort aussehe wie jedermanns Tante oder Cousine. Das letzte Mal, das auch schon wieder ein paar Jahre her ist, ist mir aufgefallen, dass die Sevillan@s aber wirklich etwas genervt sind von Tourist*innen. Ich wünsche angenehmere Reisen an Orte, wo Du Dich wohler fühlen und freier bewegen kannst.

  2. Pingback: Archaeology 2024-07-05 – Ingram Braun

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