Und der Nobelpreis geht an die Paläogenetik

Der diesjährige Nobelpreis für Medizin geht an den DNA-Forscher Svante Pääbo. Archäologiefans und vor allem Neandertaler Freunden ist dieser Name lange ein Begriff. Denn Svante Pääbo ist es als erstem Forscher gelungen, die Neandertaler-DNA zu extrahieren. Die Erforschung dieser DNA ist für die Altsteinzeitforschung sehr bedeutend. Ganz neue Maßstäbe konnten durch Svante Pääbo in der letzten Dekade gesetzt werden. Die tollen Ergebnisse erklärt er seit Langem mit seinem ganz eigenen Charme in den Medien. Dabei ist er nie arrogant oder erweckt den Eindruck, es sei ihm alles in den Schoß gefallen. Sympathisch ist, dass er die Mühsal, die echte Forschung macht, immer auch betont.

Der frisch gebackene Nobelpreisträger Svante Pääbo. (Bild: Hull CC BY-SA 4.0).

Besonders eine Geschichte ist mir im Kopf geblieben: Die Probleme bei der Herstellung eines Reinraumes. Dies ist nötig, wenn man eine prähistorische DNA nicht kontaminieren möchte, während man sie extrahiert. Päboo wagte den Versuch Dinosaurier DNA zu extrahieren. Ihm wurden Knochen aus einem Museum zugesandt, aus denen er Proben entnehmen konnte. Doch, die DNA, die er extrahierte, stammte von einem Homo Sapiens. Also wiederhole er alles, mit weiteren Knochen, die ihm zugesandt wurden. Doch das Problem wiederholte sich – Lag es wirklich an seinem Reinraum? Schließlich entschied Pääbo selbst ins Museum zu fahren, um einige Dinoknochen auszusuchen. Er ging mit dem Direktor durch die Knochenbestände. Das Problem – Dinoknochen werden oft lackiert, um sie zu konservieren, lackierte Knochen kann man aber nicht mehr für die Untersuchungen verwenden. Pääbo erkundigte sich nach der Methode, wie man feststellt, ob ein Knochen lackiert ist. Der Direktor ergriff einen der Dinoknochen, leckte ihn ab und sagte: wenn die Zunge leicht kleben bleibt, dann ist der Knochen lackiert. Das Rätsel darum, wie die Homo Sapiens DNA in die Dinoknochen kam, war in dem Moment geklärt.

Das ist Stan – aus dem Nationalmuseum Rio de Janeiro – Niedlich ich weiß – aber bitte nicht ablecken (gut, das wird in Bezug auf Stan auch schwer: hier die Geschichte wie Stan verbrannt ist).

Aus solchen Geschichten lernen wir mehr, als dass man nicht an Knochen lecken soll. Tatsächlich zeigt es, wie Forschung auch durch Forscher verzerrt und verändert werden kann. Aber vor allem: Wie schwierig es ist DNA zu extrahieren, denn eine Probe von einem Fund aus einer Zeit, gefunden lange vor der Idee der DNA Analyse, der kann so behandelt worden sein, dass die Ergebnisse verfälscht werden. Wissenschaft ist filigran und mühsam. Das auch darzustellen, macht Pääbo besonders charmant. Gleichzeitig erzielt er mit seinen Forschungen erstaunliche Ergebnisse.

Die von ihm mitbegründete Paläo-DNA-Forschung ist heute nicht mehr aus der Archäologie wegzudenken. Doch die Ergebnisse helfen auch in anderen Bereichen der Wissenschaft. So zeigte sich, dass wir Homo Sapiens dichter mit den Neandertalern verwand, sind als gedacht – dass wir noch heute Teile ihrer DNA in uns tragen. An solchen Verwandtschaftsbeziehungen ist besonders interessant, wie wir uns entwickelt haben und welche medizinischen Rückschlüsse so möglich sind. Es gibt Krankheiten, die gab es anscheinend schon bei den Neandertalern. Diabetes z.B. geht vmtl. auf die Neandertaler zurück. Eine nützliche Information für die Erforschung von dieser Krankheit. Es ist eine Forschung, von der wir also alle etwas haben, denn Gesundheit kann man nicht kaufen. Und spätestens seit dem sich zeigt, dass einige Neandertaler-Gene in uns mit besonders schweren Coronaverläufen in Zusammenhang zu stehen scheinen, sollte jedem die Bedeutung dieser Forschung klar sein.

Der Schädel eines Homosapiens und der Schädel eines Neandertalers im Vergleich einander Gegenübergestellt. Es fällt auf, Der Neandertaler ist viel Größer.

Verschieden, aber gar nicht sosehr verschieden (Foto: Begemot CC BY-SA).

Ihr fragt euch, warum ich über diesen Teil der Forschung hier noch nie etwas geschrieben habe? Nicht, weil ich es nicht gerne würde. Aber tatsächlich ist Paläo-DNA auch ein hochemotionales Thema – Menschen fühlen sich in ihrer Identität angergriffen – komische Volkstümeleien kommen hoch – oder andere Punkte, mit denen man vorsichtig sein sollte. Früher hatte ich hier Artikel dazu, heute stehen nur noch einige wenige Online – denn für jeden einzelnen bekam ich eine Welle Hatespeech – selbst für die sachlichste Erwähnung, die mir möglich war. Es reichte oft schon die Tatsache, dass ich eine Frau bin und eine Frau hat sich nicht zu solch komplexen Themen wie DNA zu äußern. Jedenfalls wurde mir das in hasserfüllter Deutlichkeit immer wieder mitgeteilt. Ich habe deswegen keine Lust mehr auf das Thema. Vor allem, weil ich solche Rückmeldungen sowohl von Laien, als auch vom eigenen Kollegium bekommen habe. Ich werde also auch in Zukunft nicht über Paläo-DNA berichten. Den ich gehe Jobben, um das Geld aufzutreiben diesen Blog hier zu betreiben, den andere dann kostenlos lesen können. Und das tue ich nicht, um mich dafür noch beleidigen zu lassen.

Aber ich wollte mir dennoch nicht nehmen lassen, Svante Pääbo zu seinem Nobelpreis zu gratulieren. Er hat ihn wohlverdient. Herzlichen Glückwunsch!

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4 Gedanken zu „Und der Nobelpreis geht an die Paläogenetik

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