“Seit wann gibt es eigentlich die Freundschaft zwischen Hund und Mensch? Und wie kam es dazu? Schreib doch mal auf deinem Blog was darüber, wir aus dem Hundepark würden uns darüber sehr freuen.” Schrieb mir eine Bekannte vor einiger Zeit. Also gut ich versuche diese tolle Frage zu beantworten. Einige der Forschungen zu dem Thema sind recht neu – möglich also, dass es bald noch neuere Erkenntnisse zu diesem Thema gibt:
Die Freundschaft begann mit Teamarbeit
Erst 2020 wurde eine Arbeit vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte und für evolutionäre Anthropologie veröffentlicht. Hierbei wurde die Kooperationsfähigkeit von Hunden und Wölfen miteinander verglichen, um Rückschlüsse darauf zu ziehen, wie die gemeinsamen Vorfahren der beiden Tierarten miteinander interagiert haben. Das Ergebnis war überraschend. Denn die Kommunikationsfähigkeit unterscheidet sich im Vergleich kaum. Das heißt, die gemeinsame Lösung von Problemen ist auf sehr ähnliche Art bei beiden Tierarten möglich. Und Teamkompetenz findet sich eben auch bei einem dritten Tier: dem Menschen. Und dieser begann mit dem Wolf als Team zusammenzuarbeiten. Der Vorteil davon ist klar: Eine Jagt wird mit einer
Wahrscheinlichkeit von 3:4 erfolgreich – das ist sehr viel mehr als bei anderen Raubtieren. Untersuchungen zeigten: Hunde und Wölfe sind echte Teamplayer. So zeigt sich, dass Anführertiere eines Teams gar nicht unbedingt die sind, die zuerst die Beute bekommen, vielmehr wird darauf geachtet, dass jeder seinen Anteil bekommt. Streitereien und Wettbewerb um einen Beuteanteil gibt es im Rudel, wenn dann meistens zwischen Individuen auf der gleichen Hierarchiestufe. Wichtig ist, dass die Gruppe zusammenbleibt, und miteinander gut funktioniert – und das passt sehr gut zum Leben der Menschen. Hund und Mensch kamen also sehr wahrscheinlich als Teamplayer zusammen.
Eine Freundschaft in wechselnden Zeiten?
Mensch und Wolf freundeten sich vmtl. Erstmals vor 15.000 Jahren an – es gibt auch aktuelle Untersuchungen, die von der Zeit vor 20.000 Jahren ausgehen. Das ist ein Zeitraum, in dem sich die Erde stark veränderte – die Weichseleiszeit verschwand. In Norddeutschland schwankte die Temperatur z.B. stark, und stieg innerhalb von 10.000 Jahren um ganze 3 Grad. Infolge dessen änderte sich die Lebenswelt massiv. In den Steppenlandschaften, in denen zuvor Mammuts umherzogen, wuchsen nun dichte Wälder. Großsäuger verschwanden aus der Landschaft und damit auch vom
Speiseplan. Diese Erderwärmung geschah nicht in der rasenden Geschwindigkeit wie heute, sodass es immer wieder relativ konstante Klimaphasen gab, die für 1 oder 2tausend Jahre relativ gleichbleibend waren, sodass sich Mensch und Hund gemeinsam immer neu anpassen konnten und beide bis heute überlebten. Der Beginn der Freundschaft von Hund und Mensch ist von diesen vielen Wandlungen geprägt, die erst vor etwa 10.000 Jahren endeten. In dieser wechselhaften Welt lebten Menschen in Gruppen zusammen und jagten Tiere, um sich zu ernähren. Genauso wie Wölfe. Wolf und Mensch wurden so zur Konkurrenz. Wenn zwei Tierarten um Nahrung konkurrieren, dann verschwindet oft eine Tierart. Zum Beispiel waren die Säbelzahntiger mit dem Auftreten des Homo Heidelbergensis verdrängt worden. Doch in diesem Falle überlebten beide Arten, denn sie halfen sich gegenseitig.
Wie sah das Zusammenleben von Hund und Mensch aus?
In der Forschung gibt es die Diskussion, ob es nicht ursprünglich Aufgabe des Hundes war, die Lasten zu tragen und als Schlittenhund zu dienen. Darüber gibt es verschiedene Positionen. Da sich hölzerne Schlitten aber über einen so langen Zeitraum kaum erhalten, muss anders argumentiert werden. Zum einen wird deshalb oftmals ein ethnologischer Vergleich bemüht. Also zum Beispiel, dass es Huskys gibt,
die als Schlittenhunde leben. Denkbar also, dass auch die Mensch-Hunde-Rudel aus vergangenen Zeiten ähnlich zusammengelebt haben. Und tatsächlich konnten bis zu 7.000 Jahre alte Skelette, bei denen es sich um frühe Huskys gehandelt zu haben scheint, archäologisch beobachtet werden. Außerdem wird mit Verformungen, an den Knochen früher Hundeskelette argumentiert. Verformungen, die auf die Belastung vom Schlittenziehen zurückzuführen sind. Doch in Bezug auf diese Knochenverformungen gibt es auch eine andere Position, und die spricht dafür, dass nur weil es eben auch schon sehr lange Huskys gibt, Hunde nicht generell als Schlittenhunde eingesetzt wurden – und damit komme ich zu einem Hinweis für die Idee:
Die Freundschaft von Mensch und Hund war von vornherein sehr tief und innig
Die kanadische Forscherin Katherine Latham betrachtete in ihrer Arbeit Kochen vom Grauwolf, da sich der frühe Hund aus einer Wolfart entwickelt hat, welche am ehesten mit dieser vergleichbar ist. Diese Knochen verglich sie mit frühen Hundeknochen, und mit Knochen von Schlittenhunden aus unserer Zeit. Dafür reiste sie zwischen verschiedenen Museen und Tierschutzreservaten umher, um ca. 400 Tiere miteinander zu vergleichen. Besonders im Blick dieser Analyse war der
Wirbelsäulenverschleiß. Ihr Ergebnis war: die Knochenverformungen treten bei allen Tieren auf, unabhängig von der Aufgabe, die sie erfüllen. Einige zeigen die ersten Spuren des Wirbelsäulenverschleißes ab einem Alter von 3 Jahren. Bei den meisten sind die ersten Spuren erst im Alter von 5 Jahren zu sehen, aber spätestens im Alter von 9 Jahren haben alle Wölfe und Hunde diese Verformung – Je größer ein Hund, um so wahrscheinlicher die Verformung. Katherine Latham ist deswegen der Auffassung – das einzige, was die häufigen Knochenverformungen zeigen ist, dass Hunde schon in frühster Freundschaft mit dem Menschen sehr alt geworden sind. Und das ist ein Zeichen guter Pflege und enger Freundschaft.
Vielfalt und Kreativität als Überlebenskonzept
Hunde bildeten vmtl. sehr schnell verschiedene Rassen aus, die sich immer wieder verändert haben. Und das hängt damit zusammen, dass Mensch und Hund sich in dieser sich rasch verändernden Lebenswelt anfreundeten. Vor 15.000 Jahren war es zunächst der Dachshund, der der engste Freund des Menschen wurde. Und in der Folge entstanden verschiedenste Hundearten, welche je nachdem wie gut sie an
welche Aufgabe oder Lebensrealität angepasst waren, mit den Menschen zusammenlebten – Es setzten sich also die Hunderassen durch, welche am besten zu der jeweiligen Lebensrealität passten, da die Hunde in der Gruppe Aufgaben übernommen haben. Das zeigt sich an einem besonderen Beispiel: 2017 wurde gezeigt, dass es einstmals auch domestizierte Füchse gab. Aber, eben nur für einen sehr kurzen Zeitraum. Füchse haben als Haustier keine Funktion, sondern sie sind einfach nur da. Deswegen hat sich diese Kooperation zwischen den Arten nicht durchgesetzt.
Hunde – Freunde, mit denen man Pferde stehlen kann
Die Idee des Zusammenlebens zwischen Mensch und Hund erwies sich hingegen als praktikabel. Und wenn etwas wirklich sinnvoll ist, dann ist es in der Menschheitsgeschichte schon oft so gewesen, dass die gleiche Idee unabhängig voneinander mehrfach entstand. Und so ist heute unklar, ob erst in Asien oder erst in Europa die ersten Mensch-Wolf-Freundschaften begannen. Denn das Phänomen des Zusammenlebens taucht unabhängig voneinander in beiden Regionen der Erde auf. Der Erfolg der Freundschaft zwischen Hund und Mensch ist dabei vmtl. zum einen die Teamfähigkeit, die uns verbindet und uns durch dick und dünn gehen lässt, aber auch die Wandelbarkeit. So gibt es Hunde in verschiedensten Rassen, die sich schnell
herausbilden und an Lebensumstände angepasst werden, sodass es für jede Lebensrealität des Menschen einen passenden “Partner in Crime” gibt. Z.B entwickelten sich in der Jungsteinzeit Hunde, die auch Nahrung aus Getreide verdauen können. In anderen Phasen war der Hund aber wohl wiederum tatsächlich ein Schlachttier. Aber das sind spätere Entwicklungen in der langen Freundschaft zwischen Hund und Mensch. Der Mensch ist dabei ebenfalls ein guter “Partner im Crime”, da er sich bislang an alle noch so rasanten Veränderungen der Lebensrealität mit seiner Kreativität anpassen konnte und das Überleben des ganzen Rudels sicherte. Dabei traf er z.B. die Zuchtauswahl für die Hunde, die am besten in die jeweils neue Lebensrealität passten. Wenn ihr möchtet, dann erzähle ich gerne mehr Geschichten aus der langen Geschichte von Mensch und Hund.
Literatur:
https://www.shh.mpg.de/1596556/wolf-dog-cooperation
https://www.science.org/content/article/diseased-spine-may-hold-clues-early-dog-human-relationship
https://www.science.org/content/article/dogs-may-have-been-domesticated-more-once
https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0214575
https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwiD3MP82pD0AhUv7rsIHaY5Cx0QFnoECBYQAQ&url=https%3A%2F%2Felib.uni-stuttgart.de%2Fbitstream%2F11682%2F1636%2F1%2Fbluemel.pdf&usg=AOvVaw2B_yj0f3BUCbIYsFa-l5vT
https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimavergangenheit/palaeoklima/20.000-jahre
https://www.spektrum.de/news/wie-kalt-war-die-letzte-eiszeit/1762131
https://doczz.com.br/doc/891988/deutschland-zur-letzten-eiszeit—nationalatlas