Bianca Maria Sforza: Die einsame Kaiserin an der Seite von Maximilian I.

In der Hofkirche in Innsbruck stehen die im Volksmund Schwarze Mander genannten Bronzefiguren des Maximiliankenotaphs. Maximilian I ließ sich ein außergewöhnliches Grab anfertigen, dass man heute hier bewundern kann. Ein Monument, das ihn in Herrlichkeit zeigt, aber dass, das Leid seiner Ehefrau vollkommen verschweigt. Die Herstellung dieses Grabes war ein Staatsakt – so kontrovers, dass der Handwerker, der dieses Monument herstellen sollte, die Figuren teilweise aus dem Gefängnis heraus fertigen musste.

Blick auf den Kenotaph. Ein Grab in einem Goldenen floralen Zaun, auf dem Grab ist eine Bronzefigur, die Maximilian kniend zeigt.

Der Kenotaph in der Innsbrucker Hofkirche (Bild: Daderot (Gemeinfrei)).

Das Grabmahl des Kaisers wurde fertiggestellt, bei diesem wurden Bronzefiguren aufgestellt, um für ihn eine ewige Totenwache zu halten – Figuren, die trauernd wirken, die realen Personen, die hier gezeigt werden, hätten vmtl. zum Teil nicht eine Sekunde getrauert. Hin zu kommt: Das aufwändig und teure gefertigte Grabmonument wurde nie da aufgebaut, wo es angedacht war. Die Bronzeskulpturen waren zu schwer und Maximilian I wurde deshalb auch nie in seinem Grab beigesetzt. Bei einem solch leeren Bestattungsmonument spricht man von einem Kenotaph.

Der Maximiliankenotaph zeigt, wie Maximilian I. sich selbst sehen wollte – wen er an seiner Seite sehen wollte

Dieser Kenotaph erzählt uns von der Lebenswelt Maximilian I. Denn die Figuren, die seine Totenwache halten, stellen zum Teil Personen dar, welche wirklich in seinem Leben eine Rolle spielten – Philipp der Gute zum Beispiel. Und auch seine erste Frau Marie von Burgund wird dargestellt. Eine wichtige Darstellung – liebte Maximilian seine Frau anscheinend nach wirklich. Diese Skulptur war für Maximilian I von besonderer Bedeutung.

Eine schwarze Bronzefigur einer Frau. Maria von Burgund trägt eine Haube und ein eng tailliertes Kleid mit Blumenmuster.

Maria von Burgund am Maximiliankenotaph in Innsbruck (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).

Er trauerte ihr vmtl. bis an sein Lebensende nach, konnte ihren tot einfach nicht überwinden, und wurde vielleicht deshalb bei anderen Sozialen kontakten etwas unwirsch. Doch die Pflicht ruft, und Kaiser Maximilian muss die Probleme seines Landes lösen. Er braucht eine neue Frau, und das heißt: nach dem Tod Maries heiratet Maximilian erneut und auch seine zweite Frau Bianca Maria Sforza von Mailand findet sich unter den 28 500 Jahre alten Bronzefiguren. Sie war die zweite, die ungeliebte Ehefrau, mehr Ballast als Mensch. Denn:

Während Maximilian I sein Leben lang Marie von Burgund nachtrauert, heiratet er das zweite Mal aus nur einem einzigen Grund: Geldnot.

Die Sforzas herrschen nicht nur erfolgreich in Norditalien, sondern haben auch beträchtliche Reichtümer angehäuft. Und alleine das macht Bianca Maria Sforza als neue Ehefrau von Kaiser Maximilian I attraktiv. Das Geld können die Habsburger nämlich sehr gut gebrauchen, denn diese sind chronisch pleite. Maximilian I scheint die Ehe mit Bianca von vornherein lästig zu sein.

Eine Frau im Profil. Sie hat braunes Haar zu einem langen Zopf gebunden. Sie trägt ein braunes Kleid, und eine Kette. Sie scheint aber sehr unglücklich drei zu blicken.

Biancha Sforza auf einem Gemälde aus dem Jahre 1493, dem Jahr der Eheschließung (Bild: Aborgio di Predis (Gemeinfrei)).

1493 wird diese zunächst per procurationem geschlossen. Das heißt, Maximilian I. ist noch nicht einmal selbst anwesend, bei der Eheschließung. Ein Fürst, der ihn vertritt, reist nach Mailand zu der Braut und steckt dort sein nacktes Bein in ihr Bett. Die Ehe gilt damit formal als symbolisch konsumiert – ist so also offiziell rechtsgültig und vollzogen. Die Braut macht sich in der Folgezeit mit ihren Wertgegenständen auf den Weg nach Tirol und musste feststellen, dass ihre Ehe nicht viel romantischer werden wird. Ein halbes Jahr später gibt es zwar noch Festakte zu der Eheschließung, aber Maximilian I stellt schnell enttäuscht fest: Bianca sei von mittelmäßigem Verstand.

Gemälde von Bianca Maria Sforza. Sie trägt einen Roten, aufwändig mit Gold bestickten Hut. Sie hat braunes Haar, das unter dem Hut zum Zopf gebunden scheint. Außerdem trägt sie viele goldene Ketten um den Hals, und eine große Kette mit einem großen Anhänger. Ihr Kleid hat einen bräunlichen Ton, ist aber Umbrüchen, mit weisen Puffärmel, Elementen mit roten Blümchen darauf. Sie scheint eine einige Corsage zu tragen. Alle Kleidungsstücke sind mit feinen Mustern bestickt.

Bianca Maria Sforza gegen 1505 als Kaiserin (Bild: Bernhard Strigel (Gemeinfrei)).

Eine tragische Lebensgeschichte beginnt für die 21-jährige Braut. Nachdem sie zunächst noch bei einigen Reisen mit ihrem Gatte mitkommt, stellt sie fest, dass der chronisch insolvente Ehegatte sie immer wider als Zahlungspfand zurücklässt. Schließlich sind sich die beiden Eheleute endgültig leid, und Bianca Sforza zieht sich zurück.

Am Ende haben die Eheleute kaum noch Kontakt.

Bianca igelt sich ein. In einer Welt aus Luxus, Glücksspiel und Pomp versucht sie das Beste aus ihrer Situation zu machen. Doch sie ist deutlich enttäuscht vom Leben und entwickelt eine regelrechte Fresssucht, vermutlich wird sie depressiv. Mit allerlei Krankheiten versucht sie irgendwie die Aufmerksamkeit ihres Gatten zu erhalten. Irgendwie eine halbwegs schöne – liebevolle Ehe zu bekommen. Doch diese Ehe wird nicht besser – Bianca Maria Sforza bleibt eine gefangen, einem einsamen goldenen Ehekäfig, dem sie nicht entrinnen kann.

Eine Frau im schrägen Profil. Sie trägt einen roten Hut mit einem golden verzierten Bommel, ihr Haar ist unter den Hut gebunden. Sie trägt goldene Ketten. Sie blickt müde drein, hat eine große Nase, eine schmale Oberlippe, und dünne, sehr runde Augenbrauen.

Dieses Gemälde von Bernhard Strigel aus der Zeit zwischen 1505 und 1510 zeigt Bianca Maria Sforza, und hängt heute in der Wiener Hofburg (Foto: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).

Um sich irgendwie abzulenken, treibt sie die Hofangestellten mit ihrem Putzfimmel an manchen Tagen in den Wahnsinn. Und die verzeihen ihr das sogar. Denn Kaiserin Bianca Sforza ist so traurig – die Angestellten haben Mitleid mit der einsamen Frau. In der Silvesternacht 1510/11 stirbt Bianca schließlich nach 18 Jahren freudlosem Eheknast. Ihr Ehemann kommt nicht mal zu ihrer Beerdigung. Es ist fraglich, ob er in irgendeiner Weise betroffen auf den Tod seiner Frau regiert hat, oder ob es ihm einfach egal war. Er hat etwas ganz anders im Kopf:

Maximilian I monumentalisiert sich selbst

Es ist in genau dieser Zeit, dass Maximilian I begonnen hat seinen Hofmaler Gilg Sesselschreiber damit zu beauftragen ein monumentales Kaisergrab zu errichten – die Planung begann nur etwa ein Jahr vor Biancas Tod. Dieses Monument ist der eingangs bereits erwähnte Kenotaph. Anstelle seiner Frau Aufmerksamkeit zu schenken, investiert der chronische klamme Kaiser also lieber ein monumentales Grabmal, das ihn selbst in Erinnerung halten soll.

Eine schwarz-Braune Bronzeskulptur. Eine Frau mit einer Königskrone in einem aufwändigen Gewand.

Die Bronzefigur der Bianca Sforza in der Innsbrucker Hofkirche (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).

Und das auch zu teilen, mit dem Geld der reichen Bianca aus dem Hause Sforza. Zeitlebens ignoriert er sie – er scheint nicht einmal von ihrem Tod groß Notiz zu nehmen. Aber, er manifestiert Bianca Maria Sforza an seinem Grab mit einer Bronzefigur, die sie zeigt. Und das heißt, in der offiziellen Version, steht sie nicht nur hinter ihm als Ehefrau – das heißt, er zwingt sie, nachträglich, in Form einer Skulptur in eine Position, in der sie seinen Tod betrauert. Ein Bild, das es nicht nur historisch so nie gegeben hat – vielmehr vermute ich, dass sich Bianca Sforza seit mittlerweile 500 Jahren in ihrem Grabe herumdreht wie ein Dönerspieß. Und ich könnte es ihr nicht eine Sekunde verübeln.

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Literatur:

Anton Prock, Kaiser Maximilian I. und Innsbruck

6 Gedanken zu „Bianca Maria Sforza: Die einsame Kaiserin an der Seite von Maximilian I.

  1. Liebe Miss Jones,
    und beide trennt zwar knapp eine Generation, aber dafür verbindet uns die Leidenschaft für Geschichte. Ich bin seit 23 Jahren Fremdenführerin in Österreich und lese Ihre Artikel immer mit großem Interesse und ebensolcher Freude. Da ich in der Fremdenführer-Ausbildung Kunstgeschichte unterrichte, werde ich auch die Kursteilnehmer auf Ihre Seite aufmerksam machen, weil mir die Art, wie Sie ihre Geschichten erzählen, sehr gut gefällt. Sie berichten immer spannend und unterhaltsam, halten die Waage zwischen persönlich und sachlich, Sie vereinfachen (wo es sein muss), ohne zu verfälschen – so stelle ich mir ein role-model auch für angehende Fremdenführer vor.
    Alles Gute weiterhin und liebe Grüße
    Sonja Thauerböck
    Kulturgourmet

  2. Toller Artikel, aber kann es sein, dass beim Jahr der Eheschließung ein Zahlendreher vorliegt und es eigentlich 1493 heißen müsste? Denn dass ein wesentlich älterer Ehemann der Beerdigung einer 92-jährigen aus Desinteresse fernbleibt und nicht, weil er schon wesentlich früher das Zeitliche gesegnet hat, scheint mir doch etwas unrealistisch.
    Herzliche Grüße aus der Oberpfalz

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