Die Frau von Molzbach – Ein Blick in die Bronzezeit

Sie wird in der Literatur auch die fremde Frau genannt, eine Bestattung die in Molzbach bei Fulda gefunden wurde. Bis heute wurde der Fund nicht mit modernen Naturwissenschaftlichen Methoden untersucht. Aber es handelt sich um ein gutes Beispiel davon, wie Migration von Archäolog*innen identifiziert wird, auch ganz ohne moderne Methoden. Irgendwann in der Zeit zwischen 1550 und 1330 v. Chr. wurde die 20 – 25 Jahre junge Frau in einem für ihre Zeit recht teurem Hügelgrab einer Gruppe beigesetzt. Durch Steinabbau war das Grab bei der Entdeckung bereits beschädigt, doch Archäologiestudierenden der Uni Marburg gelang es dennoch einige unglaublich faszinierende zusammenhänge bzgl. dieses Grabes zu dokumentieren. Das Grab war 1931 ein sehr spannender Einblick in die Bronzezeit. Ein Vergleich der Schmuckstücke, die die Frau trug, als sie zur ewigen Ruhe gebettet wurde, war nämlich zunächst sehr schwierig.

Die Grabausstattung der Frau von Molzbach. Es handelt sich um einen Halsring, zwei Radnadeln, Ein Grütelblech, Zwei Armspiralen, Eine Armberge, und einen Haarschuck aus Draht. Die Fundstücke liegen in einer gelben Vitrine.

Die Grabausstattung der Frau von Molzbach (Heute ausgestellt im Hessischen Landesmuseum in Kassel)

Die Frau von Molzbach hatte Objekte bei sich, die in der Umgebung sonst nicht bekannt sind. Das bedeutet: Die Gestaltung ihrer Radnadeln, kleine Blechbuckel, die einmal auf die Kleidung genäht waren, ihr Halsschmuck, selbst das Gürtelblech sah anders aus als bei anderen Frauenbestattungen, die zeitgleich in Osthessen niedergelegt wurden. Einige vergleichbare Objekte finden sich erst in der Oberpfalz. Die Form des Blechgürtels ist tatsächlich noch weiter entfernt, im Böhmisch-ungarischen Raum bekannt. Die Frau von Molzbach sah anders aus, denn sie trug andere Kleidung als die Frauen in dieser Umgebung. Und dennoch wurde sie von den Menschen aus Hessens Bronzezeit liebevoll im Kreise der angehörigen niedergelegt. Aber woher weiß man eigentlich, dass diese Schmuckstücke nicht vielleicht importiert wurden, dass es sich um extra teuren Körperschmuck handelt, der von extra weit her eingekauft wurde?

Eine Rekonstrucktion der Grabausstattung des brozezeitlichn Grabes Von Molzbach. Die Knochen der Frau sind in einer Vitrine Ausgelegt, ud die Grabbeigeben an andsprechenden Stellen plaziert.

Rekonstruktion der Bestattung in der Form, in der die Frau aufgefunden wurde (Foto: DomenikaBo CC BY-SA).

Natürlich weiß man das nicht. Aber: Es gibt Hinweise. Ein extra teuer importierter Schmuck, wäre keine Alltagskleidung gewesen. Die junge Frau hat aber diese Kleidung häufig getragen. Das zeigen Spuren, vor allem, Beschädigungen an den Stücken. Diese Schäden wurden bereits in der Bronzezeit repariert, damit der Bronzeschmuck weiter getragen werden konnte. Die Gegenstände scheinen eine wichtige Bedeutung für diese Frau gehabt zu haben. Vielleicht waren es Erinnerungsstücke, oder ein Teil ihrer Identität. Auf jeden Fall zeigt sich, die Handwerker, die die Stücke reparierten, wussten nicht wirklich wie z.B. solch ein Halsring gefertigt wird. Deswegen wirkt die Reparatur mit einer Drahtumwicklung ein wenig Dilettantisch.

Eine Gruppe Frauen läuft im Gänsemarsch durch die Natur. Sie tragen Kleidung aus einfachn Stoffen und Fell.

Wie war das Leben so einer Frau, die auszog, um am gefühlt anderen Ende der Welt zu leben? (Foto: ©Jens Boeck, Ausschnitt aus der TV-Doku “Mächtige Männer – Ohnmächtige Frauen?” Neue Fakten aus der Vergangenheit”, von ZDF Terra X).

Mann könnte jetzt meinen, dass dies ein Sonderfall ist, dass hier eine Frau von so weit her lebte. Doch, diese Ungarin sollte nicht die einzige Frau bleiben, bei denen die regionalen Unterschiede zwischen Herkunftsort und Bestattung so unterschiedlich sind. Immer wieder gibt es bronzezeitliche Bestattungen, die darauf hinweisen, dass Frauen aus weit entfernten Regionen stammen. Es handelt sich oftmals um Bestattungen wie diese, bei denen die Frauen in Kleidung beerdigt wurden, die aus eine völlig anderen Regionen stammen, oder aber um Frauen, bei denen eine Isotopenanalyse eine weit entfernte Herkunft zeigt. Ein einheitliches Muster gibt es dabei nicht. Die Frauen zogen scheinbar kreuz und quer durch mittel und nordeuropa in einer patrilokalen Gesellschaft. Und das ist eine Beobachtung, die in der Archäologie schon relativ alt ist, aber die auch in moderneren Arbeiten immer wieder auftaucht. Was das Schicksal dieser Frauen war, wie ihre Leben ausgesehen haben, ist dabei unklar. Doch es sind mehr als Einzelfälle, die aber jede einzeln eine ganz individuelle Geschichte erzählt. Die Frage, die sich dabei stellt, ist: Was bedeutet es für eine Dorfgemeinschaft einerseits die Töchter wegzuschicken, und andererseits Frauen aus völlig fremden Regionen aufzunehmen? Es ist möglich, dass Frauen dadurch zu Trägerinnen des Wissens wurden, dass sie von ihrem Heimatort mit in ihre neue Welt brachten, und dass sich so Ideen verbreiten, Weiterendwickeln konnten.

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Literatur:

Irina Görner und Andreas Sattler: Unter unseren Füßen – Altsteinzeit bis Frühmittelalter. Hessisches Landesmuseum Kassel, 2016.

Albercht Jockenhövel: Die Bronzezeit. In: Vorgeschichte in Hessen von Hermann Jockenhövel, Stuttgart 1990.

https://blog.landesmuseum-kassel.de/2015/07/10/es-ist-reisezeit/

3 Gedanken zu „Die Frau von Molzbach – Ein Blick in die Bronzezeit

  1. Immer wieder bewundernswert, welche Strecken die Menschen schon damals zurücklegten! Danke für den Artikel und den Hinweis auf die ZDF Doku, die ich mir schon mal vorgemerkt habe!
    LG
    Ulrike

  2. Pingback: Matriarchat oder Patriarchat – Wie das Wohnen mit einer Gesellschaftsstruktur zusammenhängt | Miss Jones

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