DNA-Analysen gelten als das Nonplusultra der modernen Archäologie. In der Presse werden Untersuchungen, die sich DNA-Analysen bedienen, gern gezeigt. Auch aufgrund der gezeigten Faktizität. Das hat zum einen zur Folge, dass man schnell denkt, eine ultimative Wahrheit wäre gefunden worden. Gleichzeitig gibt es in den Kommentarspalten zur Thematik DNA-Analysen sehr viel mehr Diskussionen als zu anderen Ergebnissen. Auch bei mir laufen die Mail- und Kommentarfelder heiß, wenn ich über so ein Forschungsergebnis schreibe. Meistens sind dazwischen Mails, bei denen ich extrem beleidigt werde. Und deswegen habe ich auch aufgehört täglich über neueste Forschungen aus der Archäologie zu berichten. Aber:
Deswegen möchte ich mir heute einmal das Phänomen DNA-Analysen genauer ansehen.
Die erste Frage, die sich dabei eigentlich stellt, ist:

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Analyse einer DNA ist zunächst eine sehr individuelle Untersuchung. Man schaut sich dabei eine einzelne Person an, über die man Aussagen treffen kann. Diese Aussagen belaufen sich auf mögliche Erbkrankheiten, das biologische Geschlecht der Person, ob der Mensch Laktose verdauen konnte, welche Haut- oder Augenfarbe ein Mensch hatte. Auf der nächsten Ebene können auch Aussagen über Verwandtschaftsverhältnisse getroffen werden – vorausgesetzt, es werden andere Menschen mit einer vergleichbaren DNA-Struktur betrachtet. Oder man kann eine Einordnung machen, ob die Person zu einer größeren genetischen Kulturgruppe gehört bzw. von ihr abstammt, von der eine häufig auftretende Haplogruppe bekannt ist.
Das darf man natürlich nicht damit verwechseln, dass dieser Mensch auch die entsprechende Identität dieser Gruppe gelebt hat – die Person kann ja z. B. auch als Findelkind bei einer ganz anderen Kulturgruppe aufgewachsen sein (und das ist nur eine Möglichkeit).
Alles steht dabei in Abhängigkeit zum Erhaltungsgrad der DNA.
Ein weiterer Faktor ist, ob es eine Kontamination mit einer Fremd-DNA gibt – beispielsweise mit der DNA der Person, die die Überreste untersucht (Svante Pääbo zum Beispiel beschreibt, wie schwierig es war, den ersten richtigen Reinraum für solche Untersuchungen herzustellen). Das heißt, jede Analyse ist auch das Ergebnis der Qualität der Knochenprobe, die untersucht wird.

Foto der Befundsituation in der Lichtensteinhöhle (Bild: Uwe Fricke – Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. (Bild-frei)).
Ein Beispiel für eine der ersten Analysen, die wirklich spannende Ergebnisse über eine vergangene Lebenswelt gezeigt hat, fand in Deutschland statt. Es handelt sich um die Untersuchung menschlicher Überreste aus der Lichtensteinhöhle im Harz. Ein Bestattungsplatz der Bronzezeit, an dem eine Gruppe über einen langen Zeitraum ihre Angehörigen beigesetzt hat. Die Menschen, die hier gefunden wurden, wurden alle auf ihre DNA hin untersucht. Damals ein sehr teurer Aufwand, denn eine einzige Probe kostete noch ca. 500 €. 62 Menschen konnten in einen Stammbaum sortiert werden. Die Verwandtschaftsverhältnisse dieser Familie konnten direkt beschrieben werden. Außerdem waren alle Menschen dieser Gruppe laktosetolerant.

So sehen die Knochenfunde nach der Ausgrabung aus (Bild: Uwe Fricke – Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. (Bild-frei)).
Ein tolles Ergebnis. Aber ein solches Ergebnis hat Grenzen: Wir wissen nicht, ob sich die Angehörigen dieser Familie z.B. untereinander gestritten haben oder wie das gesellschaftliche Leben dieser Menschen ausgesehen hat. Haben sie gemeinsam in einer Siedlung gelebt oder nur den Bestattungsplatz geteilt? Ein anderes Beispiel ist: Sie konnten alle Laktose vertragen, das heißt nicht, dass sie Milchprodukte konsumiert haben. Es gibt Menschen, die Milch verdauen können, sie aber ekelig finden – oder sie haben gar keinen Zugang zu Milchvieh.
Die DNA-Analyse ist also nur ein weiterer Hinweis auf vergangene Lebensrealitäten
In der Presse liest es sich oft so, als wäre mit einer DNA-Analyse eine Wahrheit gefunden worden. Das ist Anlass für Streit, auch in den Reihen der Archäologie. Oder um es mit den Worten eines der besten Archäologen Deutschlands, Philipp Stockhammer, zu sagen:
„Die Hälfte sieht die DNA-Analyse als Lösung aller Probleme. Für die andere Hälfte ist es ein Werk des Teufels“.
Der Hauptstreitpunkt ist dabei oftmals das Thema Migration. Fakt ist: Wir können bei einer DNA-Analyse durch Vergleiche feststellen, wo zuvor Menschen mit einer ähnlichen DNA gelebt haben. Dadurch sind Rückschlüsse möglich. Fakt ist aber auch: DNA-Analysen zeigen die genetische Struktur von einzelnen Menschen. Und oft wird von sehr wenigen Knochenproben auf ganze Kulturen geschlossen. Das bedeutet, statistisch sind die Ergebnisse nicht haltbar. Durch weitere Erforschung werden DNA-Analysen immer günstiger und auch besser – und das heißt, es gibt immer wieder neue Ergebnisse, die ältere Ergebnisse der DNA-Forschung korrigieren.

(Bild: Pixabay).
Das liegt daran, dass durch mehr Proben ein breiteres Bild einer Gesellschaft gezeigt werden kann, weil man dann mehr Menschen einer Gesellschaft betrachtet hat. Die Ergebnisse stehen dann auf einer breiteren Basis. Und diese Entwicklung ist richtig und wissenschaftlich – das Problem, das ich sehe, ist die Art der deterministischen Absolutheit, mit der seit 15 Jahren die Ergebnisse in der Presse besprochen werden – Ergebnisse, die mittlerweile durch den weitergegangenen Forschungsprozess wiederlegt wurden oder sich anders darstellen.
Doch es gibt zwei andere Hauptpunkte bezüglich DNA-Analysen, die auch unter Archäologen zu Diskussionen führen. Der erste Punkt ist:

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Kossinna war ein Archäologe, der zur vorletzten Jahrhundertwende gelebt hat. Er entwickelte Modelle anhand der Kulturkreislehre, ein Konzept, mit dem er versuchte, archäologische Kulturen einzugrenzen. Das Problem dabei war die Grundannahme der Raumgebundenheit dieser Kulturen. Die von ihm erarbeitete modellhafte Betrachtung von Kulturen war viel zu einfach. Es handelt sich eher um eine Projektion der Wahrnehmung von Kulturen, so wie man sich das zu Kossinnas Lebzeiten vorgestellt hat. Die Methode ist eine Art struktureller Bestätigungsfehler, bei dem ein nationalistisches und traditionell völkisches Weltbild zugrunde liegt. Kulturen sind viel komplexer, als in dieser Vorstellung angenommen wird. Um das genauer auszuführen, fehlt mir allerdings hier der Platz (ich will ja einen Blogeintrag schreiben und kein Buch). Nach dem Tod Kossinas haben die Nationalsozialisten seine Arbeit als wissenschaftliche Legitimation der Blut-und-Boden-Politik des Dritten Reiches verwendet. Zu dieser Idee gehört also immer, dass eine Kultur einen geografischen Kulturraum hat, der der Kultur zusteht. Diese Idee ist nicht nur archäologisch inkorrekt, sie birgt auch andere Probleme. So wird z. B. nomadischen Gruppen ihre Menschlichkeit aberkannt, oder die Gemüter entzünden sich an der Frage: Hat derjenige, der zuerst da war, auch mehr Rechte? Und dieser Gedanke ist in unserer Gesellschaft sehr präsent. Schaut man nur auf die Debatten zum Thema Flüchtende oder die Wahlergebnisse der AfD.
Durch einen unvorsichtigen Umgang mit DNA-Analysen besteht die Gefahr, ein menschenfeindliches Gedankengut erneut zu verwissenschaftlichen.
Und das, ohne dass die DNA-Forschung das befürwortet oder DNA-Forscher*innen dieses Weltbild in irgendeiner Weise fördern möchten. Sie würden vermutlich darauf hinweisen, dass wir den europäischen Kontinent dieser Idee entsprechend ganz schnell zugunsten des Neandertalers räumen müssten.

Der Neandertaler war eindeutig vor uns hier. Dieser Schädel von Le Moustier stammt aus der Zeit, wo die ersten Homo Sapiens gerade erst anfingen sich in Mitteleuropa zu bewegen (Ausgestellt: Vorgeschichtsmuseum Berlin/Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Der Punkt ist: Es werden neue Identitäten erschaffen, welche eine Legitimation über die DNA-Struktur erfahren. Dabei wird eine möglichst lange Ortskontinuität einer auserwählten Gruppe konstruiert. Ein Identitätskonstrukt, das im Grunde genommen wissenschaftlich gesehen nicht haltbar ist, aber auf unvorsichtigen Äußerungen von DNA-Forscher*innen zusammengebastelt wird. Was ich sagen möchte, ist: Ja, das ist ein Missbrauch der Forschung durch Rechtsextreme, aber DNA-Forscher*innen machen es den Rechtsextremen dabei auch sehr leicht, beispielsweise durch die Übernahme rechtsextremen Vokabulars in Interviews oder in populären Artikeln. Mein Eindruck ist: Die politische Sensibilität im Kollegium lässt teils zu wünschen übrig. Und das kann zu sehr seltsamen Auffassungen führen:
Ein kurzes Schmankerl aus einem Leserbrief an mich
Es handelt sich um mehrere Seiten, und natürlich wird mir unterstellt, dass ich eine archäologische Verschwörung mitverheimliche, die das hier folgende „Wissen“ unterdrücken würde. Aufhänger ist hierbei die Jamnaya-Kultur. Eine Kultur, welche am Ende des Neolithikums (Jungsteinzeit) aus dem Osten nach Mitteleuropa eingewandert ist. Gleichzeitig lebten schon Menschen in dieser Region. Genetisch gesehen sind diese in der Folge verschwunden (nach neueren Ergebnissen ein paar Jahrhunderte später aber wieder aufgetaucht). Dies veranlasst einige Archäo-Genetiker, von einer „Invasion“ zu sprechen. Die Zuschrift aus meinem Postfach, auf die ich mich jetzt beziehe, sagt aus, dass mit der Jamnaya-Kultur unsere Vorfahren nach Deutschland kamen und dabei ein Invasions-Gen mitbrachten, das uns genetisch dazu veranlagt, immer wieder gewalttätig zu werden. In diesem Sinne hätten wir auch keine Schuld am Holocaust. Wir würden für ein medizinisches Problem beschuldigt, das wir von der Jamnaya-Kultur geerbt hätten und das verursacht, dass wir Völkermorde begehen müssten. Aber für ein medizinisches Problem könnten wir doch gar nichts. Was ich mit diesem Beispiel sagen möchte, ist:

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Wer an dieser Stelle jetzt ernsthaft glaubt, es würde so etwas wie ein Invasions-Gen geben oder aber irgendeinen anderen Anlass sieht, den Holocaust zu leugnen oder zu relativieren, dem kann ich nur ganz klar sagen: Du bist hier nicht willkommen!
Für alle anderen: Das Problem ist an dieser Stelle: Ein Wort wie Invasion, bzw. Invasionsgen, das von einigen Archäogenetikern tatsächlich benutzt wird, erzählt eine ganze Geschichte. Dabei ist über die kulturellen Prozesse, rein durch die Betrachtung der DNA, wenig bekannt. Das heißt: Das Wort Invasions-Gen regt an sich eine mordende, plündernde Horde vorzustellen, Fakt ist aber: Wir wissen nicht, wieso sich die Jamnaya-DNA durchgesetzt hat. Es ist gut möglich, dass wir in 10 Jahren ein ganz anderes Bild zeichnen, dann wenn mehr DNA-Analysen durchgeführt wurden und wir zu einer besseren Grundlage kommen. Aber eins hat sich schon gezeigt: Es gibt auch hier wieder Spuren von einer Vermischung.
Das zweite Problem bei der Betrachtung von DNA-Analysen ist: eine scheinbare Evidenz auf Füßen von zu wenigen Untersuchungen
Ein Beispiel ist eine Studie über die Herkunft der Tripolje-Kultur. Eine Kultur, welche in Osteuropa gegen 3.500 v. Chr. große Siedlungen errichtete. Hier war das Ergebnis der DNA-Analyse, dass es sich um eine multikulturelle Gesellschaft handelte (so die Überschrift der Presseerklärung, die diese Studie vorstellt). Tatsächlich wurden in diesem Fall aber nur 8 Personen untersucht, um zu dieser Aussage zu kommen. Das ist, als würde man blind in eine Tüte Gummibärchen greifen, ein rotes erwischen und dann behaupten, es sei wissenschaftlich bestätigt, alle Gummibärchen seien rot.

(Bild: Alexas_Fotos/Pixabaylizenz).
Hinzu kommt: Diese Aussagen sind noch viel schwieriger auf einer anderen Ebene. Die Interpretationen beschreiben Identitäten: Das sind Beschreibungen, mit denen wir Vorstellungen verknüpfen, die aber über die Biologie gar nicht nachweisbar sind. Denn selbst wenn sich herausstellt, dass sich die Tripolje-Kultur aus den Nachfahren vieler Kulturen zusammensetzt, bedeutet das noch lange nicht, dass sich die Menschen als multikulturelle Gesellschaft verstanden haben; vielleicht haben sie sich als etwas ganz Eigenes definiert.

Eine Rekonstuktion des Lebens in der Tripoljekultur (Illustration: S. Beyer, Kiel, cp. Shatilo 2021).
Dass nach einigen Generationen das Wissen darüber, wo die jeweils eigenen Urururururururururururururgroßeltern hergekommen sind, verloren ging, ist zudem wahrscheinlich, da das im Grunde auf fast alle Menschen zutrifft. Eine Person mit 4 oder 5 genetisch nachgewiesenen Herkunftskulturen hat eventuell ein Selbstbild von sich gehabt, das 100 % Tripolje war, oder aber ein ganz anderes, uns unbekanntes Selbstbild. Das Problem, das hier auftritt, ist also das gleiche wie bei vielen Genderdebatten – die DNA wird mit der kulturellen Lebensrealität verwechselt. DNA-Analysen sind Analysen, die den Menschen rein biologisch betrachten. Kulturen sind komplexer und bestehen aus einer Vielzahl an Eigenschaften, Wahrnehmungen und Praktiken. Kultur ist die Vielfalt an Lebengestaltungsmöglichkeiten, die Menschen aus dem machen, was ihnen möglich ist. Die Grenze dessen liegt nicht in der DNA, sondern bei der Grenze der Kreativität.
Kreativität scheint bei einigen heute lebenden Menschen aber geringer ausgeprägt zu sein als bei Menschen aus der Vergangenheit.
Es gibt Menschen, die können sich bestimmte Lebensweisen nicht einmal vorstellen, die in der Vergangenheit aber wirklich gelebt wurden. Meine Vermutung ist: Die Diskussionen zu DNA-Analysen explodieren schier, bis hin zu gefährlichen Gewaltandrohungen, wenn die DNA-Analyse der Weltsicht einiger, meist sehr lauter Menschen widerspricht. Dazu möchte ich ein Beispiel betrachten, das 2018 in England zu massiven Kontroversen geführt hat. Es geht um den Cheddarman. Dieser Mann ist aufgrund der frühen Zeit, aus der er stammt, eine Art nationales Identifikationssymbol und wird immer wieder als der erste Brite bezeichnet. Das Skelett ist 10.000 Jahre alt, also mesolithisch, und wurde in der Region Cheddar gefunden. Das ist die Region, wo auch der Käse herkommt. Aber die DNA-Analyse zeigt, der Cheddarman hat nie Käse gegessen, denn er war laktoseintolerant. Das war aber nicht Aufhänger der Kontroverse. Vielmehr im Fokus stand ein Ergebnis, das zu erwarten war: Der Cheddarman war schwarz. Als die ersten weißen Menschen nach Europa einwanderten, war der Cheddarman nämlich bereits 2.000 Jahre tot.
Das Ergebnis dieser DNA-Analyse wurde in England zunächst mit der Enthüllung einer Rekonstruktion seines Gesichts gefeiert. Doch schnell schlug die Stimmung um in blanken Hass. Die Wissenschaftler*innen wurden in den sozialen Medien übel beschimpft. Sie hätten die Ergebnisse gefälscht, weil sie politisch indoktriniert seien. Dieser Vorwurf war teils gekoppelt an Gewaltandrohungen, auch gegenüber den Familienmitgliedern der Forscher*innen. Diese hatten ein Ausmaß, welches ich hier nicht wiederholen möchte. Aber es zeigt sich deutlich: Hier wurde einer Weltsicht widersprochen, und das hat zu Kontroversen geführt. Dabei ist die Erkenntnis über die Hautfarbe archäologisch irrelevant. Es gibt keine weitere Forschung, die man darauf aufbauen könnte. Die Hautfarbe des Cheddarman sagt nichts darüber aus, wie dieser gelebt hat oder aber welche Kulturtechniken er kannte.
Und wenn die Kommentarzeilen nicht voll rassistischem Hass sind, dann sind sie oft voller sexistischem Hass
Wenn man dieses Beispiel unter Archäolog*innen heute nennt, erntet man großes Augenrollen, weil es keiner mehr höheren kann. Die DNA Analyse eines bestatteten aus einem Wikinger-Kriegergrab in Birka zeigte: Es handelte sich um eine Frau. Die Möglichkeit, dass es weibliche Wikingerkrieger gegeben hat, war gar keine große Neuheit. Schon in älteren Forschungen wurde dies vermutet, doch nun gab es auf einmal einen Beleg. Und als ob es eine feministische Dreistigkeit sondergleichen wäre, herauszufinden, dass es einmal eine biologisch weibliche Kriegerbestattung gegeben hat, ging auch hier der Hassmob los. Und das dieses Mal auch innerhalb der Forschung.

Rekonstruktion einer Kriegerbestattung einer Wikingerfrau (Foto: © Jens Boeck; Ausschnitt aus der TV-Doku „Mächtige Männer – Ohnmächtige Frauen? Neue Fakten aus der Vergangenheit“, von ZDF Terra X ).
Es wurde geprüft und geprüft und geprüft, alles wirklich oft immer nochmal untersucht – einfach nur, weil einige männliche Archäologen eine so dermaßen fragile Männlichkeit haben, dass ihr gesamtes Weltbild zusammenbricht, wenn es ein einziges Mal in der Wikingerzeit eine Kriegerin gegeben hat. Ihre Vorstellungskraft reicht nicht aus, sich das vorzustellen, was vor dieser DNA-Analyse ohnehin bereits über Wikingerinnen bekannt war: Dass diese Frauen in seltenen Fällen Aufgaben, die als Männerrollen angesehen wurden, übernommen haben. Aber weil nicht sein darf, was MANN sich nicht vorstellen kann, wurden sämtliche Möglichkeiten untersucht. Mittlerweile wurde wirklich jede Möglichkeit, was hier hätte falsch laufen können, mehrfach überprüft und neu untersucht. Vmtl. ist keine Aussage der gesamten Archäologiegeschichte mittlerweile gesicherter als die, dass in diesem Grab eine Frau lag. Das Problem an dieser Stelle ist nicht, dass dies überprüft wurde. Jede wissenschaftliche Studie sollte nachprüfbar sein. Das Problem ist: Wäre diese Analyse auch so stark kritisiert worden und so massiv überprüft, wenn sie nicht das Weltbild einiger Leute angekratzt hätte?

Forscher der Universität in Stockholm untersuchen das Skelett des Wikingergrabs aus Birka (Foto: © Jens Boeck Ausschnitt aus der TV-Doku „Mächtige Männer – Ohnmächtige Frauen? Neue Fakten aus der Vergangenheit“, die am 12. Juli um 19:30 im ZDF bei Terra X zu sehen sein wird)
Angenommen, es hätte sich herausgestellt, dass dieses Skelett eine männliche DNA hatte, wäre diese Analyse überhaupt großartig besprochen worden? Hätte das jemals jemand überprüft? Mein Eindruck ist: Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Es zeigt sich deutlich, ob Hautfarbe oder Geschlecht – sobald ein Ergebnis bestimmte Weltbilder tangiert, schießen die Emotionen durch die Decke. Doch es ist nicht die Aufgabe der Wissenschaft, irgendein Weltbild zu bestätigen. Und natürlich fehlt ein Aufschrei in der breiten Öffentlichkeit, wenn es ein Ergebnis gibt, welches wissenschaftlich zwar auf wackligen Füßen steht, aber politisch für das Cherrypicking rechter Stimmungsmacher nützlich ist.
Deswegen würde ich mir wünschen, mehr Sachlichkeit bei diesem Thema walten zu lassen. Zu überlegen, wann man beispielsweise von einer Invasion spricht. Oder: Nach nur 8 Analysen nicht gleich die große Geschichte der Multikulti-Kultur zu erzählen und vor allem DNA-Analysen vorsichtiger zu präsentieren. Und damit meine ich den Umgang in Pressemitteilungen. Die allermeisten Menschen und die allermeisten Journalist*innen haben nie Archäologie studiert. Für sie wirkt eine Presseerklärung, die sich auf DNA-Analysen bezieht, wie eine neu gefundene ultimative wissenschaftliche Wahrheit. Wie ich gezeigt habe, ist das aber problematisch. Gerade in einer politisch so polarisierten Zeit wie unserer. Die Art, wie wir Forscherinnen mit den Ergebnissen der DNA-Analysen umgehen, hat einen direkten Einfluss darüber, inwieweit unsere Ergebnisse politisch missbraucht werden können. Auch, weil DNA oft als ultimative Wahrheit gesehen wird. Und aus dem Blickwinkel der Forschung von vor 30 Jahren gesehen, können wir heute quasi zaubern. Aber genau deswegen braucht es mehr Sensibilität im Umgang mit unseren Forschungsergebnissen und wie wir sie kommunizieren.
Hinweiß: Ich möchte mich bei meinem äußerst liebenswürdigen Kommilitonen Jeffery König bedanken, da er mir bei der Literaturrecherche eine große Hilfe gewesen ist
Literatur:
Lichtensteinhöhle: https://www.uni-goettingen.de/de/538339.html
Stockhammer Zitat: https://www.spektrum.de/news/zankapfel-palaeo-dna/1559594
Mittelmeerstudie Presserklärung: https://medienportal.univie.ac.at/presse/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/jede-mittelmeerinsel-hat-eigenes-genetisches-muster/
Mittelmeerstudie: https://www.nature.com/articles/s41559-020-1102-0
Geschichte der Hautfarbe: https://migration.hypotheses.org/350
Cheddarman: https://www.nhm.ac.uk/discover/cheddar-man-mesolithic-britain-blue-eyed-boy.html
Wikingerkriegerin: https://www.researchgate.net/publication/319559178_A_female_Viking_warrior_confirmed_by_genomics
Die Theoriedebatte: http://www.medievalworlds.net/8084-5inhalt?frames=yes
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00438243.2019.1617189
https://www.cambridge.org/core/journals/proceedings-of-the-prehistoric-society/article/reintegrating-archaeology-a-contribution-to-adna-studies-and-the-migration-discourse-on-the-3rd-millennium-bc-in-europe/6F6223448D130FECBDB899F660EA9873
https://www.cambridge.org/core/journals/european-journal-of-archaeology/article/massive-migrations-the-impact-of-recent-adna-studies-on-our-view-of-third-millennium-europe/B225B14D82066373B2C11295AA1D1462
https://www.cambridge.org/core/journals/antiquity/article/retheorising-mobility-and-the-formation-of-culture-and-language-among-the-corded-ware-culture-in-europe/E35E6057F48118AFAC191BDFBB1EB30E
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Ein in vielen Punkten durchaus auch guter Artikel an dem ich dennoch viel Kritik habe:
„Ein sehr gutes Beispiel für eine Analyse, die sehr vorbildhaft durchgeführt wurde, ist zwar schon etwas älter, aber definitiv sehenswert. Es handelt sich um die Untersuchung menschlicher Überreste, die in der Lichtensteinhöhle im Harz gefunden wurden.“
Ich möge korrigiert werden falls ich falsch liegen sollte:
1.) Meines Wissens nach stammen die gefundenen historischen Menschenknochen aus einem Zeitraum von ca. 1000 und 700 v. Chr.
2.) Es wurden jeweils etwa 12 STR Marker des Y-Chromosoms der historischen Knochen und von deren potentiellen heutigen Nachfahren getestet!
3.) Als Y-Haplogruppe dieser vermeintlichen „alten Familie“ ergab sich I2-L38.
Zur allgemeinen Information: I2-L38 entstand als Haplogruppe, durch mehrere Mutationen, in einem Zeitraum von 10900-7000 v. Chr. (12900-9000 ybp) und der letzte gemeinsame Vorfahre aller Personen mit Haplogruppe L38 lebte vor ca. 2900-2000 v. Chr. (TMRCA 4900-4000 ybp). https://www.yfull.com/tree/I-L38/
12 Y-STR Marker wären nur eine sehr schlechte und ungenaue Grundlage. Selbst bei 100% Übereinstimmung aller Y-Marker, können die „Verwandtschaftsverhältnisse“, wenn man sie denn überhaupt so nennen kann, Jahrtausende noch voneinander entfernt liegen! D. h. die Vorfahren der vermeintlichen „Nachfahren“ (so leid es mir für diese Personen auch tut), waren womöglich nur die Cousins, gefühlt 100. Grades, von den einstmaligen Menschen, die in dieser Höhle bestattet wurden!
Wenn man sich nur auf die Haplogruppe bezieht wird es noch gruseliger. Man schließt auf Menschen nur aufgrund einer Haplogruppe, die mindestens 1000 Jahre älter ist als die Zeit in der die Funde datiert wurden! Und das einfach so, ohne weitere Subclades ermittelt zu haben!!! Wow!!! Kann ich direkt von den Menschen, die in Italien um, sagen wir 1500 v. Chr. gelebt haben, auf das Römische Imperium schließen (als augenscheinlicher Vergleich).
So so, das wird also als „Ein sehr gutes Beispiel für eine Analyse, die sehr vorbildhaft durchgeführt wurde…“ gewertet! Eine interessante Meinung!!!
PS: Zum Glück gibt es in heutigen Zeiten schon ganz andere Möglichkeiten aDNA extrem zuverlässig zu untersuchen. Aber die sind wohl nicht so „vorbildhaft“, weil sie oft schon auf Basis des modernsten „Next Generation Sequencing“, unter hervorragenden sterilen Laborbedingungen durchgeführt und auch nach neuestem Erkenntnisstand bewertet werden können!!! 😉
„Wir wissen nicht, ob sich die Angehörigen dieser Familie z.B. untereinander gestritten haben. Oder aber wie das Gesellschaftliche leben dieser Menschen ausgesehen hat.“
Das wissen wir aber auch nicht, wenn wir Tacitus gelesen und Tonscherben gefunden haben!!! Aber man darf dann trotzdem Lineare Bandkeramik oder andere Bezeichnungen einführen! Die Toten drehen sich in ihren Gräbern, äh Kartons im Museumsdepot um!!!
„Es gibt Menschen, die können Milch verdauen, finden sie aber zum Beispiel extrem ekelig.“
Man muss Milch nicht köstlich finden um auf sie angewiesen zu sein! Sich nahrungstechnisch so wählerisch zeigen zu können ist nur ein unverschämter Luxus unserer modernen Gesellschaft! Die Menschen früher mussten Milch trinken, denn Hunger gab es genug und deutlich mehr als heute!!! Die Frage war eher, was geben Kühe an Milch? Normalerweise nicht besonders viel! Das hätte sogar noch ein Laktoseintoleranter trinken können (maximal einen kleinen Becher Milch am Tag). Kühe wurden aber schon seit ihrer Domestizierung regelrecht „hochgezüchtet“ und den Extremfall erleben wir heute! Das kann man übrigens im Buch „Die Reise unserer Gene“ von Johannes Krause in etwa auch so nachlesen!
„In der Presse liest es sich aber oftmals so, als wäre mit einer DNA-Analyse eine Wahrheit gefunden worden.“
Mindestens genauso oft, wird DNA dort regelrecht verteufelt! Na und?! Was interessieren einen rational vernünftig denkenden Menschen heutzutage noch reißerische Werbeblog- und „Clickbait-News“ (dem Rest der Menschheit ist eh nicht mehr zu helfen!).
Zu Herrn Kossinna: Zu seiner Zeit vermaß man noch Schädel und sinnierte über vermeintliche Rassen, für die selbst zur damaligen Zeit schon jede, nicht nur wissenschaftliche sondern sogar korrelative Beweiskraft fehlte (sämtliche Schädelformen kamen vollkommen Zusammenhanglos innerhalb eines bestimmten Gebietes vor, etc.)! Diese vermeintlich „wissenschaftlichen Theorien“ waren niemals welche! Und das möchte man wirklich mit moderner Archäogenetik oder auch nur „laienhafter“ DNA-Genealogie, etc. vergleichen?!
„Die Gemüter entzünden sich an der Frage: hat derjenige der zuerst da war, auch mehr Rechte? Und dieser Gedanke ist in unserer Gesellschaft immer noch existent.“
Wenn sich durchdachter Rassismus nur auf derart einfache Thesen berufen würde dann hätten wir es wirklich gut! Wenn das Thema DNA von sehr wenigen Rassisten (denn so viele gibt es von denen auch wieder nicht!), missbraucht wird, dann garantiere ich für definitiv sehr viel schlauere Einfälle aus dieser Richtung!!! Und nein so etwas lässt sich nun einmal nicht verhindern, sondern dem ließe sich nur wissenschaftlich korrekt und entschieden widersprechen! Genau das würde allerdings voraussetzen, diesen modernen Methoden weniger grundsätzlich zu misstrauen sondern mit ihnen zu arbeiten! Leider ist das in Deutschland aber bei vielen Historikern und anderen noch nicht angekommen!!!
„Die Struktur der Herkunft eines Menschen ist komplexer und es gibt nicht „den einen Stammhalter“, von dem wir jeweils abstammen, oder die „Eine Kultur“. Um das zu verstehen denk einmal an deine Eltern. Jeder deiner Eltern hat zwei Eltern. Und auch die haben wiederum jeder zwei Eltern. Spielen wir dieses Spiel nur 600 Jahre lang, dann hast du statistisch eine Millionen Vorfahren. Die DNA, die du in dir trägst sind von dieser Million Menschen nur die Teile, die sich bis heute durchgesetzt haben. Zum einen hast du also Vorfahren, die vor 600 Jahren gelebt haben, die sich in deiner DNA bis heute aber nicht mehr erhalten haben, mit denen du aber direkt verwandt bist.“
Dem stimme zu einem gewissen Teil zu. Ja wir haben, wenn wir einmal bei uns selbst anfangen, zunächst einmal ein exponentielle Wachstum von Vorfahren-Generation zu Vorfahren-Generation. Das dieses exponentielle Wachstum nicht auf Dauer funktioniert ist denke ich jedem klar!
Als nächstes kommt selbstverständlich der Implex (Ahnenschwund)! Dann haben wir zig mal die gleichen Vorfahren. Das ist soweit als Voraussetzung klar! Nun mag es tatsächlich sehr wahrscheinlich sein, dass wir ab irgend einem Punkt, rein rechnerisch, dann mit der kompletten Weltbevölkerung oder wenigstens ganz Europa verwandt sein müssten. Aber das ist nur eine Wahrscheinlichkeit! Wer sagt mir denn, dass ich das sein muss? Durch den irgendwann ohnehin massiv um sich greifenden Implex wäre das keine zwangsläufige Voraussetzung! Zudem gab es und gibt es auch immer Menschen, die keine Nachkommen hinterlassen haben!
Wenn ich dennoch von diesem sehr wahrscheinlichen Szenario ausgehe, dass ich irgendwann quasi die mehr oder weniger gesamte europäischen oder gar weltweiten Bevölkerung als Vorfahren habe, dann ist die eigentlich interessante Frage doch die der Gewichtung! Es macht doch z. B. einen glasklaren Unterschied ob jemand einmal Sultan Saladin als Vorfahren hat und 100 mal Karl den Großen (leicht übertrieben ausgedrückt) oder umgedreht 100 mal Sultan Saladin und nur einmal Karl den Großen!!!
Kommen wir zu den genetischen Vorfahren die dann noch spezieller sind! Die aller wenigsten unserer genealogischen Vorfahren haben einen, wenn auch noch so geringen Anteil an DNA, überhaupt an uns weitergegeben! Wegen der immer neuen Rekombination bei der Vererbung der atDNA verschwindet das meiste ja irgendwann! Ich habe z. B. zwei Nachfahren meiner norwegischen Vorfahren in 8. Vorfahren-Generation, mit denen matche ich schon überhaupt nicht mehr!!! Hier kann man sehr gut erkennen, wie wenige genealogische Vorfahren, ungefähr nur unsere „auserwählten“ genetischen Vorfahren sind und das sind noch optimistische Berechnungen!!! http://burtleburtle.net/bob/future/ancestors.html Dieser „erlauchte Kreis“ weniger genetischer Vorfahren lässt dieselben umso interessanter erscheinen! Es ist z. B. zwar wahrscheinlicher Karl den Großen als genetischen Vorfahren zu haben als im Lotto zu gewinnen aber immer noch unwahrscheinlicher als vom Blitz erschlagen zu werden, also Vorsicht vor Gewitter! https://www.youtube.com/watch?v=_vm6almBFEo (wenngleich Andrew Lee hier von einer recht negativeren Einschätzung der möglichen Anzahl genetischen Vorfahren ausgeht!).
In der breiten Masse sind diese genetischen Vorfahren dann aber auch durchaus wieder sehr repräsentativ für die breite Masse an getesteten Nachfahren, denn von denen bräuchte man mitunter gar nicht so viele. Durch den DNA-Test eines X beliebigen US-Amerikaners, lässt sich heutzutage im Schnitt schon dessen Cousin 3. Grades bestimmen, das ist nicht nur für US-Amerikaner von großer Relevanz! Ohne derart gute Voraussetzungen ließen sich solche DNA-Tests auch komplett vergessen!!! Also hätte man, in einem beachtlichen Maße, schon gewisse Populationen abgedeckt und inklusive z. T. damit deren Vorfahren!
Ja Migration gab es immer, aber das waren meistens nur Minderheiten die migrierten (jedenfalls innerhalb der letzten 4800 Jahre) und auch die waren bis zu einem gewissen Grade eingeschränkt in ihren Migrationsmöglichkeiten!!! So lassen sich diese Migrationen, mindestens bis zu einem gewissen Grad, populationsgenetisch nachvollziehen!
„Eine Identität über diese DNA-Analysen zu konstruieren ist also schwierig…“
Soweit sich das feststellen lässt sind es immer ein paar Identitäten von verschiedenen menschlichen Populationen in verschieden starker Zusammensetzung! Nein eine Identität im Sinne einer Nation ist es mit Sicherheit nicht!!! Trotzdem ist es schon eine Identität auf die man sich beziehen könnte! Das römische Imperium hat seine Identität lediglich auf die Existenz von zwei Knaben, die bei Wölfen aufwuchsen, bezogen, da fühle ich mich in Punkto DNA schon besser beraten! Aber Identität ist eh Geschmackssache! 😉
„Genetisch gesehen, sind die Schnurkeramiker in der Folge weitestgehend verschwunden.“
Was ist das für eine wirre und abenteuerliche Behauptung?! Die Schnurkeramische Kultur bestand zum deutlich überwiegenden Teil aus Nachfahren der Jamnaya-Kultur. Diese verdrängten die vorherige Trichterbecherkultur und das lässt sich genetisch wunderbar nachvollziehen ( https://www.nature.com/articles/nature14317 ) Noch heute findet sich etwa 50% Jamnaya-DNA bei einem durchschnittlichen Europäer!!! PS: Natürlich gibt es kein Invasions- und auch kein Krieger-Gen!!!
Zum Cheddar Man: Ich will nicht kleinlich sein! Es gibt Gene für „helle Haut“ die wurden bei ihm nicht gefunden, bzw. die Mutationen dazu fanden bei ihm nicht statt. Wie dunkel seine Haut war wissen wir nicht genau! Nur ein von bis! Von einer dunkleren Tönung (etwas dunkler als der Durchschnitt der Bevölkerung in mediterranen Ländern, weil die oft wenige Gene für helle Haut haben) bis hin zu sehr dunkler Haut (wie man sie bei Menschen im Sudan findet, Nubier). Die Rekonstruktion ist ein Kompromiss genau dazwischen!!! Und nein das ist natürlich auch kein Einzelfall sondern die Regel denn die Mutationen für Helle Haut gab es erst sehr spät!!!
Zur „Schildmaid von Birka“:
Der Fall dieser so genannten Schildmaid von Birka ist archäologisch alles andere als geklärt! ( https://www.youtube.com/watch?v=Tqc4pvDl0cc und https://www.youtube.com/watch?v=8MO19IGbiJw ) Nur weil eine reiche und vornehme Skandinavierin mit Waffen und anderen Gegenständen bestattet wurde, bedeutet das längst nicht, dass es sich um eine Kriegerin gehandelt haben muss! Ja, Merkmale an den Knochen lassen auf eine Verletzung durch eine Waffe schließen. Aber selbst das bedeutet u. U. nur, dass sie sich Not gedrungen verteidigen musste! Im Gegensatz zu den braven vermeintlichen 11.000 christlichen Märtyrerjungfrauen aus Köln, unterstelle ich der „Birka-Frau“ aber zumindest, dass sie wusste, dass man ein Schwert nicht nur zum Schmieren von „Smørrebrød“ benutzen kann, damit sie sich im Fall der Fälle (der in unruhigen Zeiten immer wieder eintreffen konnte) auch wirklich selbst, ihren Hof und Besitz verteidigen konnte!!! Aber das bedeutet keineswegs, dass sie eine „professionelle Kriegerin“ im eigentlichen Sinne war!
Moin Carsten!
Wie nennt man das doch gleich, wenn ein Mann einer Frau im besserwisserischen Tonfall die Welt erklärt?
Ach ja: Mansplaing.
Gut zu erkennen, an einer äußerst ausgewachsenen Menge, mit vielen fehlerhaften Äußerungen seitens des Mannes, der sich aber doch netterweise dazu herab gelassen hat, der Frau die Welt zu erklären…
Also schauen wir uns das ganze doch mal an, um zu überprüfen, was denn dran ist, an deinen Belehrungen 😉
Mein Fehler 1 ist die Datierung der Lichtensteinhöhle. Ich schreibe: „ein Bestattungsplatz der Bronzezeit“, du schreibst als Korrektur: „Menschenknochen aus einem Zeitraum von ca. 1000 und 700 v. Chr“
….. Und innerhalb welcher Epoche liegt dieser Zeitraum? Bingo! Die Bronzezeit…
Wo ist jetzt der Fehler?
Mein Fehler 2: „2.) Es wurden jeweils etwa 12 STR Marker des Y-Chromosoms der historischen Knochen und von deren potenziellen heutigen Nachfahren getestet!“
Well, ja, diese Untersuchung gab es. Auf diese Untersuchung bezieht sich aber mein Artikel gar nicht. Also 0% … Wie soll ich da jetzt was zu sagen (die Untersuchung, auf die ich mich bezogen, habe ist bei den links angegeben). Ich könnte quasi kontern mit: Hey du, sag nicht so häufig, dass der Mond aus Käse ist… einfach nur, weil du das gar nicht gesagt hast
… hä??? Soll es jetzt auf der Basis weiter gehen? That doesnt make sense!
Deswegen überspringen wir mal diesen Teil.
Einziger Kritikpunkt, den ich sehe: Ich habe mich wirklich rein gar nicht auf diese Analysen bezogen, die historische zusammenhänge auf heute lebende Menschen hin untersuchen. Aber wie gesagt ich wollte kein Buch schreiben, und um ehrlich zu sein speziell zu diesem Punkt zu einem andern Zeitpunkt einen Artikel. Irgendwann mal. Aber dieses Thema, dass durchaus in die Kritik passen würde, habe ich einmal ausgeklammert. Kann man doof finden, verstehe ich, aber wenn dann wollte ich dem ganzen dann einfach mehr Aufmerksamkeit widmen, als es in diesem Artikel Platz gefunden hätte.
Kommen wir also zum nächsten Punkt: „„Wir wissen nicht, ob sich die Angehörigen dieser Familie z.B. untereinander gestritten haben. Oder aber wie das Gesellschaftliche leben dieser Menschen ausgesehen hat.“ Das wissen wir aber auch nicht, wenn wir Tacitus gelesen und Tonscherben gefunden haben!!! Aber man darf dann trotzdem Lineare Bandkeramik oder andere Bezeichnungen einführen! Die Toten drehen sich in ihren Gräbern, äh Kartons im Museumsdepot um!!!“
Nunja… Was soll ich dazu sagen… Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun? Genau: Nix! Also wirklich garnix! Das eine beschreibt die Grenzen des erforschbaren, dass andere ist eine Kritik an Fachbegriffen. Und mit dem Artikel hat es nicht zu tun…
Das dritte Mal wo ich mich frage, wo ist der Fehler?
Ok gut, schauen wir mal weiter:
Nummer 4: „„Es gibt Menschen, die können Milch verdauen, finden sie aber zum Beispiel extrem ekelig.“ Man muss Milch nicht köstlich finden um auf sie angewiesen zu sein! Sich nahrungstechnisch so wählerisch zeigen zu können ist nur ein unverschämter Luxus unserer modernen Gesellschaft! “
… Nuja, da sind sie wieder, unsere Vorstellungen und Weltbilder der Vergangenheit. Und eine davon ist, dass Menschen in der Prähistorie unfassbar arm wahren. Das es ihnen Ernährungstechnisch schlecht ging. … Auch das ist eine Interpretation, sogar eine Diskurslastige Interpretation! Und ja es gibt Ernährungsanalysen. Zum Beispiel Spuren von Mangelernährung an Zähnen. Sowas gibt es in der Prähistorie durchaus. Es gibt aber auch genau das Gegenteil. Die gut ernährten Menschen. Also die, die eindeutig an keinerlei Mangel litten und eine Auswahl hatten. Erst vor wenigen Tagen habe ich hier einen Gürtel aus der Eisenzeit gezeigt, der auf einen Bauchumfang von 1,30 m des Menschen hingewiesen hat.
… Es ist also kein Fehler meinerseits zu sagen, das es Menschen gibt, die Milch eklig finden, sondern es ist ein diskurslastiges Bild die Prähistorie als eine Zeit des reinen Mangels anzusehen. (Aber: Die determinisitsche sprechweise mit der dieses vermeindliche Faktum erwähnst, ist sehr typisch für Mansplainig)
… Ein viertes mal frage ich mich … wozu der Vortrag?
Kommen wir zu Punkt 5, keine Feststellung eins Fehlers, aber eine Anmerkung: „„In der Presse liest es sich aber oftmals so, als wäre mit einer DNA-Analyse eine Wahrheit gefunden worden.“ Mindestens genauso oft, wird DNA dort regelrecht verteufelt! Na und?! Was interessieren einen rational vernünftig denkenden Menschen heutzutage noch reißerische Werbeblog- und „Clickbait-News“ (dem Rest der Menschheit ist eh nicht mehr zu helfen!).“
… Das klingt für mich ganz so als hättest du ein Problem mit einem aufklärerischen Diskurs. Dinge so einfach über einen Kamm scheren. Da macht es sich jemand aber ganz schön leicht. Kurze Anmerkung: Wissenschaft ist toll, aber es liegt auch in der Verantwortung der Wissenschaft zu schauen was davon wie nach Außen getragen wird. Elfenbeinturm führt nicht zu einer Aufgeklärten und mündigen Gesellschaft.
Punkt 6: zu Kossinna schreibst du: „Diese vermeintlich „wissenschaftlichen Theorien“ waren niemals welche!“
Schlag ein, wir sind uns einig! Nur führt das leider nicht dazu, das andere das auch so sehen. Und da ist es wieder, das Problem mit dem Elfenbeinturm… Und im Grunde schreibst du das ja auch selber. Dass das Problem noch nicht bei genügend Wissenschaftler*innen angekommen ist. Deswegen gibt es übrigens diesen Blog, um einen Draht zwischen Laien und Nichtlaien zu erstellen, um auf genau solche Punkte, die dabei auffallen, auch aufmerksam machen zu können…
Deswegen verstehe ich auch nicht warum du so negativ über Berichterstattung sprichst, clickbaiting und so… Das ist der Weg, über den heutzutage kommuniziert wird. Und gerade wichtig da zu erscheinen.
Dann zu meinem/deinem Vorfahren Punkt: …Diesmal ohne Zitat…
Ganz glasklar: Ich wollte mit dieser Erklärung auf etwas anderes hinaus. Na klar du hast recht, es ist alles Komplizierter. Aber deswegen ist es ja klar eine Vereinfachung. Und es ging nicht um die Punkte auf die du hin Argumentierst. Das sollte kein Buch werden, sondern ein Blogeintrag. Und zwar für Leser*innen die das aus Spaß in ihrer Freizeit lesen. Der muss halt dann auch mal ein Ende haben, und manch Sachen vereinfache ich. Deswegen werden Sachen ausgeblendet, welche für einen Argumentationsstrang nachrangig sind. Aber für dich ist das ja eh Clickbaiting, und ich kann froh sein, dass der erlauchte Herr sich herablässt mich, kleines Mädchen zu belehren 😉
Kommen wir zu deiner nächsten Anmerkung, Thema Identität: „Das römische Imperium hat seine Identität lediglich auf die Existenz von zwei Knaben, die bei Wölfen aufwuchsen, bezogen, da fühle ich mich in Punkto DNA schon besser beraten! Aber Identität ist eh Geschmackssache!“
… Krass, dir ist offenbar überhaupt nicht klar aus wie vielen Faktoren eine Identität sich bezieht. Und wenn sich jemand seine Identität ua. über einen Wolf konstruiert, dann hat er das so für sich verstanden. Wenn du ihn rein über die DNA betrachtest, kannst du das nicht erfassen. Wir reden hier über die Selbstwahrnehmung von Menschen, die wir nicht mehr fragen können. Konstruieren wir die Identität dieser Menschen nur über DNA, also über eine Information, die ihnen selber um ihre Identität zu konstruieren gar nicht, bzw. nur sehr begrenzt zur Verfügung standen nehmn wir also ganz andere Indikatoren um dieses Bild zu gestallten. Das ist dann zum einen Blind auf dem Auge von Kulturellen zusammenhängen und zum anderen eine Übertragung moderner Narrative auf die Vergangenheit. Außerdem eine massive Vereinfachung und einfach von vorne bis hinten fehleranfällig und interpretativ.
Aber gut, du wirst dir sicher etwas dabei gedacht haben, mich zu belehren, also schauen mir mal weiter:
„„Genetisch gesehen, sind die Schnurkeramiker in der Folge weitestgehend verschwunden.“ Was ist das für eine wirre und abenteuerliche Behauptung?!“
.. Der Kandidat hat 100 Punkte. Ich hab das tatsächlich völlig verdreht erklärt. Es ist der erste Punkt wo ich denke, wow, danke das sich dieser durchlauchte Mann dazu herabgelassen hat, etwas zu schreiben. Allerdings hätte der Gesamte bisherige Kommentar zusammengefasst werden können auf: „Miss Jones, dir ist da ein Fehler unterlaufen bzgl. der Jamnaja Kultur.“ und vielleicht noch ein „Schau mal hier, ich habe da diese Information“ … Das wäre Augenhöhe, dass wäre das gegenüber ernst nehmen, aber nein, dazu ist der Herr ja viel zu edel, deswegen benutzt er so freundliche Formulierungen wie „Wirr“… wie überaus freundlich…
Also vielleicht darf ich ja auch im folgenden Text was lernen; Der Cheddarman: Das ist im Kommentar im Grunde nur ne Wiederholung von dem, was im Artikel steht.
… Hmm… Das ist ein Phänomen, das sehr häufig auftritt. Und zwar in der Konversation von Mann und Frau. Gerade bei Manplaining. Der Mann streut eins zwei Informationen, die die Frau zuvor gesagt hat, in seine Kritik mit rein und dann wirkt es so, als hätte er, als der gute hilfreiche Kritiker diese wertvolle Information beigesteuert….(muss ich weiter reden, ich denke dieser Trick erklärt sich an dieser Stelle von selbst)
Kommen wir also zu deinem letzten Punkt: Die Birkakriegerin; Aufschlussreich denn: „Aber das bedeutet keineswegs, dass sie eine “professionelle Kriegerin” im eigentlichen Sinne war!“
… Du beziehst dabei auf die archäologische Arbeitsweise. Tust du das bei Männergräbern auch? Mit der gleichen Argumentationsstruktur könntest du jedem Grab das Krieger-Dasein absprechen. Tust du es auch? Heißt das, du bist so konsequent zu sagen: Man kann bei keinem einzigen Grab der Prähistorie interpretieren, dass es sich um eine Kriegerbestattung handelt? Oder ist das so ein Ding, von und wegen, ohh, das ist ne Frau, dass darf nicht sein, weil ich mir das nicht vorstellen kann (Das das nonsens ist, werde ich in ein paar Tagen bei einem Artikel über Wikingerinnen allgemein zeigen). Also erneut ein diskurslastieger Ansatz der als vermeindliches Faktum dargestellt wird. … Das würde zumindest zum Mansplaining passen.
… Und da ist es, Bestandteile des Mansplaining: Voll erfüllt. Und das sehr ausgiebig. Meine Antwort hat mich jetzt tatsächlich 3 Stunden und 30 Minuten Zeit gekostet. Zeit die ich in tolle neue Artikel, oder auch die Korrektur des zurecht angemerkten Fehlers hätte stecken können. Und weißt du was Carsten. Du bist nicht der einzige Mann, der mir solche Nachrichten schickt. Tatsächlich gibt es Zeiten, da bekomme ich solche Nachrichten fast Täglich. Aber in zweierlei Hinsicht bist du der erste: 1. Du hast mir deine Belehrungen nicht per Mail oder PN Geschickt, sondern im hier im öffentlich sichtbaren Kommentarfenster. Und 2: Du hast tatsächlich einen Fehler gefunden der wircklich da ist. (Wobei, beleidigende Äusserungen, kannst du dir echt sparen, denn so krass ist dieser Fehler jetzt auch nicht)
…das ganz kommt mit viel Kram drum herum, wo ich mir denke… Was soll das? Was hast du davon dich so aufzublasen? Ich meine, du verballerst unglaublich viel Energie dafür. Und raubst mir ebenfalls viel Energie. Man könnte auch sagen, Mansplainig ist eine Form gesellschaftlicher Energieverschwendung…
… Also lieber Carsten: Wenn du das Bedürfniss hast selber gehört und gesehen zu werden, schreib selber nen Blog. Aber was immer schlecht ankommt ist, wenn deinem gegenüber der Eindruck vermittelt wird, dass du dich für was besseres hälst. Und vorallem, wenn der Eindruck vermittelt wird: Das du dich für was besseres hälst, weil du ein Mann bist, der einer Frau etwas erklärt. Etwas, was wie ich gezeigt habe auch immer wieder fragwürdig ist. Das ist unagenehm für alle beteiligten. Und es ist vorallem eines: Sexistisch. Und das ausgerechnet in meinen Gender-Aktionswochen….
Zusatz:
Lieber Carsten. Vielleicht hast du meine Antwort falsch verstanden. Es handelt sich nicht, um eine Einladung mir gleich den nächsten Roman zu schicken, wenngleich dieser in geringfügig weniger herablassender Art geschrieben war.
Es war eher eine Einladung sich zu entschuldigen, bzw. vielleicht einfach nur festzustellen, dass diese Art sich mitzuteilen eben sehr negativ wahrgenommen werden kann. Selbst wenn dir das nicht klar war, hätte man das ja sagen können, nachdem ich darauf verwiesen habe. Das ganze kostet extrem viel Energie von allen Seiten, die aber durchaus sinnvoller investiert werden kann. Dementsprechend werde ich weder deine Nachricht, noch die von, ich vermute mal deinen Freunden, freischalten.
Denn, wie du und auch diese anderen Menschen glasklar gesagt haben, redet ihr nicht so mit mir, weil ich eine Frau bin, sondern weil ihr immer so mit Menschen umgeht.
… Also herablassend, deterministisch, und halt auch faktisch irgendwie daneben (Am Thema vorbei usw.) wie ich ja gezeigt habe.
Nehmt es wie ihr es wollt. Ich dulde herablassendes verhalten auf dieser Seite nicht. Egal, ob ihr immer so seit, oder nur Frauen gegenüber. Also dürft ihr für euch selber entscheiden, warum ich diese Diskussion an dieser Stelle beende. Weitere Kommentare, die sich auf diese Diskussion beziehen, werden nicht zugelassen.
Nachtrag: Nach neueren Untersuchungen, ist der Fehler mit der Schnurkeramik und der Jamnajakultur jetzt wieder falsch, den aktuellere Analysen haben gezeigt, dass die Schnurkermiker DNA nicht verschwunden ist. Man hat in der Zwischenzeit mehr Analysen gemacht. Und ich vermute, wenn wir noch 2 Jahre Warten, ist der Forschungsstand wieder ein ganz anderer.
Und: Ich habe inzwischen mehr zu der Idee, dem Diskurs der Mangelernährung in der Prähistorie gelernt. Einfach weil es dazu Theorien in Zusammenhang mit Kannibalismus gibt, und darüber habe ich meine Masterarbeit geschrieben. Dass ein dauerhafter Mangel in der Prähistorie herrschte, ist ein Diskurs gewesen, der auf der Idee von Kulturstufen fußt, ist aber lange widerlegt. Der erste Text, in dem es so formuliert wurde, dass die Idee so überkommen und uralt und falsch ist, dass man sich wundern sollte, dass das überhaupt noch Menschen glauben stammt aus den 1960er und wurde von Karl Narr geschrieben…
Nur als Ergänzung des Ganzen.
Wer soll denn dies endlose Gelaber lesen???
Sehr interessanter Beitrag. Wir haben auch viel mit DNA Analysen zu tun.
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Erstmal vorweg: Ich bin kein Archäologe, ich habe Elektrotechnik studiert. Fachwissen kann man also bei mir nicht erwarten …
Dennoch ist mir etwas bei der Schildmaid von Birka aufgefallen: Ich sehe nämlich — natürlich als Mann! — die Tatsache, dass der erste Fund einer Kriegerin viel mehr hinterfragt wird als der eines Kriegers nicht unbedingt als frauenfeindlich an: Aus meiner Sicht ist in der Wissenschaft eine neue Erkenntnis, die bisherige Glaubenssätze ins Wanken bringt, immer etwas, das viel mehr hinterfragt wird, als als andere, die sie untermauern — und das ist gut so!
Findet man nämlich den x-ten Krieger, ist das keine wirklich neue Erkenntnis. Findet man aber die erste Kriegerin, dann IST das eine neue Erkenntnis — und die sollte man eingehend auf den Prüfstand stellen, bevor man sie für bare Münze nimmt. Täte man das nämlich nicht, liefe man Gefahr, entweder nach ein paar Jahren möglicherweise wieder zurückrudern zu müssen — oder sogar einen unerkannten Fehler über lange Zeit mitzuschleppen.
Es ist ja gerade ein Merkmal von Wissenschaft, dass man Tatbestände eben so lange untersucht, bis auch der letzte überzeugt ist — was hier auch den Vorteil hat, dass die Schildmaid von Birka sicherlich akribischer untersucht und damit ihr Fall besser gesichert ist, als bei so manchem männlichen Krieger — und sie damit vielleicht auch Anlass sein kann, bei manch anderem Kriegerfund noch einmal etwas genauer nachzusehen, ob es sich wirklich um einen Mann handelt …
Ich glaube, du hast da Problem nicht verstanden. Wenn es so wäre wie du sagst, wäre ja alles gut, das Problem ist: So ist es nicht. Die akribische Analyse, ob die Krieger wirklich Männer sind, findet nämlich z.B. nicht statt, sondern viel eher wird das unterlassen, und das Aufkommen vieler (nicht nachuntersuchter) Krieger als Gegenbeweis für den Birkafund angeführt.
Außerdem so wie du es schreibst, führt eine akribische Untersuchung zu einer besseren Beleglage, und dazu das der Befund dann auch anerkannt wird. Und dem ist auch nicht so. Also das mit der besseren Beleglage stimmt tatsächlich, nur anerkannt wird der Befund nun nicht mehr, sondern weniger. Weil im Kopf der meisten Forscher zurückbleibt „da war doch was, da musste man nachuntersuchen, der Fund stimmt ja nicht“.
Zudem finde ich schade, dass du so tust, als wäre das alles einfach eine gefahrlose Diskussion. Tatsächlich ist es nicht einfach ein Forschscherstreit auf sachlicher Ebene – vielmehr ist es ein Kulturkampf, der mit Morddrohungen geführt wird, und mit Androhungen gegen Familienangehörigen von Frauen, die darüber reden. Es gab massive Einschüchterungen, größtenteils von Hyperrechten, die zwar keinen Fachhintergrund haben, aber zu unfassbarer Gewalt im Stande sind.
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