Kinder sind eine der wichtigsten Besuchergruppen in Museen. Nicht nur, dass es gut für die Bildung von unserem Nachwuchs ist; für ein Museum bedeuten begeisterte Kinder Familien, die wieder kommen. Einer meiner Dozenten in meinem Museumsmanagement-Zusatzstudium pflegte immer zu sagen, dass es die Kinder einer Familie sind, die samstagmorgens beim Frühstück entscheiden, wo der Wochenendausflug hingeht. Ein Museum steht in dieser Hinsicht in Konkurrenz zum Freizeitpark. Das heißt: Ein gutes Kinderprogramm, dass Kinder fesselt, sorgt dafür, dass sie wiederkommen wollen. Dies hat noch mehr Aspekte. Hat ein Kind erfolgreich die Pubertät überstanden, entdeckt es seine alte Leidenschaft eher wieder, als ein Kind, das schlechte Erfahrungen in einem Museum gemacht hat. Ist dieser Mensch irgendwann erwachsen und hat eine eigene Familie, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass diese Familie wieder in ein Museum geht. Es zeigt sich also: Es ist sinnvoll im Museum Kinder zu begeistern.
An dieser Stelle sind Museen sehr frei in der Frage der Gestaltung. Es gibt Museen, die kleine Ecken zum spielerischen Lernen einrichten. Andere Museen inszenieren Sachen besonders gut und so beeindruckend, dass auch Kinder gerne wiederkommen, um sich wieder beeindrucken zu lassen. Dazu gehört zum Beispiel das Landesmuseum in Halle, mit seinen Großartig arrangierten Fundstücken. Oder auch das Wasserschloss in Hagen, in dem ein überlebensgroßes Mammut die Besucher*innen im Treppenhaus begrüßt. Es gibt aber auch Museen, da fehlen Kinder im Konzept. Das wirklich wunderschön gemachte Landesmuseum für Vorgeschichte in Kassel hat ein paar herausragende Inszenierungen, die Archäologie einfach erklären. Leider scheinen die kleinen Besucher dabei aber nicht mitgedacht worden zu sein. Das ist schade. Meine schlimmst Erfahrung hatte ich im Museum, dass zu der Ausstellung bei den Grotten des Catull gehört. Ich hatte zu dem Zeitpunkt meines Besuchs bereits drei Semester klassische Archäologie studiert, aber das Fachsprachniveau in den Texten des Museums war so hoch, dass ich Mühe hatte zu verstehen, wovon geredet wurde. Ein paar völlig frustrierte Kinder sahen sich Filme an einer Videostation an, die viel zu lang waren und die ich selber so gerade eben verstand. Tatsächlich begannen sich die kleinen irgendwann vor lauter Frustration zu prügeln.
Das ist nicht cool. Und dabei ist es manchmal gar nicht einfach in gutes Programm zu entwerfen. Ursächlich ist häufig, denke ich, der fachliche Elfenbeinturm. Die Schwierigkeit sich hineinzuversetzen in den Bildungsstand eines Kindes. Ein Aha-Erlebnis hatte ich in dieser Hinsicht im Tiroler Volkskunstmuseum. Ein Museum, das Wert darauf legt auch die Kleinsten mit einzubeziehen. Eine Station ist ihnen dabei allerdings missglückt. Es geht um eine Art Trachten-Slotmaschine. Ich fand die Idee lustig. Man zieht wie an ein Einarmigen-Bandit und bekommt dann Trachten gezeigt. Dann muss man raten, welche Tracht aus welcher Region stammt. Aber ganz ehrlich, woher soll man das denn wissen? Klar ein*e Volkskundler*in, mit dem Schwerpunkt Trachten erkennt das selbst im Dunkeln, aber wer sonst? Das eigentlich lustige Spiel entpuppte sich schnell als unfassbar frustrierend. Es kam mir vor als würde mir jemand die lange Nase zeigen, weil ich nicht wusste, wie welche Tracht aus welcher Tiroler Region aussah. Und das Gefühl gar keine Möglichkeit zu haben, etwas richtig zu beantworten ist ärgerlich. Dabei ist die Idee mit der Slotmaschine super, aber man sollte sich nicht wie in Depp zu fühlen, wenn man so ein Spiel spielt. Diese Installation war also nicht auf Augenhöhe mit den Besucher*innen konzipiert. Und das ist, denke ich sehr wichtig um Kinder für ein Museum zu begeistern.
Deswegen denke ich: Museen sind toll, aber sie können auch frustrierend sein, wenn sowas wie bei diesem Spiel passiert. Ich denke nicht, dass das böse Absicht war, also das es da irgendjemanden gibt, der*die sich darüber freut, wenn andere Leute keine Ahnung von Trachten haben und genervt das Feld räumen. Vielmehr scheint es wichtig zu sein zu überprüfen, ob das Programm Leuten auch Freude breitet. Ob sie etwas mit dem was sie gezeigt bekommen, oder ausprobieren dürfen, anfangen können. Dazu braucht es eine Evaluation. Das heißt, es braucht Museumstester*innen. Viele Museen machen auch solche Tests. Ich denke, alle Museen sollten das regelmäßig tun und dabei auch ehrlich zu sich selbst sein. Das kann auch weh tun, wenn eine liebevoll ausgearbeitete Idee einfach nicht funktionieren will. Aber wenn man Ausstellungen immer wieder verbessert, und z.B. bei der Slotmaschine die Fragen einfacher macht, dann gewinnen wir alle. Die Museen Besucher, Familien Orte die sie lieben und die Gesellschaft Allgemeinbildung.
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