Das Chaos am Seeboden

Unterwasserarchäologie, das klingt erstmal nach wilden Bergungsaktionen um die Überreste uralter Schiffswracks, aber es gibt auch ganz andere archäologische Funde, die im Wasser liegen. Zum Beispiel in den Seen der Alpen. Am bekanntesten sind hier die Pfahlbauten, die es seit der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit hinein immer wieder gegeben hat. Spuren davon finden sich zum Beispiel bei der Roseninsel am Starnberger See. Aber auch am Bodensee gibt es Funde dieser Zeit. So wurde im bayrischen Teil des Sees, bei Wasserburg, 2018 ein Einbaum geborgen. Da dieser Einbaum auf 1.100 v. Chr. datiert werden konnte, gab es Grund genug sich an der gleichen Stelle weiter umzusehen. Und dabei wurde dann auch etwas gefunden:

Eine Schädeldecke im Schlick des Sees. Sie ist stark rötlich verfärbt und mit Seepocken besetzt.

Eine Schädeldecke (Foto: Foto: Tobias Pflederer, Bayer. Gesellschaft für Unterwasserarchäologie e.V.)

Und wie es so ist in dem riesigen Puzzle der Menschheitsgeschichte, das den Namen Archäologie trägt mal passiert, wurde diese erst einmal falsch eingeschätzt. Der Grund: Die Schädeldecke lag zwischen bearbeiteten Holzstücken, die auf das 6. und 7. Jahrhundert datiert werden konnten, die also aus dem frühen Mittelalter stammten. Eine Radiokarbonmethode erbrachte dann aber das Ergebnis: Die Schädeldecke stammt aus dem 10. oder dem 9. Jahrhundert v. Chr. ist also 200 Jahre jünger als der Einbaum. Die Analyse des Schädels zeigte außerdem: Es handelte sich um eine Frau aus der Bronzezeit. Warum aber liegen am Grund des Bodensee Funde aus so unterschiedlichen Zeiten so durcheinander gewirbelt? Vermutlich ist es die Strömung. Wellen haben die Objekte der verschiedenen Zeiten im Laufe der Jahrhunderte bewegt und durcheinandergewirbelt. Das macht das Puzzle namens Archäologie zwar nicht gerade einfach, aber dadurch gibt es auch immer wieder Überraschungen.

Literatur:

https://www.blfd.bayern.de/mam/blfd/presse_und_oeffentlichkeitsarbeit/pm_28.04.2020_sch%C3%A4delfund_wasserburg__bodensee__bayer._landesamt_f._denkmalpflege.pdf

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