Die Welt hat anders ausgesehen im Paläolithikum. Vor 300.000 Jahren lebten Neandertalergruppen neben den letzten Homo Heidelbergensis in einer kalten Eiszeitlandschaft, da wo heute Deutschland ist. Es ist schwierig ihre Spuren heute noch zu finden. Ihre Feuerstellen sind verschwunden und von ihren Lagerplätzen haben sich oftmals nur einzelne Steingeräte erhalten. Solche Steingeräte wurden zum Beispiel in Dollern im Niederelbegebiet entdeckt. Dazu gehört ein bernsteinfarbener Schaber aus Flintstein. Schaber tragen ihren Namen nur aufgrund der Vermutung, dass diese Geräte zum Schaben verwendet wurden. Tatsächlich zeigen ethnologische Vergleiche, dass australische Ureinwohner ein Gerät fertigen, dass den Schabern stark ähnelt. Dieses wird allerdings als Schnitzmesser verwendet, was nicht zwangsläufig Bedeuten muss, dass Neandertaler Schaber ebenfalls als Schnitzmesser verwendeten.
Diese Steingeräte haben eine sehr variable Form, aber immer eine Flache sehr gerade Unterseite. Aufgrund der unterschiedlichen Formen wurden sie lange Typologisch eingeordnet. Das heißt, man hat versucht anhand der Unterschiede der äußeren Form eine Entwicklungsreihenfolge Festzumachen anhand derer man diese Werkzeuge dann grob chronologisch eingeordnet kann. Versuche, und auch die Beobachtungen, die in Australien gemacht wurden, zeigen allerdings, dass diese Formen auf die Benutzung zurückgehen. Schaber können lange verwendet werden, wenn man die Klingen immer wieder nachschlägt, man das Werkzeug also immer wieder nacharbeitet. Schlägt man z.B. eine stumpf gewordene Klinge weg, hat man eine neue scharfe Klinge. Dadurch verändert es allerdings die Form es Steins. Diese Erkenntnis hat die alten Typologien durcheinander gebracht, die unterschiedlichen Formen sind nämlich nicht aufgrund einer technischen Entwicklungsgeschichte entstanden, wie bislang angenommen. Sie sind Bestandteil der Biografie von jedem einzelnen Werkzeug.
Literatur:
Daniel Nösler und Andreas Schäfer; Fund Sache – Archäologie zwischen Oste und Elbe; Stade 2013.
Wulf Hein und Marquardt Lund; Flinthandwerk; Ludwigshafen 2017.
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