370 Km Ausgrabung

Der Bau von Autobahntrassen und Pipelines ist für die Archäologie oftmals ein Geschenk. Warum? Ganz einfach, weil über eine sehr lange Strecke hinweg ein Querschnitt durchs Land gelegt wird und Archäolog*innen durch diesen gesamten Querschnitt hindurch die Menschheitsgeschichte dokumentieren können. Man gräbt sich dabei durch alle möglichen Zeiten. Die Trasse für eine Ethylen-Pipeline wurde in den vergangenen Jahren quer durch Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gebaut. Über 400 Fundplätze wurden so zwischen 2007 und 2011 gefunden. Anfang der Woche wurden die spannendsten Ergebnisse nun von den Landesämtern dieser Bundesländer in einer Überblickpublikation veröffentlicht. In dem Link unten erfahrt ihr wo ihr diese, für 40 Euro erwerben könnt, aber es gibt auch einen Link, mit dem ihr alles als kostenlosen E-Book downloaden dürft.

Das Buchcover von 370 Km Archäologie. Eine grüne Landschaft wird gezeicht, durch die ein unendlich langer Schnitt gelegt ist, dessen Ende nicht zu erkennen ist.

Wirklich spannend, was man so findet, wenn man sich 350 Km quer durch Deutschland gräbt

Auch wenn man aus Umwelt technischen Aspekten natürlich geteilter Meinung darüber sein kann, ob man solche Bauvorhaben toll findet. Für die Archäologie ist es wie ein Sechser im Lotto. Deswegen habe ich mir einmal die Publikation für euch angesehen. Ganz gespannt darauf, zu erfahren, was denn nun so ein Schnitt quer durch das Land für Ergebnisse bereithält. Bei so einem Querschnitt durch die Landschaft rechnet man als Archäolog*in nicht unbedingt damit, dass man die tollsten Funde der außergewöhnlichsten kulturellen Ereignisse findet. Die Pipeline streift archäologische Fundplätze eben eher zufällig.

Dennoch wurden z.B. ganz besonders schöne Gräber gefunden. In einem Falle ein Frauengrab aus der Bronzezeit. Das Skelett war leider nur fragmentarisch erhalten, dafür aber überdauerte besonders schöner Schmuck die Zeit. Offenbar trug die Frau eine aufwendig gearbeitete Haube, die mit Blechröhrchen verziert gewesen ist. In diesem Grab, das bei Buxheim gefunden wurde, befand sich zudem eine zweite Deponierung eines Kopfputzes. Ein kulturelles verhalten, dass an der Donau, an Lech und Inn verbreitet gewesen ist. Ein anderer interessanter Fund, der in dem Buch vorgestellt wird, ist die Bestattung eines Kindes, dass im 10 m Entfernung zu einem Haus in einer Tonwanne bestattet wurde. Das Kind hat in der Zeit der Rössener Kultur gelebt und stammt von daher aus dem Mittelneolithikum (mittlere Jungsteinzeit). Das Kind wurde liebevoll beigesetzt, und zwar so, dass es in Sichtweite des Hauses blieb. Zwar beleibt es Spekulation, dass es sich hier um eine Form von tief empfundener Elternliebe handelt, doch die Vorstellung ist immerhin möglich. Es gibt noch viele weitere tolle Funde entlang dieser Pipeline. Überreste des Dreißigjährigen Krieges, eine besonders schöne Gürtelkette, jungsteinzeitliche Häuser, früheisenzeitliche Grabhügel und noch vieles mehr erblickte bei dieser Ausgrabung das Tageslicht wieder. Wenn du dich also da hineinlesen möchtes, findest alles hier:

https://www.denkmalpflege-bw.de/service/presseoeffentlichkeitsarbeit/pressemitteilungen/pressemitteilungen/news/370-kilometer-archaeologie/?no_cache=1&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=164bcccf6fae47a4991346d60571ba3d

https://books.ub.uni-heidelberg.de/propylaeum/catalog/book/395

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