Es ist der 20. März 1945 als ein SS-Obersturmführer in Westfalen eine Massenexekution anordnet. Der Krieg neigt sich dem Ende und die Zwangsarbeiter wussten zu viel. Insgesamt werden 208 Menschen an drei verschiedenen Orten ermordet und in Massengräbern verscharrt. Nur kurze Zeit später werden sie exhumiert.
In der Nachkriegszeit konfrontieren sich die Deutschen nur höchst ungern mit solchen Massenmorden. Und so kommt es, dass erst 2018 mit der Aufarbeitung dieser Erschießungen begonnen wird. Im Fokus steht, eine Untersuchung der Tatorte – dafür braucht es vor allem archäologische Ansätze, denn diese Orte sind mittlerweile überwuchert und zu sedimentiert. Es sind drei ganz unterschiedliche Erschießungsplätze, die aus Prozessakten zu diesem Fall bekannt sind. An solchen Orten finden Archäologen Habseligkeiten der Opfer. Der Grund: Die Menschen wurden ermordet, sie sind tot umgefallen, ihre Körper wurden danach weggeschafft. Doch ihre Habseligkeiten sind heruntergefallen. Diese sind nach der Erschießung meist einfach an Ort und Stelle liegen geblieben, und das bis heute.

Eine Zusammenstellung mit Funden vom Fundplatz Warstein (Bild: LWL/Thomas Poggel).
Die Gegenstände zeigen; bei den Toten aus einer Massenerschießung handelte es sich überwiegend um Frauen. Ein Hinweis darauf ist, dass in der Hauptsache Frauenschuhe gefunden wurden. Auch andere Funde sprechen von den Toten. Es sind die wenigen Habseligkeiten, die sie bei sich trugen. Gebetsbücher, Löffel, Schlüssel, Essgeschirr und viele weitere Kleinigkeiten. Gegenstände, die für internierte Menschen Anker gewesen sind, die beim Überleben halfen. Solche Funde sind die Zeugen der größten Kriegsverbrechen des Zweiten Weltkrieges außerhalb der Konzentrationslager.

Weiter Funde von den Erschießungsplätzen (Foto: LWL/Thomas Poggel).
Diese Gräueltaten zeigen sich auch in der Streuung der Patronenhülsen. Sie liegen so weit verstreut, dass man vermuten kann, dass es einige Fluchtversuche gegeben hat und die SS-Männer daraufhin wild hinter den Flüchtenden her schossen. Die archäologischen Untersuchungen solcher Tatorte klären aber nicht nur den Tathergang dieser lang vergangenen Morde auf. Sie ermöglichen es auch, dass wir uns an die Opfer erinnern. Es sind die Spuren einer viel zu lang verschwiegenen Wahrheit.
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Literatur:
Marcus Weidner und Manuel Zeiler; Ermordet, verscharrt, verdrängt. In: AiD 06/2019.
https://www.lwl.org/pressemitteilungen/nr_mitteilung.php?urlID=47415
https://www.lwl-archaeologie.de/blog/kriegsverbrechen
https://www.wp.de/staedte/meschede-und-umland/kriegsverbrechen-in-eversberg-und-warstein-aufgearbeitet-id216617447.html
https://www.wa.de/nordrhein-westfalen/findet-ueber-fundstuecke-ausgrabungen-nach-erschiessungen-suttrop-langenbachtal-11837140.html
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