Schon als Kind war ich gerne dort. Sirminone. Hier gab es die beste Eisdiele der Welt. Zumindest wenn man mich fragte. Im laufe der Jahre wurde es schier unbezahlbar dort ein paar Tage zu verbringen. Die Gassen wurden schmucker, die Läden wurden schicker und die wenigen Autos die sich in der Stadt auf der kleinen Halbinsel blicken ließen immer edler. Und auch das Eis wurde so teuer, dass es nicht mehr schmecken wollte. doch der Zufall wollte es, dass es mich nach über 10 Jahren einmal wieder in diese Gegend verschlägt. Leider hatte ich durch diesen Zufall auch keine sonderlich gute Kamera dabei. Aber auf die Frage „was kann ich in Sirmione schönes ansehen?“ hatte ich sofort eine Antwort:
Die römischen Ruinen an der Spitze der Halbinsel: Die Grotten des Catull, zogen mich magisch an. Auch hier war ich damals schon gewesen, aber erinnern konnte ich mich nur an die Erzählungen meiner Eltern und nicht daran alles mit eigenen Augen gesehen zu haben. Deswegen wollte ich mir alles noch einmal ansehen. Doch mit welcher Intention auch immer man hier her kommt. Der Blick auf den Gardasee von diesem Ort aus ist einzigartig und atemberaubend. Auch wenn sonst alles teuer ist in dieser Gegend, der Museumseintritt betrug nur einen Euro. Und alleine für die Aussicht lohnt sich die Investition.
Die Ausstellung
Für das Museum lohnt sich diese Investition meines Erachtens allerdings nicht. Das Wissenschaftszentrum, dass hier gebaut wurde ist viel zu überladen. Fundstücke und Analysenergebnisse über den Fundplatz werden hier in einem eigens dafür errichteten Haus präsentiert. Ausstellungen zu verschiedenen Themen werden ebenso gezeigt. Doch das ganze ist so textlastig, dass die Buchstabensuppe die eigentlich interessanten Inhalte und die schönen Fundstücke absolut erdrücken.
Es gibt eine Art Kinopräsentation. Hier kann man sich wissenschaftliche Filme in allerlei sprachen ansehen. Jedes Museum würde sich über diese Technik freuen. In diesem freut man sich so sehr, dass eine große Auswahl an Filmen präsentiert werden. Man könnte Tage hier verbringen nur, um diese Filme zu sehen. Die umher sitzenden Kinder sind vollständig überfordert mit dem Informationsüberfluss. Die Frustration ist ihnen im Gesicht anzusehen. Irgendjemand schaltet irgendwann ein anderes Video an. Zunächst freue ich mich über die Informationen am schattigen Plätzchen. Und vielleicht ist dieses Video ja besser als das vorherige. Doch nach 10 Minuten gebe ich auf. Zu viel, zu wissenschaftlich, viel zu hochgestochen, ich versteh kein Wort, von dem, was da erzählt wird.
Da ich mich im Studium nur im Nebenfach mit der römischen Kultur auseinandergesetzt habe, war mir klar, dass ich nicht allergrößte Knowhow auf diesem Gebiet habe. Doch das die hier gezeigten Filme so überfordern, dass nicht mal ich sie verstehe ist kein gutes Zeichen. Genauso geht es weiter. Die Ausstellung ist liebevoll gemacht und herzhaft übertrieben. Es wird viel zu viel vom Besucher abverlangt. Irgendwann beschließe ich einfach aus der Ausstellung auszubrechen. Ich gebe auf!
Woher kommt der Name die Grotten von Catull???
Valerius Catullus ein römischer Dichter des 1.jh. v. Chr. ist Namensgeber dieses Fundplatzes. Er stammte aus dieser Gegend. Der Dichter beschrieb das Zeitgeschehen, aber auch seine Heimat Sirmio, dass heute als Sirminoe bezeichnet wird. Doch die Villa wurde erst 100 n. Chr. errichtet. Der Name stammt aus nachrömischer Zeit, da Catull der berühmteste Römer dieser Gegend gewesen ist. Er selbst lebte vmtl. weiter südlich in einer Villa im pompejanischen Stil. Bei diesen Grotten des Catull handelt es sich um die größte zusammenhängend gefundene römische Villenanlage Norditaliens. Es ist also in gewisser weise ein bedeutender Fundplatz. Um so mehr finde ich es schade, dass das Museum einen so überfordert. Dazu kommt, dass es schwierig ist gute Literatur zu diesem Fundplatz zu finden, mit der Ausnahme eines kleinen italienischen Büchleins.
Ruinenromantik
Auf dem schnellsten Wege verlasse ich das Ausstellungsgebäude. Dann sehe ich mir endlich die Ruinen an. Die Grotten des Catull. Malerisch schmiegen sich die Gebäudereste aneinander. Mir ist, als ob die Ruinen extra so schön zerfallen vor den See gestellt worden sind, nur damit sie heute bewundert werden können. Auch andere Besucher empfinden so. Und in der Tat handelt es sich bei dem ein oder anderen Bogengang um eine Rekonstruktion.
Die Ruinen sind durch ihre Größe einfach überwältigend schön. Kinder Lachen und laufen herum. An der ein oder anderen Stelle sieht man ein Picknick, dass hier eigentlich verboten ist. Es ist das exakte Gegenteil von der Art und Weise wie die Ausstellung präsentiert wurde. Ich atme tief durch und genieße die Atmosphäre.
Er einzigartige Blick auf den Gardasee
Zum Teil verschwindet der Fundplatz hinter Olivenbäumen, zwischen denen ich verträumt umherlaufe. Man kann Vögel zwitschern hören und auf den Gardasee blicken als wäre er ein Ozean. Ich versuche mich zu orientieren, aber es gelingt mir nur schwer. Immerhin ist die Villa dreistöckig gewesen und erstreckte ich über 2.000 m2. Die Olivenbäume, zwischen denen ich immer wieder umherlaufe, gehören zu einem Anbaugebiet, dass sich über einen Teil des Fundplatzes zieht.
Die Villa befindet sich an der äußersten Spitze der Halbinsel, auf der der Ort Sirmione liegt. Eine Terrasse ließ es in der Vergangenheit zu, dass man von hier aus den Gardasee überblicken konnte. Die archäologischen Untersuchungen der Grotten begannen im späten 19t. Jahrhundert und sind bis heute nicht abgeschlossen. Neben den römischen Fundplätzen wurden hier ebenso Spuren anderer Zeiten wie dem Neolithikum (Jungsteinzeit) entdeckt. Die Strategisch günstige Lage der Halbinsel im Gardasee muss in vielen Zeiten für Menschen verlockend gewesen sein.
Ruinen wie ein magisches Labyrinth
Schließlich beschließe ich Archäologie einfach mal Archäologie sein zu lassen, und einfach nur noch die Schönheit des Ortes auf mich wirken zu lassen. Die Ruinen wirken wie ein verzaubertes Labyrinth auf mehreren Ebenen. Ich laufe hindurch, und habe nicht eine einzige Sekunde angst davor mich zu verlaufen. Schließlich setzte ich mich hin, und lausche dem Rauschen der Wellen, während ich auf römische Gemäuer sehe. „Manchmal“ denke ich, „ist es gar nicht so falsch nicht alles zu wissen. Wie gut, dass ich mich mit den Römern nicht so gut auskenne, denn deswegen gibt es Orte die auch für mich wie ganz und gar verzaubert aussehen“.
Literatur:
Natalizio Siracusano, La Villa Romana di Sirmione (Grotte di Catullo), Florenz 1969.
http://www.antikefan.de/staetten/italien/sirmione/villa.html
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