Schon als Kind war ich gerne dort. Sirminone in Italien. Hier gab es die beste Eisdiele der Welt. Zumindest, wenn man mich fragte. Im Laufe der Jahre wurde es schier unbezahlbar dort ein paar Tage zu verbringen. Die Gassen wurden schmucker, die Läden wurden schicker und die wenigen Autos, die sich in der Stadt auf der kleinen Halbinsel blicken ließen, immer edler. Und auch das Eis wurde so teuer, dass es nicht mehr schmecken wollte. Doch der Zufall wollte es, dass es mich nach über 10 Jahren einmal wieder in diese Gegend verschlägt. Leider hatte ich durch diesen Zufall auch keine sonderlich gute Kamera dabei. Aber auf die Frage „was kann ich in Sirmione schönes ansehen?“ hatte ich sofort eine Antwort:

Aussicht an der Halbinselspitze von Sirminone (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die römischen Ruinen an der Spitze der Halbinsel: Die Grotten des Catull. Mit welcher Intention auch immer man hier herkommt. Der Blick auf den Gardasee von diesem Ort aus ist einzigartig und atemberaubend. Auch wenn sonst alles teuer ist in dieser Gegend, der Museumseintritt beträgt nur einen Euro. Und alleine für die Aussicht lohnt sich die Investition. Dabei machen die antiken Ruinen so einiges her, und wer einfach nur die Atmosphäre taken will, oder tolle Fotos machen möchte, ist hier genau richtig.
Die Ausstellung
Für das Museum lohnt sich diese Investition allerdings nicht. Das Wissenschaftszentrum, das hier gebaut wurde, ist viel zu überladen. Fundstücke und Analysenergebnisse über den Fundplatz werden hier in einem eigens dafür errichteten Haus präsentiert. Ausstellungen zu verschiedenen Themen werden ebenso gezeigt. Doch das Ganze ist so textlastig, dass die Buchstabensuppe die eigentlich interessanten Inhalte und die schönen Fundstücke absolut erdrücken.

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Es gibt eine Art Kinopräsentation. Hier kann man sich wissenschaftliche Filme in allerlei Sprachen ansehen. Jedes Museum würde sich über diese Technik freuen. In diesem freut man sich so sehr, dass eine große Auswahl an Filmen präsentiert werden. Man könnte Tage hier verbringen nur, um diese Filme zu sehen. Die umher sitzenden Kinder sind vollständig überfordert mit dem Informationsüberfluss. Die Frustration ist ihnen im Gesicht anzusehen. Mann hofft oft: vielleicht ist das nächste Video ja besser als das vorherige. Doch Fehlanzeige: Zu viel, zu wissenschaftlich, viel zu hochgestochen, ich versteh’ kein Wort, von dem, was da erzählt wird. Da ich mich im Studium nur am Rande mit der römischen Kultur auseinandergesetzt habe, war mir klar, dass ich nicht allergrößte Knowhow auf diesem Gebiet habe. Doch dass die hier gezeigten Filme so überfordern, dass nicht mal ich sie verstehe, ist kein gutes Zeichen. Genauso geht es weiter. Die Ausstellung ist herzhaft übertrieben. Es wird viel zu viel vom Besucher abverlangt. Selbst wer des studiert hat, versteht gerade einmal ein Drittel.
Woher kommt der Name die Grotten von Catull???
Valerius Catullus ein römischer Dichter des 1. Jahrhunderts v. Chr. ist Namensgeber dieses Fundplatzes. Er stammte aus dieser Gegend. Der Dichter beschrieb das Zeitgeschehen, aber auch seine Heimat Sirmio, das heute als Sirminoe bezeichnet wird. Doch die Villa wurde erst 100 n. Chr. errichtet. Der Name stammt aus nachrömischer Zeit, da Catull der berühmteste Römer dieser Gegend gewesen ist. Er selbst lebte vmtl. weiter südlich in einer Villa im pompejanischen Stil.

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Bei diesen Grotten des Catull handelt es sich um die größte zusammenhängend gefundene römische Villenanlage Norditaliens. Es ist also in gewisser Weise ein bedeutender Fundplatz. Um so mehr finde ich es schade, dass das Museum einen so überfordert. Dazu kommt, dass es schwierig ist gute Literatur zu diesem Fundplatz zu finden, mit der Ausnahme eines kleinen italienischen Büchleins.
Ruinenromantik

(Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Ich kann nur empfehlen: Die Ausstellung einfach überspringen, das alles hinter sich lassen, und den Fundplatz selbst zu genießen. Denn diese römische Ruine ist gigantisch und herrlich schön. Die Grotten des Catull sind einfach malerisch – es schmiegen sich die Gebäudereste aneinander. Es ist fast so als ob, als ob die Ruinen extra so schön zerfallen vor den See gestellt wurden, nur damit sie heute bewundert werden können. Und in der Tat handelt es sich bei dem ein oder anderen Bogengang um eine Rekonstruktion.

Zwischen den Ruinen stehen Rekonstruktionen (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Ruinen sind durch ihre Größe einfach überwältigend schön. Kinder lachen und laufen herum. An der ein oder anderen Stelle sieht man ein Picknick, dass hier eigentlich verboten ist, aber die italienischen Familien genießen Ihr Kulturerbe eben auf diese Art. Die Ruine selbst ist also das exakte Gegenteil von der Art und Weise, wie die Ausstellung präsentiert wurde. Es ist frei, fröhlich, lebendig und einfach nur bezaubernd.
Er einzigartige Blick auf den Gardasee

Olivenbäume innerhalb der römischen Villa (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Zum Teil verschwindet der Fundplatz hinter Olivenbäumen, da muss man ein bisschen aufpassen sich nicht zu verlaufen. Man kann Vögel zwitschern hören und auf den Gardasee blicken, als wäre er ein Ozean. Mein Tipp ist: Sich immer ein bisschen an den Ruinen orientieren – dann verläuft man sich nicht so schnell. Immerhin ist die Villa dreistöckig gewesen und erstreckte ich über 2.000 m2. Die Olivenbäume, gehören zu einem Anbaugebiet, dass sich über einen Teil des Fundplatzes zieht. Denn bevor alles hier Archäologisch bearbeitet wurde, lebten hier Farmer und Pferde.

Die Ruine vor der Halbinselspitze – Dieser Teil wurde tatsächlich lange als Pferdestall genutzt (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Villa befindet sich an der äußersten Spitze der Halbinsel, auf der der Ort Sirmione liegt. Eine Terrasse ließ es in der Vergangenheit zu, dass man von hier aus den Gardasee überblicken konnte. Die archäologischen Untersuchungen der Grotten begannen im späten 19ten Jahrhundert und sind bis heute nicht abgeschlossen. Neben den römischen Fundplätzen wurden hier ebenso Spuren anderer Zeiten wie dem Neolithikum (Jungsteinzeit) entdeckt. Die strategisch günstige Lage der Halbinsel im Gardasee muss in vielen Zeiten für Menschen verlockend gewesen sein.
Ruinen wie ein magisches Labyrinth

Übersichtskarte über die Villa an der Halbinselspitze (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Die Ruinen wirken wie ein verzaubertes Labyrinth auf mehreren Ebenen. Solange man in der Fundstelle unterwegs ist, braucht man aber keine Angst haben sich zu verlaufen, solange man sich am Wasser des Sees orientiert. Meine Empfehlung dabei ist, die Archäologie zwischendurch immer mal wieder Archäologie sein zu lassen, und das Rauschen der Wellen und die wunderbare Aussicht zu genießen. Das gibt einem die Möglichkeit, sich ganz und gar von der romantischen Kulisse dieses Fundplatzes verzaubern zu lassen.

Die Ruinen geben immer wieder den Blick auf den Gardasee frei (Bild: Geesche Wilts (CC BY-NC 3.0 DE)).
Hier gibt es noch mehr Bilder:
Literatur:
Natalizio Siracusano, La Villa Romana di Sirmione (Grotte di Catullo), Florenz 1969.
http://www.antikefan.de/staetten/italien/sirmione/villa.html
Pingback: Burgromantik – wie ein Kindheitstraum war wurde | Miss Jones
Pingback: Desenzano, ein Spaziergang durch die Zeiten | Miss Jones
Pingback: War Gaius Julius Caesar schwul? | Miss Jones
Pingback: Kommentar: Gute Kinderprogramme in Museen sind wichtig | Miss Jones
Pingback: Archaeology 2024-04-20 – Ingram Braun